Burg Prunn – Das Altmühltal ist eine Urlaubsregion. Jedes Jahr kommen Hunderttausende zumeist aus Deutschland und Europa, um die Besonderheiten der Gegend zu bestaunen und zu genießen. Aber wie sehen die Urlaubsgäste die Menschen hier, die Eigenheiten der Einheimischen und vor allem: Sind die Klischees gerechtfertigt? Zwei, die von sehr weit herkommen, haben dazu ihre eigenen Erfahrungen gemacht. David Zuluaga und seine Frau Luz Karime stammen aus dem südamerikanischen Kolumbien und gemeinsam betreiben sie seit fast zwei Jahren die Gastwirtschaft neben Burg Prunn.
„Unser Bild von Europa und von Deutschland ist von der alten Kultur geprägt. Hier ist eine ganz andere Mentalität als in Südamerika und die Menschen sind viel freier, dort sind die Leute noch viel konservativer“, lautet ihr Eindruck. David Zuluaga lebt seit drei Jahren in Deutschland. Die ersten drei Monate verbrachte er in Oldenburg, bevor beide nach Bayern zogen. Seine Frau Luz lebt schon etwas länger hier.
Was beide begeistert, ist die kulturelle Vielfalt in Europa. Ganz Südamerika sei zumeist durch die Kolonialisierung Spanisch geprägt, aber hier habe jedes Land und jede Region ihre eigene Identität und eine differenzierte kulturelle Entwicklung. Beide fühlen sich daher in Bayern und speziell im Altmühltal überaus wohl. Irgendwelche Klischees, dass die Altbayern verschlossen oder mürrisch wären, können sie nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil: „In einem Biergarten hat mich mal ein älterer Mann gefragt, wo ich denn herkomme. Nachdem ich sagte aus Kolumbien, stellt er mir ein Bier hin und sagte: ,Willkommen in Bayern‘“, erzähl Zuluaga und erinnert sich gerne an seine ersten Wochen hier. Seither liebt er die Biergartenkultur und die unkomplizierte Art, miteinander umzugehen. „Die Leute hier sind so offen und so nett“, fügt er an.
Seine Frau zieht da den Vergleich zu Oldenburg. „Der Unterschied zu Norddeutschland ist gewaltig, da sind die Bayern viel geselliger“, weiß sie aus eigener Erfahrung. Was beide zudem noch bewundern, ist die Einstellung der Bayern zu ihrer Tradition. „Ich respektiere die Bayern und vor allem die jungen Leute, wie sie auch mit ihrer Kleidung die Traditionen mit Stolz bewahren“, ist ihnen aufgefallen.
Natürlich haben die beiden Gastronomen auch die kulinarischen Unterschiede bemerkt, zumal ihr kolumbianisch geprägtes Gasthaus unmittelbar neben der nahezu 1000 Jahre alten Burg Prunn steht. So haben sie bald erfahren, dass Schweinebraten mit Knödel fast in der DNA vieler Bayern verankert zu sein scheint. Dennoch und aufgrund ihrer guten Erfahrungen mit den offenen Menschen hierzulande verknüpfen sie beide Kulturen auch auf dem Teller. Natürlich gibt es bei ihnen nach wie vor Schnitzel. „Aber wir wollen den Schweinebraten diesmal nicht mit Dunkelbiersauce machen, sondern mit Chimichurri-Sauce und einer argentinischen Rotweinreduktion mit Cranberry“, haben die beiden sich vorgenommen.
„Es gibt so viele hervorragende Gastwirtschaften hier im Altmühltal und das motiviert uns. Da wollen wir durch unseren eigenen kulturellen Hintergrund etwas anderes machen. Die Leute können hier kulinarisch im Urlaub sein und andere Regionen probieren“, lautet die dahinter steckende Philosophie. Ihre Erfahrungen, die Köstlichkeiten aus der Neuen und der Alten Welt zu kombinieren, sind bisher bestens. „Es hat zwar geheißen: ,Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht‘. Aber das können wir nicht bestätigen. Die Leute sind hier sehr offen und genießen mal ganz andere Geschmacksrichtungen“, schließen sie aus den Kommentaren ihrer Gäste. „Bayern ist ein Freistaat – und das bezieht sich meiner Meinung nach nicht nur auf die Verfassung, sondern auch auf den Umgang miteinander“, fasst David Zuluaga seine Erfahrungen im Altmühltal in einem einzigen Satz zusammen.
erv
