Riedenburg
Aus Altmühlmünster in die Welt

Vor 50 Jahren wurden in dem Riedenburger Ortsteil hochwertige Schuhe produziert

23.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:34 Uhr

Hier begann alles: In diesem Häuschen in Altmühlmünster hatte der Schuhmachermeister Josef Gaul seine Werkstatt. Im Gebäude rechts wurden Teile für Ski- und Wanderschuhe gefertigt. Fotos: Patzelt

Altmühlmünster – Vor 50 Jahren sind Arbeitsplätze auf dem Dorf rar und eher eine Seltenheit gewesen. Allerdings entstand im August 1972 in Altmühlmünster eine Schuhfabrik mit immerhin 15 Beschäftigten. Eine Firma aus Jetzendorf hatte ihre Zweigstelle im heutigen Riedenburger Ortsteil aufgeschlagen. Unter der Leitung des heimischen Schuhmachermeisters Josef Gaul arbeitete die Belegschaft an der Herstellung von Ski- und Bergstiefeln. Wie der Betriebsleiter Josef Wagner aus Jetzendorf im Jahr 1972 unserer Zeitung mitteilte, erfolgte die Schuhproduktion immer im Voraus – im Sommer fertigte man Skistiefel und im Winter Berg- und Wanderstiefel.

Josef Gaul hatte bereits vorher für das Jetzendorfer Unternehmen eine Teilanfertigung von Schuhen vollzogen, als er das Angebot bekommen hatte, eine Zweigstelle im Dorf zu errichten. Er nahm dieses Angebot gerne an, vor allem, weil dadurch Arbeitsplätze für die Dorfbewohner geschaffen werden konnten. Der Schuhmachermeister starb allerdings bereits sechs Jahre nach der Eröffnung der Werkstätte im Alter von nur 53 Jahren.

Mit dem Lowa Air gelang 1972 eine Revolution bei den Skischuhen. Im Jahr 1970 erkannten Berti und Sepp Lederer, die 1955 den Jetzendorfer Betrieb übernommen hatten, die Zeichen der Zeit und investierten in die neue Kunststoff-Technologie. So wurde schon bald eine der ersten Polyurethan-Spritzmaschinen in Betrieb genommen. Auf der Produktseite brachten so die ersten Vulka-Sohlen bahnbrechende Neuheiten. Die Entwicklung der neuartigen Schuhe hatte zum Ziel, die Unfallgefahr weitgehend zu reduzieren. Das Jetzendorfer Hauptwerk lieferte die Lederteile und das Zweigwerk in Altmühlmünster stellte den jeweiligen Innenschuh her.

Das Hauptwerk, das 1923 gegründet worden war, beschäftigte damals 120 Personen. Es belieferte Sporthäuser in ganz Deutschland und exportierte bereits in die Vereinigten Staaten, nach Japan, Schweden und die Schweiz. „Der Absatz ist ausgezeichnet“, erläuterte bereits damals der Betriebsleiter Josef Wagner.

Im neuen Zweigbetrieb in Altmühlmünster waren im August 1972 in einem Raum sieben Nähmaschinen aufgestellt, an denen die Frauen die Innenschuhe für die Skistiefel nähten. Das Material stand in Kästen bereit – die fertigen Innenschuhe wurden in Plastiksäcke verpackt und zum Hauptwerk gebracht.

„Die Fertigung des Bergschuhs erfordert Konzentration und eine gewisse Routine – ist aber leicht zu erlernen“, hieß es im damaligen Artikel des DONAUKURIER. Meisterin Heidi Jehl wies die Arbeiten an und die Frauen wurden von Grund auf angelernt. Und so gingen Schuhe aus Altmühlmünster, und wenn auch nur ein Teil davon, rund um die Welt. Die Fertigung im heutigen Riedenburger Ortsteil erfolgte bis 1989. Anschließend siedelte die Jetzendorfer Firma nach Altmannstein um, wo sie das bereits einige Jahre zuvor erworbene Gebäude der ehemaligen Firma Medicus bezog. Hier wurde zehn weitere Jahre bis 1999 produziert.

Auch heute noch fährt Alois Gaul, der Sohn des Schuhmachermeisters Josef Gaul, mit einem Kleinbus mit einigen Dorfbewohnern regelmäßig zur Arbeit in die rund 90 Kilometer entfernte Jetzendorfer Firma. Das Unternehmen hat sich beachtlich entwickelt. Laut Homepage sind allein am Stammsitz derzeit 264 Mitarbeiter beschäftigt. Im vergangenen Jahr wurden 3,16 Millionen Paar Schuhe verkauft, was einen Gesamtumsatz von 229,3 Millionen Euro bedeutete.

pa