Beilngries
„Einen solchen Rummel wird Beilngries nicht mehr erleben“

An diesem Sonntag jährt sich zum 30. Mal der feierliche letzte Main-Donau-Kanal-Durchstich – Am Jahrestag steigen die Triathleten ins Wasser

29.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:36 Uhr

Ein Bild für die Geschichtsbücher: „Der letzte Sprung“ am kurz darauf auch in diesem Teilstück gefluteten Main-Donau-Kanal war am 1. August 1992 das Titelfoto unserer Zeitung. Foto: Rein (Archiv)

Beilngries – Wenn man es hochtrabend formulieren möchte, dann könnte man sagen: Die bayerische, ja vielleicht die deutsche Triathlon-Welt blickt an diesem Sonntag auf Beilngries. An den Trubel und das öffentliche Interesse, das die Beilngrieser auf den Tag genau 30 Jahre zuvor – am 31. Juli 1992 – erfahren haben, wird diese sportliche Beachtung aber nicht einmal ansatzweise heranreichen. Denn in ebenjenem Abschnitt des Main-Donau-Kanals, in dem nun die Triathleten ihre Schwimm-Disziplin absolvieren, wurde vor exakt drei Jahrzehnten Weltgeschichte geschrieben. Hier erfolgte damals der letzte Kanaldurchstich, das Wasser floss in den einzig verbliebenen Trockenabschnitt der neuen Wasserstraße.

Dieses Ereignis fand höchste überregionale Beachtung. Zeitungen, Radio, Fernsehen – überall wurde dokumentiert, wie zwei Bagger den Damm durchstießen. Mehrere tausend Schaulustige seien gekommen, war in unserer Zeitung zu lesen. Man habe ein „Volksfest mit viel Prominenz in der Mitte Europas“ gefeiert. Der damalige bayerische Wirtschaftsminister August Lang ließ sich das Spektakel nicht entgehen – und er fand ausgesprochen bedeutungsschwangere Worte: „Damit der Freistaat Bayern auch morgen Wirtschaftsstandort Nummer eins unter den Bundesländern und bevorzugtes Land für ausländische Investitionen ist, müssen wir die Standortbedingungen weiter verbessern. Die Fertigstellung des Main-Donau-Kanals ist ein wichtiger Beitrag dazu.“ Eine Aussage, die vor 30 Jahren getroffen wurde – und deren Gültigkeit auf Basis der seither vergangenen Jahrzehnte nun jeder Zeitzeuge selbst bewerten darf.

Damals wurde der „Kanaldurchstich“ jedenfalls umfassend zelebriert. Unsere Zeitung schrieb von einer „riesigen Zuschauerschar“, die sich eingefunden habe, außerdem von einem Ballonwettbewerb, Getränken, Eis, Würsteln, Mehr-Gänge-Menü für die Ehrengäste und einem Festzelt, in dem bis in die Nacht hinein gefeiert worden sei.

Wie besonders dieser Tag auch rückblickend in Erinnerung geblieben ist, haben vor exakt fünf Jahren einige Beilngrieser im Gespräch mit unserer Zeitung betont – unter ihnen Josef Keckl, damals Bauleiter bei der Rhein-Main-Donau AG, und Siegfried Gallus, als direkt am neuen Kanal ansässiger Hotelier mit dem Catering betraut. „Einen solchen Rummel wird Beilngries nicht mehr erleben“, war man sich damals einig.

Eine Aussage, an der wohl kein noch so schneller Triathlon-Schwimmer rütteln kann. Aber vielleicht findet sich ja am Sonntag der ein oder andere Zuschauer ein, der an ebenjenem Ort am 31. Juli 1992 Weltgeschichte miterlebt hat?

rgf