Städtischer Betrieb
Schlachthof am Herzogsteg: Von 1904 bis in die 1980er-Jahre mitten in Eichstätt

18.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:51 Uhr

Der ehemalige städtische Schlachthof beim Herzogsteg wurde im Jahr 1904 gebaut. 1993 musste er einem Neubau weichen, der Betrieb wurde bereits Ende der 1980er aufgegeben. Viele historische Daten sind einem kunstvoll gestalteten Kalender zu verdanken, der aus der Anfangszeit des Betriebs stammt. Foto: Ettle/Historischer Verein

„Erbauung des Schlachthauses 1904.“ Das ist die älteste Notiz auf einem aufwendig gestalteten Wandkalender mit Karten zum Umstecken der Tage, Monate und Jahre. Er wurde vom Leiter des Hauptamts im Eichstätter Rathaus, Andreas Spreng, in einem Winkel im Stadtarchiv entdeckt. Auf der Rückseite befinden sich zahlreiche Informationen in alter deutscher Schrift, meist über Personal des einstigen Schlachthofs an der Altmühl beim Herzogsteg.

Bürgermeister Eduard Mager sagte bei der Einweihung am 2. Januar 1905: „Die Vollendung des Werkes ist von größter Bedeutung für die gesundheitliche Entwicklung unserer lieben Stadt“. Er fügte hinzu, dass dadurch „eine Reihe oft recht primitiver Privatschlachtstellen und Bakteriennester beseitigt sind“. Der Bürgermeister wünschte noch, dem Haus solle jede Art von Rohheit und Grausamkeit fern bleiben.

Nach Information von Konservator Albert J. Günther vom Historischen Verein ist an der Stelle des abgebrochenen Schlachthofs erstmals im Jahr 1479 ein Schlachthaus nachgewiesen. Es wurde von der Bruderschaft der Metzger betrieben. Aus dem Jahr 1864 ist in den Archivalien von einem Umbau zu lesen. Der Neubau von 1904 hatte 168000 Mark gekostet. Nach dem Abriss vor dreißig Jahren wurden umfangreiche archäologische Grabungen vorgenommen. Die geborgenen Funde wurden vom Historischen Verein gereinigt, registriert und aufbewahrt.

Der in blauem Druck gehaltene Kalender zeigt auf der Vorderseite die Sonne, dann die Tierkreiszeichen und Schmuckelemente. Ferner sind ein Adler und eine Sanduhr zu sehen. Interessant ist, dass der Kalender in der Schreibwaren- und Buchhandlung bei „Anton Amberger (Gebrüder Boegl) in Eichstätt“ gekauft wurde. Das Geschäft befand sich am Marktplatz bis in die 1970er Jahre. Der Betrieb des Städtischen Schlachthofs wurde bis Ende der 1980er Jahre aufrecht- erhalten. 1993 wurde das markante Gebäude mit den großen Bogenfenstern und den Entlüftungskaminen abgebrochen. An der Stelle entstand das Caritas-Pirkheimer-Haus, als Wohnstätte und Senioren. In der Schottenau entstand ein neuer Schlachthof.

Auf dem nun aufgefundenen Kalender ist festgehalten, dass im Mai 1934 die „elektrische Betäubung der Schweine“ eingeführt wurde und im Juni des selben Jahres eine Isolierung des Dampfkessels nötig war sowie ein paar Jahre später ein neuer Dampfkessel aufgestellt wurde. 1924 wurde ein Kühlraum gebaut. Häufig organisierte der Schlachthof für Brandmetzger Kurse zur Trichinenbeschau des Fleisches und entsprechende Prüfungen. Trichinen sind winzige Fadenwürmer, die sich im Fleisch festsetzen und für den Menschen gefährlich sind. Die erste Personalnachricht lautet: „Am 17. August 1912 ist der Schlachthofaufseher Leonhard Heberl verlebt“. Wenig später wurde der Schutzmann Max Hofmann zum Schlachthofaufseher ernannt. Festgehalten sind auch Einberufungen zum Militär. Von verschiedenen Seiten wurde bedauert, dass das alte Gebäude nicht als Halle für Veranstaltungen erhalten werden konnte.

EK