Eichstätt
Der Norddeutsche und das Volksfest: „Hatte mir Schlimmeres vorgestellt“

05.09.2022 | Stand 22.09.2023, 6:02 Uhr

Bei seinem allerersten Volksfestbesuch testet Colbin Hallenberger, der in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsen ist, die bayerische Kulinarik voll aus: Mit gesurter und gegrillter Schweinshaxe zur Maß stand einem erfolgreichen Wies’nauftakt nichts im Wege. Fotos: Bernklau

Von Johanna Bernklau

Zum ersten Mal in seinem Leben besucht der Stralsunder Colbin Hallenberger ein bayerisches Volksfest. So lief sein Besucht auf der Wies’n in Eichstätt.



„Ich hab noch nie ‘ne Maß getrunken“, verkündet Colbin Hallenberger (22) auf dem Weg zu seinem ersten Volksfest. Misstrauisch schaut er in Richtung Volksfestplatz und ist sich noch nicht ganz sicher, wie aus dem „Parkplatz jetzt ein Volksfest werden soll.“ Doch als das Riesenrad hinter den Baumwipfeln hervorlugt, der Duft von gebrannten Mandeln an der Altmühl entlangwabert und die Blasmusik ertönt, wird auch Hallenberger schnell klar: Da ist viel los.

Colbin Hallenberger ist ein waschechter Norddeutscher – zumindest für Oberbayern wie uns. Geboren ist er in Hamburg, aufgewachsen in Stralsund an der Ostsee, zum Studieren kam er vor drei Jahren dann nach Eichstätt. Seine Sätze sind frei von jedem Dialekt, Tracht beäugt er äußerst misstrauisch und von bayerischen Volksfesthits ist er auch nicht unbedingt begeistert. Manche würden schlicht und einfach sagen: „Er ist a Preiß.“

„Die Blasmusik wird besser je mehr man trinkt“

Vor dem Bierzelt startet dann die Verwirrung: „Auf welcher Seite macht man beim Dirndl eigentlich die Schleife?“ und „Klatscht man eigentlich zur Blasmusik?“ Letztere scheint Hallenberger wirklich zu beschäftigen. Im Laufe des Wies’nauftakts wird er feststellen, dass „die Blasmusik besser wird, je mehr man trinkt“ und weiter grinsend und überraschend treffsicher „Hoppe hoppe Reiter“ auf den Blasmusi-Rhythmus singen.

Auf den ersten Blick ist das Volksfest für ihn aber „ein seltsamer Mix aus Weihnachtsmarkt, wegen der Fahrgeschäfte, und der bayerischen Blasmusik.“ Denn ja, im hohen Norden Deutschlands sind Fahrgeschäfte auf Christkindlmärkten, nein, Weihnachtsmärkten, wohl üblich.

Im Bierzelt dann fällt sein Blick auf die Bühne, mit knöchernem Bairisch liest er vor „O’zapft is“ und kann vor Lachen kaum an sich halten, als er die überdimensionierten Maßkrüge sieht: „Diese fetten Hofmühl-Gläser im Hintergrund sind ja richtig witzig!“

No-Gos auf dem Volksfest

Bevor er sich auch endlich seine erste Festbiermaß bestellt, fragt er Volksfestausschussvorsitzenden Frank Stachel noch um Rat: „Was ist ein No-Go auf dem Volksfest, was soll ich bloß nicht machen?“ „Eine Maaß bestellen“, antwortet Stachel prompt: „Man trinkt hier eine Maß!“ Und dazu das bayerischste Essen, das es auf dem Volksfest gibt: „A Schweinshaxn, die gibt’s gegrillt oder gesurt.“ Erneut leicht verwirrt macht sich Hallenberger auf zum Zelt-Imbiss und bekommt in seiner Ahnungslosigkeit, welche Haxe er denn jetzt nehmen soll, vom Metzger Helmut Schneider höchstpersönlich beides serviert. Der erste Schluck Bier, der erste Bissen Schweinshaxe und Hallenberger schaut überrascht auf und ruft: „Schmeckt gut!“

Satt und zufrieden zieht Hallenberger dann sein Fazit: „Es ist witziger als erwartet – ich hatte mir was Schlimmeres vorgestellt.“ Nach einer Riesenradrunde, gebrannten Mandeln und einem kurzen Besuch im Weinzelt („sehr sympathisch“) geht sein allererster Volksfesttag zu Ende. Am zweiten Samstag will er der Wies’n dann nochmal eine Chance geben – und hoffentlich nicht zu verstört von auf Bierbänken tanzenden Volksfestbesuchern sein.

EK