Kösching
Belohnung mit erzieherischem Effekt

Stammtisch des Geschichtsvereins Kösching befasst sich mit Fleißbildchen

31.12.2022 | Stand 17.09.2023, 6:32 Uhr

Beliebt der Bilder wegen waren die Fleißbildchen, die in Kösching verteilt wurden. Der ebenfalls schön gestaltete und sorgfältig ausgesuchte Text war für die meisten Schülerinnen und Schüler weniger interessant. Foto: Ciesla

Bis vor etwa 25 Jahren bekamen die Volksschüler in Kösching von ihrem „Fräulein Lehrerin“ als Belohnung für gute Leistungen ein Bildchen geschenkt. Diesen Fleißbildchen war der letzte historische Stammtisch des Geschichtsvereins Kösching-Kasing-Bettbrunn im Gasthaus „Amberger“ gewidmet.

Der Zugang ist schwierig, denn nur wenige Bildchen tragen den Hinweis auf ihre Belohnungsfunktion direkt aufgedruckt, auch sind sie nicht datiert. Friedrich Lenhardt, Vorsitzender des Geschichtsvereins und Heimatpfleger, hatte Hunderte von Bildchen, Fleißbildchen und Andachtsbildchen aus Nachlässen und Köschinger Familien gesichtet und versucht, sie systematisch zu ordnen. Für den Stammtisch hatte er sich die Fleißbildchen vorgenommen, die den – wie der Name schon sagt – fleißigen Schülerinnen und Schülern der Anfangsklassen als Belohnung überreicht wurden.

Sogenannte Hauchbildchen besonders beliebt

Für Kösching typisch waren demnach die Fleißbildchen des Ars-sacra-Verlages in München. Als Höhepunkt galt der Erhalt eines durchsichtigen „Hauchbildchens“, das sich beim Anhauchen einrollte. Ursprünglich waren die Produkte dem Verlagsprogramm entsprechend stark religiös gehalten, ab 1939 zeitbedingt nur mehr profan.

In dieser Zeit entstanden die Bildchen der Ida Bohatta. Sie hatte ein besonderes Talent, der kleinen erzieherischen Moral der Bildchen Bild und Worte zu geben. Sie wanderte aber mit dieser in eine harmonische Märchenwelt aus, mit sprechenden Pflanzen und Tieren in Menschenkleidern, die in ihrem Familienleben vorbildhaft und rollengetreu ein Beispiel geben sollten. In den stärker christlich gehaltenen Bildern übernahmen die Englein die Herrschaft in der Himmelsküche und begleiteten den Nikolaus durch die natürlich tief verschneite Welt, während in den „Wurzelstübchen“ Wichtel und Heinzel ihre gastronomischen Betriebe führten, die im Herbst unter dem Besucherrückgang der Grashüpfer, Mist- und Marienkäfer zu leiden begannen.

Künstlerbilder im Kleinformat

Lenhardt zeigte auch Bildchen anderer Künstlerinnen und Künstler des Ars-sacra-Verlages wie Maria Spötl, Margarete Schönermark, Albert Figel und Betra Hummel mit ihrer jeweils typischen Bildgestaltung. Dem Verlag ist es gelungen, die Fleißbildchen zu standardisieren mit einem quadratischen Bild im oberen Drittel und einem schlicht gereimten Text mit seinem kaum verhüllten erzieherischen Auftrag darunter. Daran knüpfte eine Diskussion der Besucherinnen und Besucher, ob man die Bildchen mit heutigen Augen lesen dürfe, denn ihre Botschaft kann aus heutiger Sicht durchaus fragwürdig sein. Einmütig wurde aber festgestellt, dass damals, also vor mehr als 50 Jahren, die Empfänger der Text überhaupt nicht interessierte, nur der Besitz des Bildchens war wichtig. Eine Besucherin hatte eine eigene kleine Sammlung von Bildchen mitgebracht, die am Ende mit den neu gewonnenen Erkenntnissen begutachtet wurde.