Bergen/Eichstätt
Bei Konzerten des Kammerorchesters steht die Oboe im Mittelpunkt

11.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:21 Uhr

Christoph Semmlinger musizierte als Solist auf der Oboe mit dem Kammerorchester. Foto: Mayer

Von Edgar Mayer

Eichstätt/Bergen – Mit einem Doppelkonzert hat das Eichstätter Kammerorchester unter der Leitung von Georg Hanauska auch im 61. Jahr seines Bestehens sein hohes musikalisches Potenzial unter Beweis gestellt. War lange Jahre das Schloss in Ellingen der zweite Konzertort, so hat das Orchester nun das Münster im Neuburger Stadtteil Bergen entdeckt. Das gleiche Programm, das sich der glanzvollen Epoche des Barocks widmete, war bereits am Vorabend in der Kirche Heilige Familie in Eichstätt zu hören.

Einmal mehr setzte Georg Hanauska bei seiner Programmauswahl auf ein Soloinstrument: die Oboe. Als Solist glänzte Christoph Semmlinger. Er schaffte es vorzüglich, sein Instrument mit seinem Farben- und Klangreichtum ins Rampenlicht zu rücken. Besonders Georg Friedrich Händel war dem Instrument zugetan. Er soll sogar geäußert haben, dass die Oboe sein Lieblingsinstrument ist, weshalb er ihr auch einige Konzerte widmete. Das Oboe Concerto in g-Moll (HWV 287) war auch der Ausgangspunkt für ein Konzert, bei dem der Solist stets viel Kontakt mit dem Orchester aufnahm. Semmlinger erschloss die Musik mit traumwandlerischer Eleganz, spielte die verschlungenen melodiösen Linien auserlesen wie klagend, mit spitzfindiger Ausdruckskunst und Souveränität, die alle vordergründigen Aspekte der Technik rasch vergessen ließ. So kam die andere, die verborgene, verspielte, melancholische Seite des Barockzeitalters bestens zum Ausdruck. Auf diesem Weg folgt ihm das Kammerorchester mit seinem kultivierten und noblen, scheinbar schwerelos bewegten Spiel und einem silbrig, fast fragilen Streicherklang, was es bei drei Sätzen aus einem weiteren Händelschen Concerto grosso, dem in c-Moll op. 6/8, unter Beweis stellte.

Einer der bedeutendsten Zeitgenossen Mozarts war Johann Christian Bach (1735 bis 1782), auch „Mailänder“ oder „Londoner“ Bach genannt, der jüngste Sohn von Johann Sebastian. Beim Andante-Satz aus dessen B-Dur-Sinfonie zeigte sich erneut das effektvolle Wechselspiel von Virtuosem und Gesangvollem und: die Oboe einer launischen Diva gleich.

Mit einer Kammersinfonie von einem weiteren Barockmeister, Johann Christoph Pepusch, einem preußischen Komponisten, der nach London übersiedelte und dort Georg Friedrich Händel den Rang abgelaufen haben soll, spürt das Orchester wunderbar nach, wie der Instrumentalsatz zwischen Transparenz und fülliger Wärme austariert ist. Dann greift Christoph Semmlinger beim Mozart-Adagio KV 580a zum Englisch Horn, und so gar mancher Zuhörer ist verwundert, dass es sich hier nicht um ein Blechblas-, sondern um ein Holzblasinstrument handelt.

Mit einer beschwingten Leichtigkeit geht das Orchester das Spiritoso aus der Sinfonie in B-Dur von Franz Xaver Richter mit seinem lombardischen Rhythmus an. Das Orchester scheint sich in Richters Musik, unter dem Einfluss des sogenannten Galanten Stils stehend, festgebissen zu haben, wo die rhythmische Komplexität die Musik vorantreibt und in einen furiosen Schlussspurt mündet. Wie bei allen anderen Stücken zeigte sich Claudia Esch als klassische Continuo-Virtuosin auf dem Cembalo, die unmerklich weich und souverän das Orchester begleitete. Am Ende gibt es donnernden Applaus, in Bergen auch von den französischen Gästen aus Neuburgs Partnerstadt Sète.

EK