Wettstetten
Wettstetten fehlt das Zentrum

Wie kann die Gemeinde gemeinsam gestaltet werden? Ein Ortsrundgang mit rund 50 Bürgern

25.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:44 Uhr

Kein Ausbund an Schönheit und extrem beeinträchtigt vom Verkehrslärm ist der Bereich an der Wettstettener Ampelkreuzung im Ortskern. Die rund 50 Teilnehmer der Ortsbegehung nahmen in zwei Gruppen auch diese problematische Stelle bewusst ins Auge. Foto: Gülich

Wettstetten gemeinsam gestalten: Einen Rundgang durch ihren Ort unternahmen kürzlich rund 50 Bürger gemeinsam mit Vertretern zweier Planungsbüros. Vor einigen Monaten hatte der Gemeinderat ein Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept (ISEK) angestoßen, um eine Strategie für die Entwicklung Wettstettens für die kommenden zehn bis fünfzehn Jahre zu erarbeiten.

Ein ISEK ist Voraussetzung für eine staatliche Förderung von Umgestaltungsmaßnahmen. Fester Bestandteil ist die Beteiligung der Bürger. „Als Einwohner der Gemeinde kennen sie diese am besten, deshalb sind ihre Ansichten und Anregungen enorm wichtig“, sagte Bürgermeister Gerd Risch bei seiner Begrüßung.

Bei dem Spaziergang „mit offenen Augen für den Ort“ ging es nicht um Lösungen, sondern vor allem um Gedanken, Meinungen und Ideen. „Nur so können wir Dinge erfahren, die man nirgends nachlesen kann“, erläuterte der verantwortliche Stadtplaner Tobias Preising vom Büro Planwerk Stadtentwicklung. Die Teilnehmer machten sich auf zwei Routen – mit großen Überschneidungen im Ortskern – auf den Weg. Eine Frage zu Beginn traf gleich den Kern des Problems: Wo ist überhaupt die Wettstettener Ortsmitte? Wo trifft man sich, wenn man „im Zentrum von Wettstetten“ zusammenkommen will? Am Rathaus? Der Ladenzeile aus Metzger, Bäcker und Sparkasse? An der Ampelkreuzung am Unteren Wirt?

Neben viel Positivem, das festgehalten wurde – etwa der Bereich rund ums Rathaus als Ruhepol, die alten Hofstellen, der neue Waldkindergarten oder der Mantarinbach als Potenzial – war beim Rundgang der größte Negativpunkt neben dem fehlenden Zentrum sofort zum Greifen nah: Die hohe Verkehrs- und Lärmbelastung vor allem durch die Ingolstädter Straße, die „keine Aufenthaltsqualität“ in diesem Bereich ermögliche.

Dazu gab es viele offene Fragen: Werden die Gebäude am Unteren Wirt längerfristig im Bestand bleiben? Wäre eine Umgehungsstraße möglich? Oder ein Tempolimit auf der Ingolstädter Straße, immerhin eine Kreisstraße? Wie kann das Radwegenetz im Ort ausgebaut, für mehr Bäume und Schatten gesorgt werden? Was wird aus den alten Hofstellen, die das Ortsbild prägen, wenn diese irgendwann nicht mehr bewirtschaftet werden? Wie könnten die beiden besonderen Plätze Lange Gasse/Ecke Ingolstädter Straße und der Bereich vor dem Pfarrhaus überplant werden, um auch hier den Ort aufzuwerten?

Die Wiese rund um die evangelische Kirche solle unbedingt als „grüne Lunge“ und „attraktive Freizeitfläche“ erhalten werden, so etliche Bürger, „am besten in einer Gesamtplanung vom Ortskern bis zum Weiher“ und „mit einer Baumallee die Lentinger Straße entlang“. Die katholische Pfarrei sei zwar wunderschön, aber sowohl der Innenhof vor dem Pfarrhaus als auch die Pfarrwiese und der Pfarrstadl wurden als „total abgeschottet hinter hohen Mauern“ empfunden. Das genau wie die Pfarrei denkmalgeschützte Feuerwehrhaus sahen viele „mit großem Potenzial für eine andere Nutzung“, sollte die Feuerwehr in der mittelfristigen Zukunft in ein anderes Gebäude umziehen.

Beim Vorstellen der Ergebnisse später im Bürgersaal verwiesen die Planungsbüros auf die nächsten Schritte: eine Online-Umfrage mit sogenanntem Web-Mapping und einer Bürgerwerkstatt zu verschiedenen möglichen Maßnahmen im Herbst. Die Wettstettenerin Edeltraud Paulus, selbst im Ort aufgewachsen, war am Ende der Veranstaltung rundum angetan: „Ich wusste vorher nicht, was ein ISEK ist und finde es toll, dass so viele Ideen jetzt einfach mal zu Papier gebracht werden und in ein Gesamtkonzept einfließen.“ Dass die Bevölkerung aktiv beteiligt ist, hält die 64-Jährige für extrem wichtig. „Die Stimmung im Ort ist in den letzten Jahren immer unzufriedener geworden, der Verkehr und andere Probleme mehr. Es wurde zwar viel gebaut, die Einwohner sind aber nur selten mitgenommen worden. Klasse, dass die Bürger nun mittendrin dabei sind.“

DK