Ingolstadt
Vorderlader und Fahnenstickerei im Armeemuseum

Zahlreiche Besucher kamen am Samstag zum Tag der offenen Tür

18.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:04 Uhr

Die Lautstärke war enorm, wenn Tobias Schönauer im Graben des Neuen Schlosses einen alten Vorderlader lud und abfeuerte. Fotos: Pehl

Interesse an Stoffen, Farben und Schmuck – all das ist nötig, um eine Ausbildung zur „Textilgestalter/in im Handwerk“ zu absolvieren. Und dazu noch ein gutes Auge, eine ruhige Hand und vor allem Geduld, unendliche Geduld. Stich für Stich reiht Anja Pilz aneinander, um das vorgefertigte Muster mit einem dünnen, silbernen Metallfaden zu besticken. Gleichmäßig und präzise wie ein Uhrwerk arbeitet die Fahnenstickerin im Bayerischen Armeemuseum an diesem Tag der offenen Tür, die eine Hand immer oben, die andere unter dem Stoff.

Seit 13 Jahren macht sie das nun schon, und ihr Beruf macht ihr immer noch Freude. „Man braucht viel Fingerspitzengefühl, und das im wahrsten Sinne des Wortes“, erzählt die Ingolstädterin. Sie ist im Neuen Schloss zuständig für insgesamt 2100 Fahnen, die einen in einem besseren, die anderen in einem schlechteren Zustand. Ihre Aufgabe ist es, die wertvollen und historischen Stücke für die Nachwelt zu erhalten. Dabei wird im eigentlichen Sinne nichts erneuert, die kunstvollen Textilien bleiben so, wie sie sind.

An die 100 Fahnen hat Anja Pilz bislang ergänzt und restauriert. Was die Sache nicht einfacher macht, ist die Beschaffung der Materialien in der entsprechenden Qualität. Den Tüll zum Beispiel, den sie an bestimmten Stellen unterlegt, bezieht das Armeemuseum aus England – die anderen genügen den hohen musealen Anforderungen nicht.

Die Fahnenstickerei ist nicht das einzige Handwerk, das am Samstag im Neuen Schloss gezeigt wurde. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens präsentierten sich auch die anderen Werkstätten: So bewahrt das Museum auch die Kunst der alten Handwerke wie Buchbinderei, Sattlerei, Schreinerei und andere mehr. Viele Besucher nutzten die Gelegenheit, mit den versierten Fachleuten ins Gespräch zu kommen.

Im Hof des Neuen Schlosses wurden historische Fahrzeuge präsentiert, wie etwa ein Kraftkarren, ein altes BMW-Gespann der Wehrmacht oder ein Opel-Blitz-Krankenwagen. Im Erdgeschoss konnten die Kinder in die Welt der Ritter eintauchen und selber ausprobieren, wie schwer ein Kettenhemd ist oder was man mit einem Ritterhelm sieht. Und wer sich schon immer mal über „Einteilung und Dislokation der französischen Armee“ informieren wollte, war beim Verkauf antiquarischer Bücher und der Vorstellung der Bestände der Bayerischen Armeebibliothek präsent. Sie ist eine eigene Abteilung des Museums und eine öffentliche Bibliothek, die von jedem genutzt werden kann.

Im Außenbereich wurde es gelegentlich laut: Zu jeder vollen Stunde fanden Vorführungen mit Vorderladern statt, die zeigten, wie aufwendig das Laden und vor allem wie laut diese Waffen waren. Abgerundet wurde das Programm durch Kurzvorträge zur Geschichte des Bayerischen Armeemuseums.