Vom Glücksgefühl beim Singen

Der gebürtige Oberstimmer Karl Huber, der in vielen Chören aktiv war und ist, wird 80 Jahre alt

02.07.2022 | Stand 02.07.2022, 15:41 Uhr

Singen ist sein Leben: Karl Huber ist unter anderem schon seit 40 Jahren Mitglied im Kirchenchor St. Anton. Der gebürtige Oberstimmer wird bald 80 Jahre alt. Foto: Hammer

Von Suzanne Schattenhofer

Ingolstadt – Er sitzt auf einer Bank im Park am Schwarzen Weg und erzählt von seinem Leben – vom Singen. Was es ihm bedeutet seit Kindertagen. Und dann schmettert Karl Hubert plötzlich los, aus der Operette „Giuditta“ von Franz Lehar: „Freunde, das Leben ist lebenswert! Jeder Tag kann Schönes uns geben. Jeder Tag ein neues Erleben. Jede Stunde verjüngt sich die Welt!Die herrliche Welt!“ In dem Moment wird das ungeheure Glücksgefühl, das er empfindet, regelrecht spürbar. „Manchmal ist es so überwältigend, dass mit die Tränen kommen.“

Er singt das Lied von Octavio wie sein eigenes Ständchen: ,Am 6. Juli wird Karl Huber 80 Jahre alt. Inzwischen trägt er ein Hörgerät, das natürlich im Musik-Modus eingestellt ist. „Das Alter merkt man gewaltig“, sagt der gebürtige Oberstimmer, der früher als Messtechniker bei EADS gearbeitet hat. „Die Strahlkraft und die Festigkeit der Stimme haben nachgelassen, und die Höhe ist auch weg. Früher habe ich drei Stunden am Stück singen können – das ist vorbei. Auch solistisch mag ich nicht mehr auftreten.“ Aber nicht nur das Alter hat sich ausgewirkt, sondern auch der Stillstand des kulturellen Lebens während der Pandemie: „Corona hat uns schlimm erwischt“, sagt Huber.

Er war und ist der Mann für alle Chöre: Seit 65 Jahren singt Huber im Männergesangsverein Unsernherrn, seit 40 Jahren im Kirchenchor St. Anton, außerdem im Kammerchor. „Da machen wir gerade wieder ein Projekt, den Messias, und man muss voll konzentriert sein“, erzählt er. „Das hält einen jung, da rostet man nicht.“ Er ist ein „Blattsänger“, groß proben müsste er eigentlich nicht mehr. Nachts, wenn er nicht schlafen kann, geht er die Texte durch. Lange hat er auch bei den Schanzer Kosaken und im Theaterchor mitgewirkt. „Das waren viele schöne Stunden und tolle Aufführungen“, erinnert er sich. Als Gastsänger sprang er auch bei anderen Chören ein – zum Beispiel in Wolnzach oder Altmannstein. „Ich war wirklich viel unterwegs. Aber Tenöre sind gute Autofahrer – ich fahre viel und gerne schnell.“

Die große Leidenschaft fürs Singen trat schon beim kleinen Karl zutage. „Wir waren eine Familie mit acht Kindern, sieben Leut’ von uns haben im Oberstimmer Kirchenchor gesungen“, erinnert sich Huber. Die ersten Soli hatte er im Alter von 13 Jahren. In seiner aktivsten Phase war er an keinem Abend oder Wochenende daheim. „Das war der einzige Vorteil von Corona: Ich habe wieder die schönen Abendstunden erlebt und die schönen Weihern ringsum.“

Er singt Volksmusik, russische Folklore, Oratorien, Musicals, Kirchenchoräle, aber auch die Musik zeitgenössischer Komponisten. Aber am liebsten mag Karl Huber Messen. „Die höre ich mir auch gerne an.“ Sein Wohlfühlprogramm: erst Crosstrainer, dann zwei Saunagänge und dazu ein Requiem von Brahms oder die Theresienmesse von Haydn. „Das ist mein Jungbrunnen.“

Musik und Bewegung waren stets sein Ausgleich: Da kommen bei ihm Geist und Körper zur Ruhe. Und er trinkt gern einen guten Tropfen. Die eine oder andere Flasche Wein wird er auch an seinem runden Geburtstag entkorken, aber groß feiern will Karl Huber nicht, sondern nur seine Freunde vom Männergesangsverein einladen. „Ich bin mit meinem Leben zufrieden und sehr dankbar“, sinniert er, „einfach glücklich, dass es so ist wie es ist.“ Sein Leben ist eben auch lebenswert – dank des Gesangs.

DK