Ingolstadt
Unter Drogen versucht, mit Krankenkassenkarte zu zahlen

Amtsgericht verurteilt 30-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe und ordnet eine Therapie an

06.04.2022 | Stand 23.09.2023, 2:02 Uhr

Solange er seine gerichtlichen Auflagen einhält, muss ein 30-Jähriger trotz seiner zehn Vorstrafen nicht ins Gefängnis. Foto: Hammer (Archiv)

„Ich stech’ Dich ab“, hat er einem Mann vor einer Spielothek gedroht und dabei mit einem Messer herumgefuchtelt. Wegen dieser und sechs weiterer Taten zwischen Februar und Mai 2020 musste sich ein 30-Jähriger am Montag vor dem Ingolstädter Amtsgericht verantworten.

Trotz seiner zehn Vorstrafen muss er aber nicht ins Gefängnis. Jedenfalls, solange er die gerichtlichen Auflagen einhält. Und die haben es in sich.



Eine andere der angeklagten Taten ereignete sich in einem Ingolstädter Baumarkt. Dort hatte der 30-Jährige verschiedene Gegenstände aus den Regalen genommen und unter seiner Kleidung versteckt, unter anderem drei Messer. Die Staatsanwaltschaft hat ihn wegen Diebstahls mit Waffen angeklagt, weil er ab dem Zeitpunkt, in dem er das erste Messer an sich genommen hatte, ein gefährliches Werkzeug mit sich geführt hat. Dass er dennoch nur wegen einfachen Diebstahls verurteilt worden ist, liegt daran, dass Amtsrichter Peter Hufnagl aufgrund der psychischen Verfassung des Angeklagten zum Tatzeitpunkt davon ausging, dass diesem das Mitführen der Messer nicht bewusst war.

Der Angeklagte stand nämlich – wie bei den anderen Taten auch – unter erheblichem Alkohol- und Drogeneinfluss und war deshalb nur vermindert schuldfähig. Der Hausdetektiv, der den gebürtigen Ingolstädter längere Zeit im Baumarkt beobachtet hatte, berichtete von offensichtlichen Ausfallerscheinungen. So soll der 30-Jährige versucht haben, einen Teil der mitgenommenen Gegenstände mit seiner Krankenkassenkarte zu bezahlen.

Der Angeklagte räumte die Taten ein – soweit er sich daran erinnern konnte. Er bezeichnete die Vorwürfe als „beschämend“. Damals habe er sich „in einer schwierigen Phase“ befunden. Unter anderem deshalb, weil sich sein Vater das Leben genommen habe. Seit seinem zwölften Lebensjahr sei er in psychiatrischer Behandlung. Vor allem aber sei er damals „hochgradig süchtig“ gewesen – nach harten Drogen. Seitdem habe er aber an sich gearbeitet, betonte der Angeklagte. Er habe sein gewohntes Umfeld verlassen und in Berlin eine Drogentherapie begonnen. Diese verlaufe „sehr gut“, bestätigte seine gesetzliche Betreuerin. Nach einem anfänglichen Rückfall sei er mittlerweile entgiftet und entwöhnt. Der nächste Schritt sei, über betreutes Wohnen in ein geregeltes Leben zurückzufinden.

Auch der psychiatrische Sachverständige bescheinigte dem Angeklagten, auf einem guten Weg zu sein. Richter Hufnagl betonte zwar die „ganze Latte von Vorstrafen“, schloss sich aber letztlich der Empfehlung des Sachverständigen an und verurteilte den Angeklagten zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr. Zudem ordnete er die Weiterführung der begonnenen Therapie und eine Reihe von Bewährungsauflagen an. Insbesondere muss sich der Angeklagte von Alkohol und Drogen fernhalten. Sollte er dagegen in den nächsten fünf Jahren verstoßen, muss er nicht nur mit dem Widerruf der Bewährung rechnen. Verstöße gegen Auflagen der Führungsaufsicht stellen darüber hinaus eigenständige Straftaten dar. Das Urteil ist rechtskräftig.

mra