„Es schaut ganz danach aus“
War es ein Wolf? Totes Schaf in Ingolstadt weist typische Spuren auf

30.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:16 Uhr

Ist der Wolf in den Ingolstädter Raum vorgedrungen? Ein totes Schaf lässt zumindest ein solches Tier vermuten. Foto: Imago/agrarmotive

Auch wenn das Landesamt für Umwelt in Bayern noch Proben untersuchen muss, ist sich Franz Loderer ziemlich sicher: Ein Wolf hat Montagfrüh in der Nähe von Pettenhofen bei Ingolstadt ein Schaf gerissen.



„Es schaut ganz danach aus“, sagt der Vorsitzende des Jagdschutz- und Jägervereins Eichstätt, der das tote Tier an Ort und Stelle in Augenschein genommen hat. Nachdem das Schaf am Vormittag noch nicht ganz auf die Temperatur der Umgebung abgekühlt war, ließ sich in etwa der Zeitpunkt des Risses bestimmen.

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Neben der Augenscheinnahme ließen auch die übrigen Erkenntnisse auf dieses Raubtier schließen, das nach seiner Ausrottung um 1850 seit der Jahrtausendwende wieder in Deutschland lebt. So wurde das tote Schaf mitten auf einem Acker im Westen des Stadtgebiets entdeckt. „Das ist typisch für den Wolf“, sagt Loderer. Ein Rissgutachter des Landesamtes für Umwelt (LfU) war in Pettenhofen und hat im Zuge seiner Probennahme und Begutachtung auch Wolle von den Stellen entfernt, an denen der Wolf zugebissen hat.

Abdrücke von Zähnen an Nacken und Hals

Im Nacken und am Hals fanden sich danach Abdrücke von Zähnen, was der Jagdweise entspricht: Der Wolf tötet durch den Kehlbiss. Hinzu kommt laut Loderer, dass in dieser Gegend in den vergangenen Wochen offenbar insgesamt vier Rehe gerissen wurden.

Abwarten will Mario Meier-Gutwill von der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Ingolstadt. Zunächst benötige man die Gewissheit, dass es sich wirklich um einen Wolfsriss handelt. Das sollte in ein paar Tagen feststehen, wenn das Landesamt für Umwelt die Proben ausgewertet und eine Genanalyse vorgenommen hat.

„Wir wissen natürlich, dass im Norden von Ingolstadt eine Wolfsfähe ist“, sagt Meier-Gutwill. Bereits im Mai 2020 gab es erste Hinweise auf so ein Tier im Landkreis Eichstätt, Ende vergangenen Jahres dann Sichtungen und Fotos von zwei zusammen laufenden Wölfen. Wie Genanalysen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt ergaben, stammen die Tiere von zwei verschiedenen Rudeln ab. Sichtungen von Wölfen im Stadtgebiet Ingolstadt gab es allerdings bisher noch nicht. In Bayern leben laut LfU derzeit in acht Regionen standorttreue Tiere, insgesamt sollen 26 Wölfe im Freistaat leben.

Analyse von Landesamt steht noch aus

Auch Willi Reinbold plädiert dafür, zunächst die Analyse des Landesamts abzuwarten. Der Wolfsbeauftragte des Landesbundes für Vogelschutz, dessen Vorsitzender in Eichstätt er ist, weiß von insgesamt vier genetisch nachgewiesenen Wölfen im Landkreis Eichstätt, wobei einer aber nur einmal identifiziert wurde. Aber: „Überall, wo Rehe sind, kann ein Wolf auftauchen“, betont Reinbold. Es gebe viele Wanderwölfe, die bis zu 70 Kilometer am Tag laufen können. Sichtmeldungen gehen aus dem gesamten Landkreis ein.

Wie Reinbold betont, gebe es fast keine freilaufenden Hybriden. Diese Mischlinge mit Haushunden werden konsequent entfernt. Die sogenannten Problemwölfe kamen nach seinen Kenntnissen zuvor immer in Kontakt mit Fleischnahrung. Daher sein dringender Rat an alle in der freien Natur: „Keine Wurstsemmel wegwerfen!“ Der Wolf frisst sie – und verbindet daraufhin Nahrung mit Menschengeruch.

Das richtige Verhalten bei einer Begegnung mit einem Wolf



„Der Wolf tut nichts, aber er ist kein Kuscheltier. Er hat genügend Nahrung, aber auch keine Angst vor dem Menschen“, betont Reinbold. Das richtige Verhalten bei einer Begegnung: Stehen bleiben und sich durchaus als Mensch zu erkennen geben. Nicht umdrehen oder weglaufen und nicht auf das Tier zugehen. „Wenn es einem mulmig wird, dann langsam rückwärts gehen“, empfiehlt Reinbold. Der Wolf wird sich von sich aus nach kurzer Zeit entfernen.

Triggerwarnung: Im zweiten Artikelbild sehen Sie das gerissene Schaf. Auf sensible Leserinnen und Leser könnte das Foto verstörend wirken.