Schwer kranker Patient
Lungenoperation ohne künstliche Beatmung erstmals in Ingolstadt

23.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:52 Uhr

OP an der Lunge: Paul Swatek und Professor Markus Rentsch setzen den Schnitt für den minimalinvasiven Eingriff. Foto: Klinikum Ingolstadt

Lungenoperation ohne künstliche Beatmung: In manchen Unikliniken oder überregionalen Krankenhäusern wird diese Methode bei bestimmten Eingriffen schon seit einiger Zeit vorgenommen - jetzt auch in Ingolstadt.



+++ Hinweis: Bei dem Thema hat sich nach Erscheinen des Artikels ein neuer Aspekt ergeben. Wie unsere Zeitung erfahren hat, soll diese OP-Methode bereits in früheren Zeiten am Ingolstädter Klinikum durchgeführt worden sein. Wir bleiben an dem Thema dran. Ein entsprechender Bericht folgt. +++

Das ist das Ergebnis der DONAUKURIER-Recherche

Anfang des Jahres stand ein solcher erstmals im Ingolstädter Klinikum an. Die OP wurde mit einer besonders patientenschonenden Methode an einem schwer lungenkranken Patienten vorgenommen, teilte die Pressestelle des Klinikums mit. Damit seien dort erstmals minimal-invasive Eingriffe der Thoraxchirurgie ohne künstliche Beatmung möglich.

Mit einer Lungenentzündung war der über 70 Jahre alte Patient, an dem die OP durchgeführt wurde, an Neujahr ins Ingolstädter Klinikum gekommen. Ein großer Erguss, der sich durch eine Entzündung gebildet hatte, habe seine durch Vorerkrankungen geschädigte Lunge eingeengt.

Leiter Thoraxchirurgie: „Deswegen war eine Operation nicht mehr zu vermeiden“



„Durch eine Punktion ließ sich dieser Erguss nicht mehr entfernen. Die Diagnostik zeigte bereits deutliche Eiweißablagerungen am Rand des Ergusses, die zu vernarben drohten. Dann wäre der betroffene Lungenflügel in seiner Leistung auf Dauer stark gemindert geblieben. Deswegen war eine Operation nicht mehr zu vermeiden“, sagt Paul Swatek, Leiter der Sektion Thoraxchirurgie in der Klinik für Allgemein, Viszeral- und Thoraxchirurgie, über den von der Pressestelle des Hauses vorgestellten Fall.

Als Vorerkrankungen hatte der Patient Lungenkrebs und eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD). „Die übliche Vollnarkose für einen operativen Eingriff an der Lunge beinhaltet immer die künstliche Beatmung über einen speziellen Beatmungsschlauch.

Ein Eingriff an der Lunge mit künstlicher Beatmung kann solche Patientinnen und Patienten stark belasten“, erklärt Professorin Martina Nowak-Machen, Direktorin der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Palliativ- und Schmerzmedizin.

Patient atmet selbstständig



Gemeinsam entschieden sich Thoraxchirurgen und Anästhesisten deswegen für eine besonders patientenschonende Methode: einen video-assistierten thoraxchirurgischen Eingriff, bei dem der Patient selbstständig atmen kann. Der Fachbegriff für diese OP-Methode ist „Non-intubated videoassisted thoracic surgery“(NI-VATS).

Die Vorteile dieses minimalinvasiven Eingriffs sind vielfältig: Die Patienten bleiben im überwachten Dämmerschlaf und erhalten gemeinsam mit schmerzlindernden Medikamenten eine lokale Betäubung.

Der Einsatz dieser Methode ist nicht für alle geeignet, die sich einem Eingriff an der Lunge unterziehen müssen. Aktuell wird diese Methode am Klinikum nur bei kleineren Eingriffen ohne Entfernung von Lungengewebe eingesetzt.

Eine gezielte Auswahl, die gemeinsam durch die Thoraxchirurgen und Anästhesisten erfolgt, soll diese Methode in Zukunft auch bei Patienten mit Lungenkrebs zur Anwendung bringen.

Gleichzeitig stellt der Eingriff hohe Anforderungen an das OP-Team. „Ich bin sehr froh, dass wir am Klinikum Ingolstadt auf ein hochspezialisiertes Anästhesieteam zurückgreifen können, das solche anspruchsvollen Anästhesieverfahren beherrscht“, sagt Andreas Tiete, Geschäftsführer Medizin und Ärztlicher Direktor am Klinikum.

Im Verlauf der Operation müsse es jederzeit möglich sein, doch noch auf eine künstliche Beatmung umzusteigen. „Die Einführung patientenschonender Techniken und Methoden haben für uns einen hohen Stellenwert“, erklärt der für Finanzen zuständige Geschäftsführer Jochen Bocklet.

Das sind die Schwerpunkte der Thoraxchirurgie



Die Schwerpunkte der Sektion Thoraxchirurgie am Klinikum liegen in der vorwiegend minimal-invasiven Tumorchirurgie (Lungen- und Speiseröhrenkrebs) und der Chirurgie am Brustkorb (insbesondere der septischen Chirurgie).

Swatek ist nach Angaben des Klinikums außerdem besonders spezialisiert, Eingriffe im Mediastinum, einer Körperhöhle zwischen den beiden Lungenflügeln, vorzunehmen. Dabei handele es sich um einen chirurgisch anspruchsvollen Bereich, weil dort viele Nerven, Gefäße und Lymphbahnen verlaufen.