Ingolstadt
Quo vadis, Kammerspiele?

Kontroverse Diskussionen beim Kamingespräch des Presseclubs über geplantes neues Kleine Haus an der Schutterstraße

02.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:39 Uhr

Diskussion im Presseclub über die Kammerspiele. Foto: Domke

Von Constantin Domke

Ingolstadt – Kaum ein Thema wird in Ingolstadt seit Langem so kontrovers diskutiert wie der Standort der geplanten Kammerspiele. Das als Ausweichspielstätte während der Sanierung des Stadttheaters dienende Gebäude erhitzt die Gemüter. Beim Kamingespräch des Presseclubs Ingolstadt am Dienstag trafen Befürworter und Gegner des Standorts an der Schutterstraße aufeinander.
Unter dem Titel „Befürchtungen um den Theatercampus“ hatte der Presseclub Ingolstadt ausgewählte Gäste und die interessierte Öffentlichkeit in den Blauen Salon des Stadttheaters eingeladen. Erschienen waren drei Vertreter des Bürgerbegehrens, Armin Herker, Franz Appel und Ralf Bauernfeind, für die Gegenseite Kulturreferent Gabriel Engert, der Geschäftsführer der INKoBau, Nicolai Fall, und der Intendant des Stadttheaters, Knut Weber.

Ebenfalls der Einladung gefolgt waren Anita Ihle, eine Anwohnerin der Tränktorstraße, und die ehemalige Bundestagsabgeordnete Agnes Krumwiede, seit 2020 Stadträtin. Vereinsvorsitzende Susanne Ehrnthaler moderierte die Veranstaltung. „Das soll heute keine Podiumsdiskussion und auch keine Pressekonferenz werden“, leitete sie den Abend ein. „Wir wollen spielerisch an das Thema herangehen“. Konkret hieß das: Jeder Gast erhielt zu Beginn der Veranstaltung einen mit seinem Namen versehenen Umschlag, in dem sich drei individuelle Fragen befanden. Die sollten vorgelesen und binnen drei Minuten beantwortet werden.

Ralf Bauernfeind sollte eine Antwort auf die Frage finden: „Wenn die Bürger beim Bürgerentscheid mit einem klaren Nein votieren, was dann?“ Bauernfeind: „Das Volk hätte demokratisch entschieden, und die Politik hätte dann den Auftrag, daraus das Beste zu machen.“ Franz Appel wurde mit der Frage konfrontiert, welche Risiken er bei dem Projekt sehe. „Zusätzliche Kosten sind nicht zuschussfähig“, antwortete er. „Außerdem können auch Zinssteigerungen zu einem Problem werden, da ein hoher Kredit aufgenommen werden muss.“ Er gab sich außerdem überzeugt, dass die veranschlagten zwölf Millionen Euro für ein temporäres Theaterzelt statt der Kammerspiele „absolut unseriös“ seien. „Solch ein Zelt ist schon für einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag zu haben“, befand er. „Was Sie da sagen, ist unseriös“, warf Knut Weber energisch ein. „Ein Theaterzelt, das mehrere Jahre halten muss, ist nun mal kein Volksfestzelt.“ Die veranschlagte Summe sei korrekt. „Auch für zusätzliche Kosten können Förderungen beantragt werden“, stellte Gabriel Engert außerdem klar. „Schieben Sie hier keine Panik!“

Anwohnerin Anita Ihle wurde nach ihren persönlichen Sorgen gefragt. „43 wertvolle Bäume werden gefällt. Der Baulärm wird unerträglich. Uns wird eine Mauer vors Gesicht gesetzt.“ Intendant Weber entgegnete, dass man eben für den Bau eines solchen Projekts gewisse Nachteile in Kauf nehmen müsse. „Das werden die Anwohner schon aushalten.“ Die Anzahl der zu fällenden Bäume sei zudem geringer. Ihle zeigte sich wenig begeistert. „Wir sind ja nur einfache Anwohner.“ Weber stellte des Weiteren klar, dass es keine ernstzunehmenden Alternativen zum Standort der Kammerspiele an der Schutterstraße gebe. „Die Gegner sehen die komplexe Organisation des Theaters nicht.“ Beide Häuser müssten deshalb möglichst nah beieinander liegen. Weber sprach von einer „erstaunlichen Inkompetenz“ bei den Projektgegnern. Eine Zuschauerin pflichtete Weber bei: „Wenn die Kammerspiele nicht gebaut werden und das Theater schließt, dann haben wir eine Stadt ohne Kultur“. „Die Stadt verliert dermaßen an Attraktivität“, warnte Agnes Krumwiede. „Die Gegner sollten respektieren, dass Menschen Theater brauchen.“

Dass die Kammerspiele unbedingt notwendig seien, davon war auch ein Schauspieler überzeugt: „Wenn das Projekt nicht umgesetzt wird, dann ist das Theater in seiner Qualität am Ende.“ Auch könne er nicht ausschließen, dass sich die Schauspieler andere Wirkungsstätten suchen.„

Im Laufe des Abends legte sich die teils hitzige Stimmung wieder. Es herrschte Einigkeit, dass viele Menschen über das Projekt offenbar nicht ausreichend informiert seien und deshalb auch die Stadt mehr Aufklärungsarbeit leisten müsse. Wie Susanne Ehrnthaler resümierte, „hat dieser Abend gezeigt, wie wichtig es ist, dass Menschen miteinander reden“. Wenn man aufeinander zugehe, könne so manches Vorurteil aus der Welt geschafft werden.

DK