Ingolstadt
Herbstprotest gegen hohe Energiepreise: Initiative fordert schnellere und deutliche Entlastungen

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16.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:31 Uhr

Soziale Gerechtigkeit in kostspieligen Zeiten: Auf dem Paradeplatz äußerten sich dazu am Samstag Rednerinnen und Redner aus Politik, der Gewerkschaft und dem Mieterverein. Foto: Brandl

Die Kessel stehen mancherorts schon gewaltig unter Dampf – und das trotz der Energieknappheit. Gemeint sind damit freilich die Protestbekundungen, die sich in einigen Städten und Regionen gegen die extreme Verteuerung von Gas und Strom richten – und den daraus resultierenden sozialen Nachteilen für Menschen mit geringem Einkommen, wie viele sie befürchten.

Auf dem Paradeplatz rief die Initiative soziale Sicherheit am Samstagvormittag zu einem Herbstprotest mit Kundgebung auf. Rund 30 Teilnehmende versammelten sich, was bei den Initiatoren die überraschte Frage aufwarf, ob den Leuten in Ingolstadt das Thema egal sei. Schließlich gehe es darum, den Menschen die Angst vor der Zukunft zu nehmen und sie zu entlasten, wie Stadträtin Eva Bulling-Schröter (Die Linke) in ihrer Begrüßung sagte. Die Wissenschaft fordere schon lange eine Debatte zu regenerativen Energien. „Doch niemand hat sie gehört“, sagte die Politikerin. Dabei habe schon der SPD-Politiker Hermann Scher, Träger des Alternativen Nobelpreises 1999, darauf hingewiesen, dass der Kampf um Energie zu Kriegen führen werde.

Große Energiekonzerne profitieren von der Krise

Bulling-Schröter kritisierte weiter, das vor allem große Energiekonzerne immens von der Krise profitierten und ihre Gewinne steigerten. Als Beispiel nannte sie Shell, die ihren Gewinn im ersten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt habe. Lokale soziale Auswirkungen sah sie bei der Ingolstädter Tafel, die kürzlich einen Aufnahmestopp für Neukunden verhängen musste. Vor dem Hintergrund sprach sie sich gegen Strom- und Gassperren in Ingolstadt aus und kritisierte den Gaspreisdeckel, der zwar ein gutes Instrument zur Entlastung sei, jedoch erst ab März greife. „Das ist eine Farce“, sagte sie. Stattdessen sei die Übernahme des Dezemberabschlags beim Gas für alle Bürger ein Geschenk für Wohlhabende.

Den Sozialfonds, den die Stadt Ingolstadt auflegt, um Härtefälle zu unterstützen, bezeichnete sie als gute Sache. Bulling-Schröter machte sich außerdem für die Beibehaltung des Neun-Euro-Tickets und eine Energieversorgung in öffentlicher Hand stark. Die Klimaschutzziele sollten jedoch nicht aufgegeben werden.

Mieterverein fürchtet Erhöhung der Kaltmieten

Inge Diehl-Carsten vom Ingolstädter Mieterverein machte auf ein anderes Problem aufmerksam, das derzeit oft übersehen werde. „Viele Vermieter können jederzeit auch die Kaltmiete erhöhen, und das wird mit Sicherheit passieren“, sagte sie. Sie machte auf das Bündnis „Hände hoch! Für bezahlbaren Wohnraum“ aufmerksam und appellierte, sich auf der Internetseite www.mietenstopp.de als Unterstützerin oder Unterstützer einzutragen.

SPD-Politikerin Karoline Schwärzli-Bühler, die für den Migrationsrat sprach, warnte in ihrem Redebeitrag vor einer sozialen Spaltung der Gesellschaft. Sie forderte, dass Menschen, die mit finanziellen Engpässen zu kämpfen hätten, noch dieses Jahr Sicherheit bräuchten.

Wolfgang Nördlinger von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beleuchtete in seiner Rede auch die politischen Hintergründe des, wie er sagte, Wirtschaftskrieges, der derzeit geführt werde. Er plädierte für höhere Renten statt für Tafeln und forderte mehr Steuergerechtigkeit.

DK