Sommer in der Stadt
Grün, still und kühl: Erhard Schuster genießt die Stunden in seinem Schrebergarten

23.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:32 Uhr

Gießen, gießen, gießen: Erhard Schuster hat in diesem extrem heißen Sommer viel zu tun in seinem Schrebergarten. Fotos: Hammer

Nicht weit entfernt liegen die viel befahrene Münchener Straße und die Bahnlinie. Doch vom ganzen Stadtlärm ist nichts zu hören an diesem friedlichen Ort, der wie ein Garten Eden inmitten der dichten Bebauung liegt. Erhard Schuster genießt diese Stille und auch die kühle Luft, die vormittags die Kleingartenanlage an der Sambergerstraße wie ein Schutzmantel umhüllt. „Das ist wie Urlaub“, sagt der Rentner, der mit seiner Frau ganz in der Nähe wohnt und die Parzelle seit 2006 gepachtet hat. „Ich mag die Ruhe hier im Garten.“

Der 70-Jährige schnappt sich eine der vielen Gießkannen, die neben einem Beet mit kleinen Eisbegonien in Reih und Glied stehen – bewacht von einem Gartenzwerg, der hier natürlich nicht fehlen darf. Dann wässert Schuster zuerst sein kleines Rasenstück, das trotz der Dürre und Hitze in saftigem Grün sprießt. Er und seine Frau brauchen in diesem extremen Sommer rund eine Stunde fürs Gießen per Hand. „Ein bisserl Sport muss man ja treiben.“ Der Kleingarten hält fit: „Nur daheim in den vier Wänden herumsitzen? Da geht man ja ein wie eine Pflanze, die kein Licht bekommt. Der Mensch braucht doch auch Licht“, sagt Schuster, der auch Gartenwart der Anlage ist.

„Es braucht grüne Inseln zwischen den Wohnblocks“

Logisch, dass auch er nicht verstehen kann, dass die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft ausgerechnet dieses Gelände später einmal für den Wohnungsbau, für eine Nachverdichtung nutzen will. „Es braucht grüne Inseln zwischen den ganzen Wohnblocks hier – zumal viele Leute keinen Balkon haben oder älter sind und nicht mehr gut zu Fuß“, sagt er. „So eine Oase bringt auch kühle Luft. Alles wird noch mehr zugepflastert und zubetoniert – das kann es doch nicht sein.“ Er vertraut darauf, dass sich Helmut Schlittenlohr, Vorsitzender des Gartenverbands der Bahn-Landwirtschaft, für den Erhalt der Anlage mit den rund 70 Parzellen stark macht.

Neulich hat Erhard Schuster im Fernsehen einen Bericht über Holland gesehen: „Da reißen sie die Betonplatten aus dem Boden und bepflanzen ihn mit Blumen und Bäumen. Da herrscht eine Aufbruchstimmung im ganzen Land. Das finde ich super! Toll!“

Der Rentner ist wahrhaft kein Öko-Revoluzzer. Sondern nur Gärtner mit Leib und Seele. Auf den wenigen Quadratmetern hat er Tomaten, Gurken, Bohnen, Zwiebeln, Zucchini und Auberginen angepflanzt. Rote Beete und Rettich, Karotten und Kürbis gedeihen auch prächtig. Es wachsen Brombeeren, Himbeeren und Stachelbeeren. Dazwischen Bohnenkraut, Dill oder Lavendel. „Für die Bienchen. Denn wir freuen uns über jedes Bienchen, das kommt.“ Phlox, Hibiskus, Zinnien und Dahlien schaffen Farbenpracht. Ein Kirschbaum spendet Schatten, der Apfelbaum trägt zwei verschiedene Sorten – nur keinen Elstar, den Schuster eigentlich unbedingt wollte. Wie grüne, Schatten spendende Wände ranken Weinreben, die blaue und weiße Tafeltrauben tragen.

Tomaten schmecken nach Sommer

Sie schmecken herrlich süß nach purem Sommer – so wie die Tomaten. „Ganz anders als die aus dem Laden“, sagt Schuster. „Es ist heuer ein gutes Tomaten-Jahr. Ich hab’ meine aber mit Vlies abgedeckt, sonst bekommen sie einen Sonnenbrand. Dafür sind die Kartoffeln nichts geworden – winzig klein waren sie.“

Manchmal, während er sich vormittags im Garten zu schaffen macht, ruft seine Frau an, weil sie noch ein paar frische Zutaten aus dem Garten zum Kochen braucht. „Dann essen wir zu Mittag, halten Siesta und gehen dann wieder zurück in den Garten“, erzählt Schuster. Nachmittags sei mehr los, dann kommen alle zum Gießen und Ratschen: Dann beginnt, nach der Stille am Vormittag, der gesellige Teil in der Schrebergartenanlage.

DK