Bald Streik am Klinikum
Gewerkschaft Verdi wirft Geschäftsführung vor, Gespräche für Notdienstvereinbarung abzulehnen

23.02.2023 | Stand 17.09.2023, 2:16 Uhr

Mit einer 15-köpfigen Verhandlungskommission hatte die Gewerkschaft Verdi die Notdienstvereinbarung am Klinikum aushandeln wollen. Die Geschäftsführung hat das abgelehnt. Foto: Wolf, Verdi

Bleiben die Tarifverhandlungen der Gewerkschaft Verdi weiterhin ergebnislos, droht auch im Ingolstädter Klinikum ein Streik.

„Die Streikbereitschaft ist spürbar groß“, berichtet die Gewerkschaftssekretärin für den Bereich Gesundheit und Soziales, Arina Wolf. Doch die Geschäftsführung des Ingolstädter Klinikums habe Gespräche mit einer 15-köpfigen Verdi-Verhandlungskommission zur Verhandlung einer Notdienstvereinbarung für anstehende Streikmaßnahmen abgelehnt.

Verdi fordert mindestens 500 Euro monatlich

Wann am Klinikum die gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter ihren Warnstreik halten werden, wird von Seiten der Gewerkschaft noch nicht bekanntgegeben. Am Donnerstag endete erst einmal die zweite Verhandlungsrunde für die kommunalen Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Verdi fordert 10,5 Prozent mehr oder mindestens 500 Euro monatlich. Die Beschäftigten seien gewillt, die Forderung durchzusetzen, so Wolf. „Sollten die Verhandlungen ergebnislos verlaufen, sind wir bereit, für unsere Forderungen zu streiken.“ Zwei begrenzte Warnstreiks am 16. und 22. Februar habe es am größten Krankenhaus der Region bereits gegeben. Ein größerer soll folgen, wenn die Tarifverhandlungen bis dahin zu keinem Abschluss kommen. Weil Streiken im Krankenhaus immer „planvoll“ geschehen müsse, bot die Gewerkschaft Notdienstvereinbarungen an, „die das Patientenwohl und das Streikrecht der Beschäftigten gleichermaßen zur Geltung bringen“, teilte Verdi-Sekretärin Wolf in einer Pressemitteilung mit. Eben zu diesen Verhandlungsgesprächen habe sich eine kleine Delegation von 15 Mitarbeitern aus verschiedenen streikbereiten Bereichen in Begleitung der Gewerkschaftssekretärin zusammengeschlossen, heißt es darin weiter. Der Termin im Anschluss an einen kleineren Warnstreik sei bereits angesetzt gewesen. Doch die Führungsebene des Klinikums sei nicht dazu bereit gewesen, mit der Delegation in der Zusammensetzung zu sprechen. Die Geschäftsführung habe nur mit drei Verdi-Vertretern verhandeln wollen, so Wolf auf Nachfrage unserer Zeitung.

„Für 3600 Beschäftigte sollen drei Leute sprechen“, zeigt sich Wolf irritiert. „Wir sind jederzeit für konstruktive Gespräche bereit und wollen möglichst schnell, transparent und sachorientiert verhandeln. Dazu hat Verdi aufgerufen, aus bestimmten Bereichen Delegierte für die Verhandlungen zu bestimmen. Es ist wichtig, die Expertise der Beschäftigten für eine praxisgerechte Notdienstregelung zu berücksichtigen“, erklärt Wolf das erstmalige Vorgehen der Gewerkschaft in dieser Weise. Deshalb sollten bei den Notdienstverhandlungen Mitarbeiter der bestreikten Bereiche und Stationen dabei sein. Weil es eben gerade um die Patientensicherheit gehe. Bei der Uniklinik Regensburg sei mit 25 Gewerkschaftsvertretern verhandelt worden, betont Wolf. Sie sprich von einem „Kulturwandel in den Verhandlungen“.

„Wir verstehen nicht, warum man mit uns nicht sprechen will, sondern lieber über uns“, sagt Iris Müller, beschäftigt in der Sterilisationsabteilung des Klinikums. „Wir wollen streiken und uns das Recht und die Möglichkeit dazu nicht nehmen lassen.“ Die Vereinbarung dazu ermögliche es den Beschäftigten und beschreibe eindeutig die Mindestbesetzung. „Leider wollte die Geschäftsführung das nicht und versucht, uns zu spalten und klein zu halten“, berichtet Müller aus der Gesprächsrunde.

„Erwarten ein Umdenken der Führungsebene“

Und wie war das bei früheren Streiks? Da habe im Klinikum der Arbeitgeber die Notdienstpläne vorgelegt, erklärt Wolf. „Die Stationen waren zum Teil besser besetzt als im Normalzustand.“ Diesmal wollte Verdi unter Einbeziehung der Mitarbeiter die Notdienstvereinbarung zusammen mit der Geschäftsführung verhandeln. Mit dem bekannten Ergebnis. Wolf: „Wir erwarten ein Umdenken der Führungsebene. Wertschätzung und respektvoller Umgang mit den eigenen Beschäftigten sieht anders aus.“

Auch mit Blick auf die Notdienstvereinbarung selbst sollten alle Beteiligten ein Interesse an den Erfahrungen der Kollegen und Kolleginnen vor Ort haben. „Sollte keine Notdienstverhandlung zustande kommen, wird Verdi einseitig eine Notdienstregelung vorlegen.“

Das sagt das Klinikum

Ingolstadt – Das Ingolstädter Klinikum sei in den derzeit stattfindenden Tarifverhandlungen „nicht Gegner, sondern durch die bevorstehenden Streikmaßnahmen Betroffener in seinem Auftrag, jederzeit eine umfassende, medizinische Versorgung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Ingolstadt und der angrenzenden Landkreise sicherzustellen“. Man wolle möglichst vielen Mitarbeitenden die Teilnahme an dieser Streikmaßnahme ermöglichen, erklärt das Klinikum auf Anfrage unserer Zeitung den Vorfall aus seiner Sicht. Gleichzeitig sei die Geschäftsführung jedoch verpflichtet, die umfassende Notfallversorgung für alle Patienten in Ingolstadt und der Region sicherzustellen. Die Sicherstellung des Versorgungsauftrags während des Streiks soll durch den Abschluss einer Notdienstvereinbarung zwischen dem Klinikum und der Gewerkschaft Verdi erfolgen.

Vor diesem Hintergrund habe die Geschäftsführung Vertreter der Gewerkschaft zu einem ersten gemeinsamen Gespräch in einem kleineren Arbeitskreis auf Leitungsebene eingeladen, um zunächst die Struktur der zu treffenden Notdienstvereinbarung zu definieren. Die Geschäftsführung habe das Angebot eines Gesprächstermins in kleinerem Kreis erneuert, aber auch direkten Kontakt mit der Verdi-Bezirksgeschäftsführung aufgenommen und werde dort, „wie abgestimmt, einen Entwurf der Notdienstvereinbarung einreichen“.

Das Klinikum respektiere das Streikrecht jedes Mitarbeitenden, gleichzeitig müsse jedoch eine sichere Versorgung der Patienten jederzeit und umfassend gewährleistet sein. „Diesem Auftrag ist das Klinikum im Interesse der ihm anvertrauten Patientinnen und Patienten verpflichtet.“