Präzisere Pollenprognosen
Geographen der KU forschen in Ingolstadt und haben dabei auch den Klimawandel im Visier

04.04.2024 | Stand 04.04.2024, 10:56 Uhr

Pollen von Biken lösen bei vielen Menschen starke Allergien aus. Diese Bäume stehen im Fokus des Forschungsprojekts. Foto: Eberl

Die Frühjahrswitterung lässt Sträucher und Bäume erblühen – es ist die Zeit der größten Pollenbelastung. Die Intensität des Pollenflugs und der zeitliche Verlauf werden nicht nur vom Klima, sondern auch von lokalen Besonderheiten beeinflusst. Um besser vorhersagen zu können, wie sich die Pollenbelastung in Städten unterscheidet, führt Professorin Susanne Jochner-Oette von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) zusammen mit ihrem Team in Ingolstadt Messungen durch, teilt die KU in einer Pressemitteilung mit. Der Fokus liegt dabei auf Birkenpollen, die bei vielen Menschen starke Allergien auslösen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt das Projekt „PECurban“.

Einfluss des Klimawandels auf den Pollenflug

Jochner-Oette hat die Professur für Physische Geographie/Landschaftsökologie und nachhaltige Ökosystementwicklung inne und forscht seit vielen Jahren zum Einfluss des Klimawandels auf den Pollenflug. Sie hat festgestellt, dass der Klimawandel nicht nur den Beginn und das Ende der Pollensaison beeinflusst, sondern bei manchen Pflanzen auch dazu führt, dass mehr und allergenere – also „aggressivere“ – Pollen produziert werden. Luftverschmutzung könnte die Effekte noch verstärken. Da rund 15 Prozent der Menschen in Deutschland unter Allergien leiden, sind genauere Informationen über diese Zusammenhänge wichtig, um sich besser an die veränderten Bedingungen anpassen zu können.

Pollengehalt der Blüten wird gemessen

Nun beginnen Jochner-Oette und ihr Team in Ingolstadt mit der Messung von Daten für das Projekt „PECurban“, der genaue Titel lautet: „Räumliche und zeitliche Variabilität von Pollen in städtischen Gebieten – mittels Pollenproduktion und Pollenemission zur Vorhersage der Pollenkonzentration“. Die Forschungsgruppe möchte den Pollengehalt der Blüten von Birken quantifizieren, um genauere Vorhersagen über die zu erwartende Pollenflugintensität machen zu können. Dabei wird die tägliche freigesetzte Pollenmenge für 20 Birken erfasst und in Beziehung zur aktuellen Wetterlage sowie zur gemessenen Pollenkonzentrationen in der Luft gesetzt.

„Bisher gibt es nicht viele Untersuchungen darüber, wie Pollen sich in Städten ausbreiten. Um das besser zu verstehen, nutzen wir ein besonderes Computerprogramm. Die hochauflösende 3D-Modellierungssoftware soll uns zeigen, wie sich das Wetter und die Umgebung auf die Bewegung der Pollen auswirken“, erläutert Jochner-Oette. Um zu messen, wie viele Pollen sich in der Luft befinden, werden an zehn Orten im Stadtgebiet Fallen aufgestellt, die Pollen einfangen. Sie sind außerdem mit kleinen Wetterstationen ausgestattet. „Damit können wir abgleichen, wie die Witterung die Pollenverteilung beeinflusst“, so Jochner-Oette.

Auch Schadstoffsammler nahe Birken aufgestellt

Auf dem Dach des Universitätsgebäudes am KU-Campus Ingolstadt wurde eine weitere Falle installiert; diese misst die sogenannte Hintergrundkonzentration der Pollen als zweistündige Werte. Außerdem wurden in der Nähe von 20 Birken kleine Luftschadstoffsammler angebracht.

Alle Messdaten werden mit dem jahreszeitlichen Entwicklungsstand der Pflanzen und meteorologischen Parametern in Verbindung gesetzt. „Wir möchten auch besser verstehen, wie städtische Strukturen die Gesundheit von Menschen beeinflussen“, beschreibt Jochner-Oette die Zielsetzung des Projekts. Im Rahmen des Forschungsprojekts wird ein dreidimensionales Stadtklimamodell eingesetzt, um die Pollenverteilung in Ingolstadt zu simulieren und mit tatsächlichen Messungen zu vergleichen.

Stadtplanung und Allergien

Die Auswirkungen des Klimawandels auf Pollenmenge und Pollenallergenität hat Susanne Jochner-Oette auch in dem jüngst erschienen Klimabericht für Deutschland beschrieben. Sie ist Mitautorin des Kapitels „Klimawandel und Gesundheit“ und stellt unter anderem dar, dass nicht nur die Pollenmenge aufgrund des Klimawandels und der erhöhten Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre zugenommen hat, sondern auch die Allergenität der Pollen mancher Arten gestiegen ist, was zu häufigeren und schwereren allergischen Reaktionen führt. Weiter weist der Aufsatz auf die Problematik der Ausbreitung so genannter invasiver Pflanzenarten wie der Ambrosia hin, die bis in den Herbst blühen, wodurch fast ganzjährig allergene Pollen in der Luft zu finden sind. Und schließlich deutet der Beitrag auch auf die Bedeutung von strategischer Stadtplanung als Werkzeug gegen Allergien hin: Durch die Auswahl bestimmter Baumarten etwa kann die Belastung durch allergene Pollen reduziert werden – ein praktischer Ansatz zur Minderung von Allergierisiken.

DK