Gefechte mit Worten und Regenschirmen

Leni Brem-Keil inszeniert „Das ist keine Bank“ im Altstadttheater

19.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:47 Uhr

Mit allen Mitteln versuchen Tom (Jörn Kolpe) und Alex (Martin Müller), ihren Anspruch auf die Parkbank durchzusetzen. Aus den Wortgefechten wird bald ein handgreiflicher Konflikt. Foto: Wobker

Mit „Das ist keine Bank“ hat Keir McAllister eine schwarze Komödie über die Suche nach einem sicheren Ort in einer bedrohlichen Welt geschrieben. Unter der Regie von Leni Brem-Keil feierte das Stück am Freitagabend im Altstadttheater vielbeklatschte Premiere.

Irgendetwas ist passiert. Denn der Mann, der gerade durch den herbstlich-düsteren Tag taumelt, befindet sich in einer emotionalen Ausnahmesituation. Er ist sichtlich durcheinander. Er keucht. Er ringt nach Atem. Kurz vor dem Zusammenbruch rettet er sich auf eine Parkbank. Und findet dort nach einiger Zeit Ruhe. Hört dem Vogelzwitschern zu. Genießt die Stille. Das Alleinsein. Die Natur. Schöpft neue Kraft. Als er wieder geht, weiß er schon, dass er wiederkommen wird. Szenenwechsel: Die gleiche Bank. Ein anderer Mann. Er legt Blumen ab. Verharrt einen Moment. Und geht. Man ahnt es schon: Die beiden Männer werden sich treffen. Und kämpfen um diesen Ort, der für jeden von ihnen eine andere Bedeutung hat. „Das ist keine Bank“ heißt das Stück von Keir McAllister, das Leni Brem-Keil für ihr Altstadttheater ausgewählt hat. Die Premiere am Freitagabend wurde lange beklatscht.

„Das ist keine Bank“: Dieser Satz wird noch mehrfach im Verlauf des Abends fallen. Alex wird ihn beharrlich wiederholen. Nein: schreien. Denn für ihn ist diese Bank eine Gedenkstätte, die ihn an seine glücklichste Zeit erinnert – und an seine größte Schuld. Für Tom ist die Bank der Ort, an dem er Frieden gefunden hat. Ein Ort, an dem er ganz bei sich sein kann. Könnte. Wenn es da nicht Alex gäbe.

Zwei Männer streiten sich um eine öffentliche Parkbank – und ihre Bedeutungshoheit. Daraus hat der Schotte Keir McAllister eine schwarze Komödie gemacht, die nicht nur unterhaltsam, sondern auch tiefgründig ist. Und vor allem herrliche Ping-Pong-Dialoge bereithält. Jörn Kolpe und Martin Müller schlüpfen in die Rollen der beiden höchst unterschiedlichen Männer, liefern sich grandiose Wortgefechte, spielen sich mit Verve durch die verschiedenen Eskalationsstufen, die in einer tätlichen Auseinandersetzung mit Schirm und Klappstuhl ihren Höhepunkt (oder Tiefpunkt?) finden.

Regisseurin Leni Brem-Keil setzt das alles mit Witz, Tempo, perfektem Timing und vor allem einem feinen Gespür für die kippeligen Stellen in Szene. Denn beide Männer leiden unter psychischen Belastungen, tragen schwer an etwas, was sich aber – je nach Typ – unterschiedlich äußert.

Jörn Kolpes Tom ist eine Art moderner Buster Keaton, der mit körperlichem Humor die unglaublichsten Verrenkungen ausführt, aber fähig ist zur Empathie. Martin Müllers Alex ist dagegen ein Sprachakrobat, der in seiner Misanthropie schon fast autistische Züge angenommen hat. Wenn beide aufeinanderprallen, sorgt das für superbe explosive Theatralik. Und erzählt dabei viel von einer Gesellschaft im Zustand ständiger Empörung, in der die Aufregung über kleinste Dinge als moralischer Zorn auf alles schwappt.

Der Bühnenraum kommt mit wenig aus: eine Parkbank auf Rasenteppich, ein Mülleimer, herbstlich gefärbte Blätter, die bis ins Foyer gestreut sind. Dazu ein atmosphärischer Sound aus Vogelgezwitscher, Sturmdräuen, Regentropfen und Britpop – je nach Stimmungsumschwung.

Und davon gibt es jede Menge. Jeder der Männer trägt eine Geschichte mit sich herum, die sich peu à peu entblättert, bis man am Ende – nach 90 Minuten – die Zusammenhänge versteht. Und auch, warum das da vorn keine Bank ist. Großer Applaus.

DK




ZUR PRODUKTION

Theater:

Altstadttheater Ingolstadt

Regie und Bühne:

Leni Brem-Keil

Kostüme:

Evi Pade-Bauch

Bühnenmalerei:

Tanja Stockhammer

Vorstellungen:

26. und 30. März, 15., 16.,

20., 22. April, 13., 14. Mai

Kartentelefon:

(0176) 32607265