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Ex-Diözesankomitee-Chefin Schlecht: „Es braucht Reformen“

Die Köschingerin hat sich aus ihren Ämtern verabschiedet - Was sie jetzt macht und das sie von Frauen in Weiheämtern hält

24.04.2022 | Stand 23.09.2023, 1:49 Uhr

Von Frauen für Frauen: Karin Schlecht liegt das Engagement für Frauenrechte am Herzen, wie sie im Gespräch mit unserer Zeitung deutlich macht. Foto: Schneider

Von Marco Schneider und Laura Schabenberger

Die Köschingerin Karin Schlecht hat sich aus ihren Ämtern verabschiedet -sie war Vorsitzende des Diözesankomitees im Bistum Regensburg sowie des Katholischen Frauenbunds.

Jetzt genießt sie Zeit mit ihren Enkeln und die Herausforderungen eines neuen Ehrenamts in ihrer Heimatgemeinde. Im Gespräch mit unserer Zeitung schildert sie, woher ihr Drang zum Engagement kommt, wie sie mit Gegenwind umgegangen ist und was sie von Frauen in Weiheämtern hält.

Frau Schlecht, vor 21 Jahren hat Ihre Karriere beim Frauenbund begonnen.

Karin Schlecht: Damals bin ich dem Zweigverein Kösching beigetreten. Aber nur, weil ich zum Frauen-Fasching des Frauenbunds gehen wollte, der legendär war. Danach waren Vorstandswahlen und ich hatte sofort ein Amt. Im gleichen Jahr ging es auf Bezirksebene, 2004 wurde ich in den Diözesanvorstand gewählt. Da habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, dass sich Frauen um Frauenthemen kümmern – gerade im politischen Bereich. Denn wer kümmert sich um uns, wenn wir selbst nichts unternehmen?

Interview mit Karin Schlecht im Video:



Woher kommt dieser Wunsch, sich einzubringen – gerade in Bezug auf Frauenrechte?
Schlecht: Ich bin schon so aufgewachsen. Mein Vater hat sich für Gleichberechtigung eingesetzt. Er war aktiv beteiligt an der Umsetzung „Frauen in gewerblichen Berufen“. Dadurch war das für mich schon immer ein wichtiges Thema – und der Frauenbund der ideale Verband: Wir Frauen im Frauenbund sind bemüht, dass Frauen in der Kirche sichtbarer werden und Leitungsämter bekommen. Natürlich wäre es unser Traum, dass sie gleichberechtigt kirchliche Ämter besetzen können – Weiheämter. Der Frauenanteil in der Bevölkerung müsste in der Leitung der Kirche abgebildet sein.

Viele Persönlichkeiten der katholischen Kirche teilen Ihren Wunsch nach Frauen in Weiheämtern nicht. Wie sind Sie mit vehementem Widerstand umgegangen?

Schlecht: Es gab Situationen, da habe ich gedacht, ich schmeiße alles hin. Aber nach reiflicher Überlegung komme ich dann immer wieder zu der Überzeugung, weiterzumachen. Man kann das Feld nicht den Menschen überlassen, die Veränderungen ablehnen.

Was braucht die katholische Kirche Ihrer Ansicht nach stattdessen?

Schlecht: Ich bin der Meinung, es braucht Reformen. Die Gesellschaft hat sich verändert – auch die Kirche muss sich anpassen. Oft höre ich das Argument „Ja, aber die Bibel“. Doch viele Sachen sind erst eingeführt worden, das steht nicht alles so in der Bibel.

Haben Sie Bischof Rudolf Voderholzer mit Ihren Ansichten konfrontiert?
Schlecht: Mit dem Bischof habe ich mich auf keine theologische Diskussion eingelassen, die Grundkenntnisse dafür habe ich nicht. Aber ich habe ihm gegenüber meinen Standpunkt immer offen vertreten. Er hat stets betont, dass wir gut miteinander auskommen, aber nicht die gleiche Meinung haben.

Sie sprechen unaufgeregt von verschiedenen Perspektiven, die dabei aufeinandergetroffen sind.
Schlecht: Wenn man immer auf sein Recht pocht und sich die Linien verhärten, dann bringt das nichts – dann kommt man überhaupt nicht weiter.

Mitten in einer stürmischen Zeit haben Sie Ihre Ämter niedergelegt. Wie ist es, sich genau dann zu verabschieden?

Schlecht: Ich bin mit einem lachenden und einem weinenden Auge gegangen, aber mit Erleichterung. Wir haben als Frauenbund das K – KDFB. Und als katholischer Verband haben wir Frust über den allgemeinen Zustand der Kirche abbekommen. Die Leute trennen das nicht.

Die Erhöhung des Mitgliedsbeitrags hat für zusätzlichen Unmut gesorgt.
Schlecht: Der Beitrag war zehn Jahre fest bei 25 Euro. Wenn man die Inflation betrachtet, war es an der Zeit, diesen wieder zu erhöhen. Und wir sprechen immerhin von einem Jahresbeitrag: Wir sind heuer bei 32 Euro, ich denke, den kann man sich leisten. Der Frauenbund hat viele Angestellte, die zum Teil vom Ordinariat zur Verfügung gestellt, zum Teil aber auf Verbandskosten bezahlt werden. Wir haben natürlich den Anspruch, nach Tarif zu bezahlen. Die ehrenamtlichen Vorstandsfrauen sind auf die Zuarbeit der Mitarbeiterinnen angewiesen. Und wir bieten auch wieder viel für unsere Zweigvereine: Die Mitgliedsbeiträge wenden wir zum Beispiel für Arbeitshilfen zu den Jahreskreis-Festen auf.

Gehen Sie davon aus, dass sich der KDFB vom allgemeinen Frust erholen kann?
Schlecht: Ich hoffe, dass es gut weitergeht. Es wird sicherlich in den nächsten Jahren nicht einfacher – aber das kommt auch darauf an, wie sich die kirchliche Situation entwickelt. Das ist ein Zusammenspiel.

Was wird Ihnen aus den vergangenen Jahren besonders in Erinnerung bleiben?

Schlecht: Es gab viele Highlights. Angefangen hat es 2014 mit dem Katholikentag in Regensburg: Wir hatten im Vorfeld Ausstellungen zu Zwangsprostitution und Frauenhandel, die große Aufmerksamkeit erregt haben. Als Frauenbund haben wir die Kollekten-Gelder des Katholikentags erhalten, der Bischof hat den Betrag aufgestockt und mit dem Geld konnten wir in Regensburg eine Solwodi-Beratungsstelle eröffnen. Solwodi kümmert sich um Frauen, die der Zwangsprostitution oder dem Frauenhandel ausgeliefert sind – und mittlerweile verstärkt auch um Asylbewerberinnen.

Viele Jahre waren Sie so stark in das Ehrenamt eingebunden. Nun legen Sie Ihre Ämter nieder. Wird Ihnen jetzt langweilig?

Schlecht: Ich habe zwei Enkelkinder und mein Sohn hat mitbekommen, dass die Oma mehr Zeit hat. Außerdem bauen wir gerade ein Seniorenhäuschen, mit dem wir im Alter weniger Arbeit haben.

Kommen Sie wirklich ganz ohne Ehrenamt aus?
Schlecht: In meinem Heimat-Zweigverein war ich die ganze Zeit sogenannte Kulturbeauftragte. Vielleicht darf ich das noch ein bisschen weiter machen. Und ich übernehme die Seniorengruppe in der Pfarrei – was Kleines. Das Ehrenamt macht wirklich Spaß.

DK