Ingolstadt
Eine Stadt sucht ihre Identität

Die Bürger sollen jetzt mithelfen, den „Markenkern“ von Ingolstadt herauszuarbeiten

22.02.2022 | Stand 23.09.2023, 2:38 Uhr

International ausgerichtet ist auch die THI. Insgesamt leben Menschen aus 150 Nationen in Ingolstadt. Doch bei aller Vielfalt: Was ist die Identität der Stadt? Das soll jetzt geklärt werden. Foto: Eberl

Von Bernhard Pehl

Ingolstadt – Die Ingolstädter, so befand Joseph von Hazzi 1802 in seinen „Statistischen Aufschlüssen über das Herzogthum Baiern“, seien rüstige Leute, aber „zur Dicke geneigt“. Und weiter: „Das weibliche Geschlecht ist nicht sonderlich schön, doch gesund und ziemlich schlank gewachsen.“ Die Stadt selbst, in der er einst studiert hatte, empfand der königliche Verwaltungsjurist damals als ziemlich groß und nicht schlecht gebaut. Sie habe „bequeme Gassen und ein artiges Aussehen“. Nur die „großen übelriechenden Wassergräben“ störten ihn gewaltig.

Man sieht: Jede Zeit fällt ihr ganz eigenes Urteil über Ingolstadt. 220 Jahre nach Hazzi ist die Stadt natürlich eine ganz andere. Bleibt nur die Frage, wie anders. Oder um es mit den Worte von Oberbürgermeister Christian Scharpf zu formulieren: „Was macht Ingolstadt aus?“ Die gute alte Schanz gibt es schon längst nicht mehr. Ingolstadt sucht seine Identität – und die Bürger sollen der Stadtverwaltung bei der Findung helfen.

Wo sieht sich Ingolstadt in den nächsten Jahren – und wie will die Stadt von außen wahrgenommen werden? Diese Fragen ließen sich nur beantworten, wenn klar sei, was denn Ingolstadt ausmacht. Menschen aus 150 Nationen leben derzeit in Ingolstadt, so der OB, der vor der Presse an die rasanten Veränderungen in den vergangenen Jahrzehnten und nicht zuletzt an das enorme Bevölkerungswachstum erinnerte. Es gelte, den „Markenkern“ zu definieren. Wenn man heute einen Fremden frage, was denn Ingolstadt ausmache, werden laut Scharpf im Regelfall neben Audi nur die beiden großen Sportvereine genannt. „Das ist ein bisschen wenig“, so der OB, der hier „Nachholbedarf“ konstatiert.

Mit dem Innenstadtprozess sei im Vorjahr die Bevölkerung in die Gestaltung des Stadtkerns einbezogen worden. Im Ergebnis kamen über 500 Ideen zur Stadt- und Innenstadtentwicklung heraus, von denen 25 seit Juli 2021 umgesetzt werden. Um nun die Stadtidentität und den „Markenkern“ Ingolstadts heraus zu arbeiten, startet die Stadt nun einen Prozess mit Bürgerbeteiligung. Damit soll die Grundlage für zukunftsorientierte Stadtentwicklung und ein „Standortmarketing neuer Qualität“ geschaffen werden.

Dafür zuständig ist Manuel Knill, verantwortlich für Standortmarketing und Tourismus. Er hat rund 120 Personen, die sich bereits für die „Marke Ingolstadt“ eingesetzt haben, angeschrieben und will in den nächsten beiden Monaten online acht runde Tische mit je acht Menschen besetzen, die sich dann jeweils drei Stunden lang damit beschäftigen sollen. So sollen Inhalte erarbeitet, Themen definiert und Strömungen festgehalten werden.

Im Anschluss an die Workshops findet eine digitale Bürgerbefragung statt. Ziel sei es, herauszufinden, inwieweit sich die Meinungen der Bevölkerung mit den Strömungen aus den Workshops decken oder welche Impulse noch hinzukommen. Im Juni werden die Ergebnisse öffentlich präsentiert. Auch Wirtschaftsreferent Georg Rosenfeld unterstrich die Bedeutung des Standortmarketings: Neben der Grundlage für die strategische Entwicklung gehe es darum, in einer wirtschaftlich starken Stadt die besten Köpfe nach Ingolstadt zu holen.

DK