Liederabend
Ein Heimspiel

Antje Rietz präsentiert ihren Caterina-Valente-Abend im Stadttheater Ingolstadt

20.02.2023 | Stand 17.09.2023, 2:35 Uhr

Ingolstadt – Woran entscheidet sich, ob jemand ein Star ist? Vielleicht daran, dass schon beim ersten Auftritt Jubel und Bravorufe aus dem Publikum ertönen – wie am Wochenende als Antje Rietz die Bühne des Stadttheaters Ingolstadt betritt. Aber bei ihr kommt noch etwas anderes hinzu: Die Berlinerin präsentiert zwar ein Gastspiel, einen Caterina-Valente-Abend. Aber eigentlich ist es ein Heimspiel. Denn die Schauspielerin und Musikerin ist seit Jahren in der Donaustadt ein Publikumsliebling. Man spürt förmlich im völlig ausverkauften Großen Haus, wie das Publikum vor Erwartung und Vorfreude vibriert. Die Besucher wissen: Wenn Antje Rietz einen Abend gestaltet, wenn sie mit strahlendem Lächeln erscheint, kann das nur ein Riesenvergnügen werden. Als sie nach fast zwei Stunden Musik, Tanz, ein wenig Akrobatik „Auf Wiedersehen“ singt, stöhnt fast der ganze Saal vor Enttäuschung. „Die machen das echt gut hier mit mir“, säuselt die Sängerin dankbar.

Diesmal also Lieder von Caterina Valente. Und die scheinen der Rietz auf den Leib geschrieben zu sein. Wenn Sie am Anfang den Schlager „Musik liegt in der Luft“ singt, dann wirkt das so souverän, so locker, als hätte Rietz in ihrem Leben nie etwas anderes gemacht. Völlig entspannt steht sie da, bewegt sich kaum, aber jedes kleine Wippen mit den Hüften ist genau und treffsicher ein ironischer Kommentar zu dem Schlager. Kein Zweifel: Hier wird nichts wirklich ernst genommen, alles ist ein Spiel. Einen Abend lang wird nur die heile Welt zelebriert, alle Probleme dieser Welt sind meilenweit entfernt, dafür amüsiert man sich über den witzig-rosaroten Blick auf die Exotik fremder Länder, über lustig-einfältige Liedtexte, über das Flair der 50er Jahre.

Das Wunderbare an Antje Rietz ist die distanzierte Leichtigkeit, mit der sie diese Lieder singt, immer mit einem Lächeln auf den Lippen, als wenn sie das alles gar nicht so ernst nehmen würde, als wenn sie das nur so vorführt – aber mit höchster Virtuosität und Perfektion. Und das Publikum kommt dabei aus dem Schmunzeln kaum heraus.

Langweilig wird der Abend aber auch deshalb nicht, weil Caterina Valente eine so vielseitige Künstlerin war. Da gibt es weit mehr zu hören als nur Schlager – nämlich Jazz, Bossa Nova und anderes. Und Antje Rietz ist diesen Herausforderungen jederzeit gewachsen – wenn sie mit rauchiger Stimme „Take the train“ singt, dann wieder geradeheraus einen Schlager wie „Tipitipitipso“ oder sich mit Verve in einen Twist von Bill Hayley stürzt – und dabei mit viel Augenzwinkern tänzelt und über die Bühne springt. Und abwechslungsreich ist das Konzert auch, weil Rietz zu verschiedenen Instrumenten greift, mal mit ein paar Schlägen auf dem Xylofon einem Lied ein spezielles Funkeln verleiht, dann sich an der Ukulele begleitet oder absolut hinreißend Trompete spielt. Was für ein Multitalent!

Völlig aus dem Häuschen gerät das Publikum als Rietz auch noch auf den Kontrabass von Moe Jaksch klettert und gleichzeitig triumphierend die Trompete bläst. Überhaupt die Band. Nicht nur dass Ferdinand von Seebach wunderbar Klavier spielt, ebenso hinreißend begleitet er an der Posaune. Jaksch hingegen wendet sich für einige Songs auch der Hawai-Gitarre zu und verströmt mit gewagten Glissandi 50er-Jahre-Exotik.

Ganz am Ende gerät Antje Rietz immer mehr in Fahrt, springt immer verwegener über die Bühne. Eine Stimmungskanone, der der Auftritt sichtlich Spaß macht. Wahrscheinlich auch, wegen des Ingolstädter Publikums, das begeisterter kaum sein könnte.

DK