Kösching
Der ewige Schlaf

Köschinger Kunstwerke: Zwei Epithaphe für Geistliche

30.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:00 Uhr
Friedrich Lenhardt

Die Verzierungen der Epitaphe zeugen von großer Könnerschaft des Köschinger Bildhauers Andreas Schmid. Foto: Lenhardt

Der Köschinger Friedhof ist nicht mehr reich an künstlerisch bedeutenden Zeugnissen des Kultes um das Sterben, da die Gemeinde allzu respektlos in vergangenen Zeiten mit diesen umgegangen ist. Schmiedekunst vertreten einige wenige, museal aufgestellte Grabkreuze. Abgerissen wurde 2000 das historische Leichenhaus von 1897, verschwunden sind die Fresken des Köschinger Malers Johann Baptist Stegmüller in der Friedhofskapelle, verworfen wurden die Sterbeerinnerungen an wichtige Personen, die dort in Ehrengräbern beigesetzt waren. Sie wurden mit der Begründung entfernt, die Grabpflege nässe allzu sehr die Mauern . Auf der Giebelseite sind aber die Grabplatten Köschinger Priester noch erhalten geblieben.

Links vom Eingang ist ein geschwisterliches Epitaphienpaar eingemauert. Eines erinnert an den letzten Köschinger Frühmess-Benefiziaten Franz Michael Loibl, der am 10. März 1882 starb. Er war hier 44 Jahre Frühmesser und wurde zu seiner Sekundiz mit der ersten Ehrenbürgerwürde des Marktes bedankt. Darauf bezieht sich auch die Bemerkung auf seiner Grabtafel: „Gewidmet von der dankbaren Marktgemeinde Kösching.“ Klein und unten steht der Name „Schmid“.

Das zweite Grabmal gilt dem Ortspfarrer Joseph Dinauer, der am 13. Mai 1879 verstarb. Darauf steht ebenfalls unten und für die künstlerische Urheberschaft beider Denkmale wesentlich: „And. Schmid. Steinmetzmeister in Kösching.“ Mit dieser Signatur als Basis beginnen die Quellen des Marktarchivs zu sprechen.

Ein künstlerisch begabter Steinmetz

Nach den Gewerbeakten meldete sich Andreas Schmid zum 29. Juni 1879 als „Steinmetz ohne Gehilfen“ in Kösching an. Er war in Württemberg beheimatet und wohnte in Kösching auf Haus Numero 23 in der heutigen Kugelstraße. So scheint das Dinauer-Epitaph, das er aus Werbungsgründen so ausführlich bezeichnete, sein Auftrittswerk für Kösching zu sein. Schmid stellte sein wirtschaftliches Fortkommen auf eine breitere Basis. 1880 meldete er sich zusätzlich als Maurer an und vergrößerte seinen Betrieb 1881 mit drei Gesellen. Das machte offenbar den Wechsel auf Haus Numero 152 ½ erforderlich, zumal er 1885 sein Wirkungsfeld mit Schreinerarbeiten und als Maler und Vergolder noch ausweitete. 1891 wurde nur mehr seine Abmeldung vermerkt: „Ist nach Gerolfing verzogen“.

Der Schmuck beider Grabplatten unterstreicht seine Berufsbezeichnung als Bildhauer. Es erstaunt, zu welch künstlerischer Leistung ein Köschinger Handwerker zur damaligen Zeit fähig war. Das lässt auf eine akademische Ausbildung schließen.

Antike Symbole

Schmid verwendete Symbole, die von alters her für Priester geläufig waren: Kelch mit Hostie, Buch, Stola. Abweichend von solcher Tradition wählte er florale Motive. In der überdurchschnittlich qualitätvollen Ausarbeitung erkennt man Rosen, Weinlaub mit Trauben und Efeu. Überraschend ist Mohn mit Mohnkapseln zu bestimmen. Er liegt dem Giebelbogen auf. Rosen und Wein waren gängige kirchliche Symbole; Efeu und Mohn kommen aus dem weltlichen Bereich. In der christlichen Pflanzensymbolik, die im Mittelalter entwickelt wurde, ist der immergrüne Efeu ein Symbol der Treue, der Unsterblichkeit und des ewigen Lebens. Auch wenn wir uns darüber meist nicht bewusst sind, werden wir heute noch von dieser Symbolik beeinflusst – Efeu findet sich besonders häufig als Grabbepflanzung. Mohn bedeutet Schlaf und Tod; in der Antike war er Symbol für den Schlaf, den Zwillingsbruder des Todes. Dazu gehört Morpheus, der Sohn des Gottes des Schlafes Hypnos. Die Mohnkapsel war sein Symbol. Der isolierte Wirkstoff der Schlafmohnsamen erhielt die Bezeichnung Morphin.