Ingolstadt
Er war bei Hafttermin aus Fenster gesprungen: Bewährungsstrafe für Kirchendieb

23.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:51 Uhr

Erfolgloser Fluchtversuch: Aus einem der Fenster im ersten Stock des Amtsgerichts ist der Angeklagte rund fünf Meter in die Tiefe gesprungen. Foto: Müller

Ein 40 Jahre alter Mann bricht bei der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde St. Lukas in Ingolstadt ein. Obwohl er bereits mehrfach wegen Diebstahls in Haft war, hält Amtsrichterin Christina Dumler eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten für ausreichend. Ein früherer Fluchtversuch des Angeklagten hat sich auf die Strafe nicht ausgewirkt.



Die Anklagevorwürfe würden „in vollem Umfang eingeräumt“, erklärte Verteidiger Klaus Wittmann zu Beginn der Verhandlung am Donnerstag. Sein Mandant habe „kein Geld mehr“ gehabt. Er habe damals Drogen genommen, ergänzte der Angeklagte. Wegen des Geständnisses hat Richterin Dumler darauf verzichtet, eine Angestellte und den Pfarrer der Kirchengemeinde über den Einbruch in der Nacht zum 18. November 2019 zu befragen.

DNA-Spur führte zum Verdächtigen

Ein Polizist berichtete, dass der Angeklagte mit einem tennisballgroßen Stein ein Fenster zum Pfarrbüro eingeworfen und anschließend das Büro „komplett durchwühlt“ hat. Seine Beute: ein Beamer, 100 Euro aus der Kollekte und mehrere kleine Kreuze. Laut Anklage hat der 40-jährige Ingolstädter dabei einen Schaden von 500 Euro angerichtet. Gut erinnern konnte sich der Polizist an Münzgeld, mit dem der Angeklagte offenbar nichts anfangen konnte und das er „im Klo versenkt“ habe. DNA-Spuren auf dem Stein und an mehreren Stellen im Büro hätten auf die Spur des polizeibekannten 40-Jährigen geführt.

Dass der 40-Jährige kein unbeschriebenes Blatt ist, wird durch das Vorstrafenregister bestätigt: 18 Eintragungen finden sich dort. Häufig ging es um Drogen, überwiegend aber um Diebstähle. Der Ingolstädter war deshalb schon mehrfach in Haft. Dass er abermals rückfällig geworden ist und sich sogar aus dem Klingelbeutel bedient hat, sei „kein Ruhmesblatt“, sagte Dumler bei der Urteilsbegründung. Das sah auch der 40-Jährige seinem letzten Wort so: „Unter aller Sau, was ich gemacht hab’.“ Dennoch war die Richterin gnädig: Sie glaube ihm, dass er die Tat „wegen Suchtdruck und wirtschaftlicher Not“ begangen habe und vertraue ihm, dass er keine weiteren Straftaten begehen werde. In der Bewährungszeit muss der 40-Jährige, der angab, gegenwärtig „clean“ zu sein, regelmäßig zur Drogenberatung. Auf freien Fuß kam er zunächst dennoch nicht, weil er in anderer Sache noch eine Ersatzfreiheitsstrafe abbüßt. Zudem ist der Hartz-IV-Empfänger zur Zahlung von 880 Euro an die Kirchengemeinde verurteilt worden.

Fluchtversuch aus dem Amtsgericht scheitert

Keine Rolle hat gespielt, dass der Angeklagte bei der Eröffnung des Haftbefehls vor mehreren Wochen fliehen wollte – und aus einem Fenster im ersten Stock des Amtsgerichts gesprungen ist. Weit ist er nicht gekommen: In der Nähe des Insolvenzgerichts konnten ihn die Vorführbeamten wieder festnehmen. Offenbar hat er sich dabei jedoch erheblich verletzt: Jedenfalls kam er zur Hauptverhandlung mit Krücken.

Wie Dumler betonte, sei eine neuerliche Bewährungsstrafe bei den Vorstrafen des Angeklagten „keineswegs üblich“. In der Tat: Vor Kurzem hat das Schöffengericht eine 26 Jahre alte Mutter zu zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt, weil sie im Internet Sachen für ihre Kinder bestellt hat, obwohl sie wusste, dass sie nicht zahlen konnte. Wie der 40-Jährige war auch die junge Mutter einschlägig vorbestraft – allerdings nicht 18-fach, sondern nur einfach.

DK