Ingolstadt
Arbeitsmarktzulage ist noch keine beschlossene Sache

Fraktionen äußern sich vor dem Finanzausschuss

23.05.2022 | Stand 22.09.2023, 23:20 Uhr

In Ingolstadt herrscht Not bei Erziehern: Es gibt zu viele offene Stellen. Die Stadt will jetzt mit einer Arbeitsmarktzulage reagieren. Im Stadtrat ist man sich über die Einführung nicht einig. Foto: Gollnow, dpa

Von Marco Schneider

Ingolstadt – An der geplanten Arbeitsmarktzulage für Erzieherinnen und Erzieher in Ingolstadt scheiden sich auch die Geister in den Stadtrats-Fraktionen. Die CSU beispielsweise hat sich vor der ersten Beratung im städtischen Finanzausschuss am Dienstag, 24. Mai (Beginn: 16 Uhr, Audio-Live-Stream über www.ingolstadt.de/live), noch nicht festgelegt, ob sie der Zulage zustimmen will.

Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD) hatte die Arbeitsmarktzulage ins Spiel gebracht, um die mehr als angespannte Bewerberlage bei Erziehern und Fachkräften in Ingolstadt in Griff zu bekommen. Schon beim ersten Anlauf Anfang des Jahres gab es enormen Gegenwind aus den umliegenden Landkreisen, nun will der Ingolstädter OB die Zulage aber durch den Sitzungslauf bringen – erneut mit viel Gegenwind der Landräte und Bürgermeister aus der Region um Ingolstadt.

Genau darin sehen die Freien Wähler um Fraktionschef Hans Stachel ein großes Problem: Die Zulage schaffe eine Konkurrenzsituation in der Region, „die anderen Gemeinden um Ingolstadt sind nahezu verpflichtet, das Gehaltsniveau ebenfalls anzupassen, um Fachkräfte zu halten“, so Stachel in einer vom DK von allen Stadtrats-Gruppierungen erbetenen Stellungnahme. Ähnlich formuliert es Alfred Grob (CSU) und ergänzt: „Das wird den Erfolg der Zulage für Ingolstadt schmälern.“ Der Effekt einer solchen Zulage in München sei im Übrigen verpufft, so Stachel: „Unsere Landeshauptstadt leidet weiterhin unter dem Fachkräftemangel.“ Dem hält SPD-Fraktionschef Christian De Lapuente in seinem Statement gegenüber unserer Zeitung entgegen: „Der Anteil der unbesetzten Stellen in München konnte von 12,5 auf 10,4 Prozent gesenkt werden.“

FW-Vertreter Stachel findet allerdings, dass der bessere Ansatz „attraktivere Berufs- und Ausbildungsbedingungen und bessere Ausbildungsvergütungen“ seien. Da will auch die CSU ansetzen, wie Fraktionschef Alfred Grob sagte: „Das halten wir für wesentlich zielführender, als allein auf die Arbeitsmarktzulage zu setzen.“ Sie werde das Problem alleine nicht lösen, vielmehr brauche es weitere Maßnahmen. Die Kosten, die durch die Zulage für Ingolstadt entstünden, dürften nicht unerwähnt bleiben, so Grob: „Wenn wir den Fachkräftemangel ernst nehmen, müssten wir sämtliche Berufsgruppen, bei denen Mangel herrscht, eine Zulage zugestehen.“ Außerdem – auch hier sind sich CSU und FW einig – sei die Frage, ob sie am Ende der Befristung wieder auslaufen kann. Die vorübergehende Arbeitsmarktzulage – Scharpf will sie vorläufig bis 2025 befristen – sei „rausgeworfenes Geld“, so Stachel. Die Arbeitsmarktzulage ist aus Sicht der SPD dagegen „nicht nur ein Instrument, neues Personal zu gewinnen, sie ist auch eine Wertschätzung gegenüber dem bestehenden Personal.“

Die Grünen befürworten die Einführung: „Die Arbeitsmarktzulage ist aus der Not geboren, damit wir den Eltern die Betreuung anbieten können“, teilt Fraktionsvorsitzende Barbara Leininger mit. Sie könne den Unmut der Bürgermeister verstehen, aber: „Gegen den Personalmangel sind gemeinsame Maßnahmen wichtig, etwa wenn künftig in die Ausbildung neuer Fachkräfte auch regional gemeinsam investiert wird.“

ÖDP-Vertreter Raimund Köstler hätte sich ebenfalls einen einvernehmlichen regionalen Umgang mit dem Thema gewünscht, aber „die Zulage in überschaubarem Rahmen ist für Ingolstadt vertretbar“. Allerdings: Damit man das notwendige Personal schnell bekomme, müsse man „schneller ausbilden und die Ausbildungszeiten temporär verkürzen“, findet Köstler. UWG-Fraktionsvorsitzender Christian Lange sieht in der Zulage einen „wichtigen Bestandteil der Attraktivitätssteigerung“, man müsse auch im Blick auf das Umland bedenken, „dass die Lebenshaltungskosten in der Großstadt Ingolstadt teilweise höher sind“.

FDP und JU lehnen hingegen „eine nicht mit der Region abgestimmte Arbeitsmarktzulage ab“. Sie sei „prinzipiell ein hilfreiches Instrument“, sie dürfe aber keines sein, um dauerhaft bessere Bezahlung zu erreichen. Man solle vielmehr an der Willkommensprämie festhalten, teilt Jakob Schäuble namens der Ausschussgemeinschaft mit. Auch die Vorsitzenden der AfD-Stadtratsfraktion, Oskar Lipp und Günter Schülter, begrüßen die Arbeitsmarktzulage. Sie verlangen sogar eine höhere Zulage als die von der Verwaltung gefordert: „Wir könnten uns diesbezüglich einen Kompromiss von 15 Prozent, befristet auf vier Jahre, vorstellen.“

DK