Was sichtbar und was verschwunden ist

08.02.2009 | Stand 03.12.2020, 5:13 Uhr

Das Wandgemälde an der Hohen Schule stammt von Johannes Eppelein. Die Vorlage dafür fand er im Liebfrauenmünster.

Ingolstadt (DK) Stadtheimatpfleger Christian Dittmar ist immer für eine Überraschung gut. So auch am Samstag beim Rundgang auf den Spuren des Malers Johannes Eppelein. Dittmar lenkte den Blick der 30 Teilnehmer auf Verborgenes und zeigte auch Verschwundenes.

Aus aktuellem Anlass hatte der DONAUKURIER sehr kurzfristig zu diesem Rundgang eingeladen. Umso erfreulicher war es, dass dennoch 30 Interessenten am Brunnen vor der Hohen Schule warteten, um Eppeleins Kunst am Bau zu erkunden. Alle hatten daheim alles stehen- und liegen gelassen oder sogar andere Termine abgesagt, so wie Stuckateurmeister Armin Kost. "Wenn der Eppelein nichts mehr wert sein soll, dann könnt’ man die anderen Ingolstädter Maler wie Schröppler, Schneider oder den Kraus Lenz auch vergessen", meinte er mit Blick auf die aktuelle Debatte um das Graffito am Sanierungsobjekt Am Münzbergtor 1.

Bei der Restaurierung der Hohen Schule stand der Erhalt nicht zur Diskussion. Das Monumentalbild zeigt jedoch nicht, wie oft irrtümlich angenommen, eine Vorlesung. "Das sind doch keine jungen Studenten, sondern gestandene Mannsbilder", so Dittmars Hinweis. Vielmehr handele es sich um die Darstellung einer Promotion. Das Rätsels Lösung ist im Liebfrauenmünster zu finden: Eppelein wählte als Vorlage für sein Wandbild das Epitaph am Eingang zur Sakristei, das Johannes Permetter ehrt, der 1473 als erster den Doktorgrad der Theologie an der Landesuniversität erhielt.

Firmenlogo

Die Fassade des Poppenbräu, der die Theresienstraße kulissenartig abschließt, ziert eine Figur, die an das Firmenlogo der ehemaligen Brauerei Schäffbräu erinnert. "Es handelt sich um eine so genannte Putzrissarbeit", erklärte Dittmar und zog eine Zeichnung aus dem Rucksack: Der große Herold, der früher den Huglwirt zierte. "Das war eine der letzten Arbeiten Eppeleins, und sie ist sang- und klanglos verschwunden."

So geschah es auch in der Matthäuskirche. "Dort hat sich Eppelein, der evangelisch war, in der damals einzigen protestantischen Kirche der Stadt eingebracht", erzählte Dittmar. Die Chorfenster gingen im Krieg zu Bruch, später, vermutlich im Zuge der Generalsanierung, verschwanden die Malereien: der Moses mit den Gesetzestafeln und der Triumphbogen mit den fliegenden Engeln. 1986 wurde die Kirche erneut saniert, aber es gelangt nicht, die Kunstwerke wiederherzustellen. Übrig blieb nur der Prophet Jesaja an der rechten Emporenwand. "Der Prophet im eigenen Land gilt eben nichts", kommentierte Dittmar den Umgang mit Eppeleins Werk.

Panther am Rathaus

Wie sehr die Ingolstädter den akademisch ausgebildeten Maler einst schätzten, zeigt, dass er damit beauftragt wurde, die Fassade des Alten Rathauses zu gestalten. An der Seite zur Moritzstraße sind Inschriften mit Angaben zur Stadtgeschichte sowie Wappen und der Ingolstädter Panther zu sehen. Elfriede Späth-Werner, die mit der Familie Eppelein bekannt war, erinnerte sich: "Die Tochter Liesl hat mir einmal erzählt, wie sie ihr Vater damals mit aufs Gerüst genommen hat."

Für den Stadtheimatpfleger ist Kunst am Bau mehr als Dekoration. "Der historische Wert ist für mich gleich bedeutend wie der künstlerische Rang", meinte Dittmar am Ende des Rundgangs. "Man sollte mit dem Verschwindenlassen sehr vorsichtig sein, denn oft bringt man danach nichts Besseres zuwege." Eine Äußerung, der die Zuhörer ebenso wie der aufschlussreichen Führung viel Beifall zollten.