Sechs weiße Weihnachten in 25 Jahren

20.12.2007 | Stand 03.12.2020, 6:15 Uhr

Seit 25 Jahren Wetterfrosch: Josef Braun kontrolliert jeden Morgen den Niederschlag mit dem Hellmannschen Regenmesser. - Foto: Rössle

Ingolstadt (amb) Mit einem Blick in seine Tagebücher, die in blassgrünen Karton eingebunden sind, weiß Josef Braun sofort, wie das Wetter in den vergangenen 25 Jahren war. Der 19. August 1987 beispielsweise war ein nasser Tag, der Boden in Ingolstadt war feucht, am frühen Morgen hatte es geregnet.

Seit 1982 steht im Garten der Familie Braun die Niederschlagsmessstation mit der Kennnummer 90613, die jeden Morgen Punkt 7.30 Uhr abgelesen wird. Wenn Schnee liegt, warten noch andere Aufgaben auf Braun: Eine Fläche von einem Quadratmeter muss freigeschaufelt werden. "Da wird dann jeden Tag die Höhe des Neuschnees gemessen", erklärt der Hobby-Meteorologe, der im Hauptberuf die Grundschule an der Pestalozzistraße leitet.

Doch zu schaufeln gab es in den vergangenen 25 Jahren – zumindest an Weihnachten – nicht sehr viel: Nur sechs Mal in 25 Jahren konnten sich die Ingolstädter über Schneeflocken am Heiligen Abend freuen. "Schnee gab es 1981, 1986, 1996, 1999, 2001 und 2005. Im Jahr 1990 lagen nur Schneereste", weiß er. Der meiste Schnee fiel im Jahr 1981 – 15 Zentimeter. 2005 war die Schneedecke nur drei Zentimeter dick.

"Das hier ist der Niederschlagssammler", erklärt Braun und zeigt auf einen silbernen Trichter, dessen Öffnung in eine kleine Kanne führt, in die der Regen tropft. "Ich fülle das dann in dieses Röhrchen. Steht das Wasser darin zum Beispiel zehn Millimeter hoch, heißt das, dass auf den Quadratmeter Boden zehn Liter gefallen sind." Für das Ablesen der Skala gibt es genaue Regeln, die einst vom Meteorologen und Klimatologen Gustav Hellmann eingeführt wurden, weshalb das Gerät auch Hellmann-Regenmesser genannt wird.

Egal, welches Wetter in Ingolstadt herrscht, das Gerät muss immer kontrolliert werden. Dabei bekommt Braun tatkräftige Unterstützung von seiner Frau Marianne. "Bevor es zur Arbeit geht, heißt es immer noch ,Ist das Wetter gemacht’", erzählt Marianne Braun. Sie schreibt auch oft die Monatsberichte für den DWD, die bürokratisch genau mit drei Durchschriften jeden Monat abgegeben werden müssen. Eine solch akribische Buchführung ist aber nötig, da der DWD im Monat rund 300 Gutachten für Versicherungen oder Privatpersonen bei Wetterschäden erstellt. "Früher haben die Leute auch bei uns angerufen und wollten Auskünfte", klagt Marianne Braun. Allerdings sei die Weitergabe solcher Daten verboten.

Dabei hätte Wetterfrosch Braun einiges zu erzählen: In seinen Tagebüchern sind Niederschlag, Uhrzeit und auch die Windstärken erfasst. "Am 18. Januar 2007 hatte ich mittags um 13.30 Uhr schon Windstärke 6", erzählt Braun. Damals fegte der Sturm Kyrill über die Stadt. In seinem blauen Ordner finden sich die Merkmale für Böen, Sturm oder einen Orkan, der erst ab Windstärke 12 als solcher bezeichnet wird.

Auch ein Hagelschauer blieb Brauns Frau besonders im Gedächtnis: "Eigentlich wollten wir den Geburtstag von meinem Mann feiern, und dann mussten wir eimerweise Hagelkörner zur Seite tragen."

Zu seinem 25. Dienstjubiläum wurde Josef Braun nun vom DWD geehrt. Karlheinz Schmitt von der DWD-Niederlassung in München kam am Mittwoch extra in Ingolstadt vorbei, um ihm eine Plakette und eine Urkunde zu überreichen.

Dieses Jahr müssen die Ingolstädter an Weihnachten wohl nicht Schnee schippen. Er könne zwar keine genauen Prognosen machen, sagt Josef Braun, aber eins sei sicher: Weihnachten bleibt heuer grün.