Ingolstadt
Das Urteil lautete auf Sanierung

Ein instabiles Dach macht das Amtsgericht im historischen Kaisheimer Haus zur Großbaustelle

31.03.2014 | Stand 02.12.2020, 22:52 Uhr

Die angefaulte Mauerlatte ist inzwischen ausgetauscht, der Dachstuhl stabilisiert: Amtsgerichtsdirektor Herbert Krammer inspizierte mit der Projektleiterin des Staatlichen Bauamtes das Kaisheimer Haus. Das denkmalgeschützte Gebäude mit den Eckerkertürmchen samt Zwiebelhauben (links unten) besitzt auch Rocaille-Malereien an der Fassade. Im Inneren wurde auch eine Sicherheitsschleuse eingebaut - Fotos: Rössle

Ingolstadt (DK) Fast noch öfter als die bösen Buben auf der Anklagebank sind an der Harderstraße aktuell jene Bauarbeiter ein Thema, die das Amtsgericht sanieren.

Im historischen Kaisheimer Haus spielt die Musik im Moment unter dem Dach, wo die sogenannte Mauerlatte stark angefault war. Wenn Mozart das noch erlebt hätte. Als er sich – wie es überliefert ist – möglicherweise im Dezember 1778 für eine Nacht in Ingolstadt bettete, waren die Zustände natürlich noch ganz andere. Das Gebäude an der Harderstraße war das erste Haus am Platze und als Stadthaus des Klosters Kaisheim prächtig herausgeputzt. Ganz so viel Glanz versprüht das Gebäude heute nicht mehr. Inzwischen gehört der historische Bau längst wieder Vater Staat. Seit einem Vierteljahrhundert ist hier ein Teil des Amtsgerichts untergebracht.

Als sich vor längerer Zeit Risse in den Bürodecken und auch der Außenfassaden zeigten, konnte das Urteil dort nur lauten: Sanierung. „Das war schon Thema, als ich noch gar nicht da war“, sagt Herbert Krammer, der Amtsgerichtsdirektor. Der Zucheringer besitzt eine besondere Verbindung zu dem Anwesen, das einst nachweislich den Gebrüdern Asam gehört hatte (1527–1569) und um 1600 als Stadtpalast der Fugger ausgebaut wurde. „Ich war schon als junger Staatsanwalt hier drin“, sagt Krammer. Das war zu jener Zeit, als die letzte Generalrenovierung (84/85) des Kaisheimer Hauses in Angriff genommen worden war.

Vergleichsweis klein scheint vermeintlich das laufende Projekt, doch die rund 700 000 Euro teure Dachsanierung ist nicht minder aufwendig. Bei den Untersuchungen stellte sich heraus: „Die Mauerlatte an der Traufe war verfault“, heißt es dazu vom zuständigen Staatlichen Bauamt in Ingolstadt. „Im schlimmsten Fall hätte es statische Probleme gegeben.“ Das Dach ist instabil. Es hätte sich gesenkt. Ein größeres Stück Putz könnte im Gebäude oder an der Fassade einfach mal abbrechen. „Das kann in ein paar Wochen oder Monaten passieren – oder schon morgen.“ Es musste also gehandelt werden.

Seit vergangenem September sind die Bauarbeiter nun dran, im Mai soll das Werk vollendet sein. Die eingemauerte Holzlatte an der Traufe ist auf der kompletten Länge des Gebäudes ausgetauscht worden; dazu noch historische Balken des Schrägdachs, die schon hunderte Jahre alt sind, wie die Prägungen im Holz beweisen. „Das war für uns auch etwas Besonderes, eine schöne Maßnahme mit dem Denkmalschutz“, berichtet Baudirektorin Regina Gerken, die Bereichsleiterin für den Hochbau. „Es ist auch wirklich alles gut gelaufen.“

Das bestätigt Georg Endlich, der Geschäftsleiter des Amtsgerichts, nur zu gerne: „Durch die Einhausung und den milden Winter haben die das blitzschnell über die Bühne gebracht.“ Auch Direktor Herbert Krammer lobt: „Alles ist weitgehend ohne Beeinträchtigung unserer Arbeit gelaufen.“ Das Dach wurde natürlich bei laufendem Gerichtsbetrieb saniert. „Die lärmintensiven Arbeiten waren aber am Wochenende“, sagt Krammer. Zum Ende werde es aber „noch einmal kritisch“. Denn das Registergericht und das Nachlassgericht, die im 2. Stock sitzen, dürften sehr wahrscheinlich unter den anstehenden Eingriffen leiden. In den Büros dort sind die Risse am deutlichsten sichtbar. Die Mitarbeiter müssen vorübergehend ihre Schreibtische räumen, bis die Mauern geflickt sind. Dafür hätte sicherlich auch Mozart Verständnis gehabt.