Ingolstadt
Das Geheimnis der Grünen Soße

29.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:03 Uhr

Ingolstadt (DK) 1978 hat Uwe Motzkus seine Frau Christel kennengelernt. Und mit ihr die Frankfurter Grüne Soße. Beiden ist Uwe Motzkus bis heute treu geblieben. Seiner Frau sowieso. Der Grünen Soße nicht minder. Und zwar so und nur so, wie seine Frau sie zubereitet. Und nicht anders.

Denn um die "Grie Soß", wie die Frankfurter sagen, gibt es viele Geschichten und Legenden sowie jede Menge Rezepte. Christel Motzkus ist übrigens eine waschechte Frankfurterin. Wenn sie von der "Grie Soß" erzählt, hört man das noch deutlicher als sonst.

Das eigentliche Geheimnis der Frankfurter Grünen Soße liegt ganz offenbar in der Zusammenstellung der Kräuter, die man dafür verwendet. Auf den Märkten in Frankfurt, erzählt Christel Motzkus, gibt es oft schon fertige Mischungen, die gebündelt und in Papier eingerollt, angeboten werden. Zum Beweis dafür hat sie so ein Papier mitgebracht, dem man ansieht, dass es schon Jahrzehnte alt ist. Nicht irgendein Papier. Eines mit einem aufgedruckten Text, aus dem man viel erfährt über die "Echte Frankfurter Grüne Soße", wie das Ganze überschrieben ist. "Bestehend aus: Petersilie, Schnittlauch, Kerbel, Kresse, Pimpernelle, Sauerampfer, Borasch je nach Jahreszeit". Und da scheiden sich bereits die Geister. Auf dem Wochenmarkt nämlich bietet zum Beispiel die Gärtnerei Ziegler eine fertige Kräutermischung an, in der auch Estragon enthalten ist. "Um Gottes Willen, kein Estragon", sagt Christel Motzkus. Und eine Journalistenkollegin, die regelmäßig mit ihrem Mann – einem Ingolstädter Hochschulprofessor – den Markt besucht, berichtet gar davon, dass ihre Grüne Soße wegen des starken Estragongeschmacks bei der Geburtstagsfeier ihres Schwiegervaters gar nicht gut angekommen ist.

Aber wahrscheinlich ist das Ganze ohnehin Geschmackssache. Denn die Frankfurter Kochkünstlerinnen des 19. Jahrhunderts, Wilhelmine Rührig, Frau Rath Schlosser und Wilhelmine Schünemann verwendeten durchaus auch "Bertramsblätter", was nichts anderes ist als Estragon. An anderen Stellen tauchen auch Spinat, Geißfuß, Zichorie, Bachbunge, Fetthenne und andere Kräuter auf. Zum Beispiel auch Dill, von dem nicht jeder gleichermaßen begeistert ist. So schreibt etwa auch Gourmetpapst Wolfram Siebeck: "Dill ist nicht dabei". Mit Sicherheit ließe es sich munter weiter streiten, um das authentische Rezept. Genauso im Übrigen wie über die Frage, ob die Grüne Soße wirklich Goethes Leibgericht war. Oder darüber, ob der Geheimrat und Dichter sie überhaupt kannte.

Sei’s drum. Wer einmal in den Genuss der Grünen Soße von Christel Motzkus gekommen ist, der wird ihren Mann Uwe verstehen. Warum er sich für sie entschieden hat. Und nicht nur für die Grüne Soße.

Christel Motzkus nimmt dafür die Kräuter, die auf dem alten Einwickelpapier stehen, manchmal auch etwas Dill. Alles wird mit einem Wiegemesser klein gehackt. Dazu ein Becher saure Sahne, etwas süße Sahne, ein Becher Joghurt, ein bis zwei Teelöffel Senf, den Saft einer Zitrone, Kräutersalz, frisch gemahlenen Pfeffer, etwas Zucker und ein gekochtes, klein gehacktes Ei.

Schmeckt lecker zu Pellkartoffeln und gekochtem Rindfleisch. Wie es schon Goethe gemocht haben soll. Wie Christel und Uwe Motzkus es gerne mögen. Oder auch zu Fisch. Wie die Kollegin ergänzt.