Ingolstadt
Führungswechsel in der MVA

In der Mailinger Anlage übernimmt Irene Lindner die Verantwortung von Gerhard Meier

01.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:31 Uhr
Auf dem Weg in den Ruhestand: Nach 19 Jahren hat Gerhard Meier die Geschäftsführung der Mailinger MVA an Irene Lindner abgegeben. Er wird aber noch bis Februar den Übergang managen. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) An einer der wichtigsten Schaltstellen für die öffentliche Daseinsvorsorge in der Region vollzieht sich in diesem Herbst ein personeller Wechsel: Bei der Ingolstädter Müllverbrennungsanlage (MVA) hat zum 1. September die Ingenieurin Irene Lindner die Geschäftsführung übernommen. Vorgänger Gerhard Meier ist aber noch bis zum kommenden Februar im Hause und begleitet den Übergang.

Wenn die Abfallentsorgung in einem Einzugsgebiet mit einer runden Dreiviertelmillion Menschen und Tausenden Betrieben reibungslos funktioniert, kann wohl von einer gut bewältigten Mammutaufgabe gesprochen werden. Während das Einsammeln des Haus- und Gewerbemülls Aufgabe der jeweiligen Kommunen oder Landkreise ist, läuft am Ende dieser großen Maschinerie alles auf einen Punkt zu: Bei der Müllverbrennung, die in Deutschland nun seit einer ganzen Reihe von Jahren Standard ist, kommt es umwelttechnisch und politisch zum Schwur. Dass es in der Mailinger MVA, wo der Müll aus mittlerweile acht bayerischen Gebietskörperschaften zusammenfließt, bei diesem Thema seit mittlerweile gut zwei Jahrzehnten recht unaufgeregt zugeht, spricht für gutes Management.

Gerhard Meier (65) ist seit 33 Jahren an diesem mittlerweile quasi geräuschlosen regionalen Müllmanagement beteiligt - davon die vergangenen 19 Jahre an vorderster Front: Als Nachfolger von in der Stadt auch in anderen Funktionen hervorgetretenen Verwaltungsfachleuten - Helmut Chase wurde Rechtsreferent, Herbert Lorenz war auch als OB-Referent und IFG-Vorstand aktiv - übernahm Meier 1999 die Geschäftsführung des Müllzweckverbandes. Jetzt, so viele Jahre später, übergibt er mit diesem Posten eine hundertprozentig ausgelastete Anlage, die in punkto Effizienz und Umweltverträglichkeit keinen Vergleich scheuen muss.

Als Chef der Mailinger MVA ist man in einer Doppelfunktion: Zum einen sind reibungsloser technischer Betrieb und kaufmännisch solide Bewirtschaftung zu garantieren, zum anderen ist man auch den Begehrlichkeiten der Politik ausgeliefert. Denn die Anlage am östlichen Ingolstädter Stadtrand ist in öffentlicher Hand. Die Stadt Ingolstadt und die Landkreise Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen, Pfaffenhofen, Kelheim und Roth agieren in einem Zweckverband als Auftraggeber und Kontrolleure zugleich. Der Geschäftsführer - fortan die Geschäftsführerin - hat nicht nur die Interessen eines Herrn zu berücksichtigen, sondern ist einem größeren Kreis von Verbandsräten verantwortlich.

Dass Gerhard Meier den Übergang dieser Verantwortung in neue Hände nun über ein halbes Jahr hinweg beratend begleitet und zudem sicher zu einem guten Teil auch an der Auswahl seiner Nachfolgerin beteiligt war, spricht für das große Vertrauen, dass er sich vormals als kaufmännischer Leiter und dann eben als Geschäftsführer erworben hat. Dabei war bei Meiers Berufseinstieg keinesfalls klar, dass er einmal einen so herausragenden Posten in einem technischen Großbetrieb bekleiden würde.

Vielmehr lief für den gelernten Bankkaufmann zunächst alles auf eine Karriere in der Finanzwelt hinaus. Als Makler an der Münchner Börse ("So richtig mit Schreierei") und später als Wirtschaftsförderer an der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung war für den gebürtigen Ingolstädter, der sich mit seiner Familie in Wettstetten niedergelassen hat, allerdings ständiges Pendeln in die Landeshauptstadt angesagt. Als sich 1985 die Stelle des kaufmännischen Leiters bei der MVA auftat, griff Meier, damals 32, gerne zu. Er sollte die heimatnahe Verwendung trotz großer Herausforderungen gleich in der Anfangsphase nicht bereuen.

Denn Ende der 80er-Jahre befand sich die Region urplötzlich im Müllnotstand. Besorgniserregende Dioxinwerte im Abgas der Mailinger MVA zogen Stilllegungen ganzer Ofenlinien und lange politische Diskussionen über den Fortbestand der Anlage und die hierzu erforderlichen Millioneninvestitionen nach sich. Dass Anfang der 90er-Jahre der Kraftakt einer totalen Umrüstung aller drei Ofenlinien mit Einbau hocheffektiver Filter gelang, zahlt sich bis in heutige Tage aus. Und Gerhard Meier hat all dies mitverantwortlich begleitet.

Heute steht die MVA mit einem Jahresdurchsatz von 248000 Tonnen nach Angaben des scheidenden Geschäftsführers wirtschaftlich und umweltpolitisch solide da: Man fährt unter Volllast und hält dabei doch die Umweltparameter ein - teilweise durch zigfaches Unterschreiten der Grenzwerte für Abgasbestandteile. Neben dem Haus- und Gewerbemüll aus den sechs Verbandskörperschaften wird aufgrund von Kooperationsverträgen noch Abfall aus dem Landkreis Erding und aus Garmisch-Partenkirchen in der Mailinger Anlage verbrannt. Dass mit der Abwärme auch über eine Turbine Strom erzeugt und ins bundesweite Netz hinein verkauft werden kann, ist ein angenehmer wirtschaftlicher Nebeneffekt.

All diese komplexen Zusammenhänge werden nunmehr von Irene Lindner zu beaufsichtigen und zu steuern sein. Sie hat sich in einer bundesweiten Ausschreibung empfohlen und schließlich in der engeren Wahl gegen vier Mitbewerber durchgesetzt - sicher auch wegen ihrer einschlägigen Erfahrung in der Leitung großer technischer Betriebe. Die 52-jährige promovierte Verfahrenstechnikerin war lange für die Unternehmensgruppe Max Aicher (Freilassing) tätig und hat über die Zeit bereits Erfahrungen in der Geschäftsführung einer ehemals privatwirtschaftlichen Müllverbrennungsanlage in Burgkirchen an der Alz (Landkreis Altötting) und als technische Werkleiterin eines Warmwalzwerks gesammelt.

Irene Lindner weiß trotz des nun schon über so viele Jahre weitgehend störungsfreien Betriebs in der Ingolstädter MVA um die grundsätzlichen Tücken des neuen Amtes und um die Beobachtung, der sie und ihre Mannschaft sich auch in ruhigem Fahrwasser sicher sein dürfen. "Wir müssen die Anlage so führen", sagt sie, "dass sie maximale Akzeptanz in der Öffentlichkeit hat."

Sukzessive Sanierungsschritte in allen drei Ofenlinien werden über die nächsten Jahre nötig sein, um ökonomische und ökologische Bilanz der Müllverbrennung in der Region auf dem gewohnt hohen Niveau zu halten. Gerhard Meier ist sich sicher, dass auch die neue Geschäftsführerin hier mit ruhiger Hand lenken und die Öffentlichkeit nicht scheuen wird: "Wir sind ein gläserner Betrieb. Jeder kann sehen, was passiert."

Bernd Heimerl