Manching
"Sind Vögel wichtiger als die Menschen?"

Wieder einmal entbrennt Diskussion um die Zahl privater Flugbewegungen auf dem Flugplatz

25.10.2019 | Stand 02.12.2020, 12:46 Uhr
Blick auf den Flugplatz und das Areal der IMA: Hier werden die Touch-and-Go-Flüge genehmigt, ebenso die Flugbewegungen der Hubschrauber. −Foto: Schalles

Manching/Vohburg (DK) Jetzt ist wohl Diplomatie gefragt. Denn auf der einen Seite wetterten in der jüngsten Kreistagssitzung die Bürgermeister Herbert Nerb (Manching), Martin Schmid (Vohburg) und auch Michael Franken (Reichertshofen) gegen die vielen Flugbewegungen der IMA am Manchinger Flugplatz, auf der anderen Seite betont deren Geschäftsführer Peter Baustetter, dass er die Vorwürfe nicht verstehen kann.

"Es klang fast so, als sollten am besten alle Flugbewegungen eingestellt werden", sagt Baustetter.

Dem ist natürlich gar nicht so, stellt Franken fest: "Wir wissen, dass im Flugplatz eine große Wirtschaftskraft steckt, welchen wirtschaftlichen Nutzen die Region daraus zieht. Aber wir wollen auch verhindern, dass die Akzeptanz des Flugplatzes in der Region nachlässt. " Und das wäre möglich, wenn weiter so viele Überflüge über den Köpfen der Bürger stattfinden. "Wenn wir nichts sagen", so der Reichertshofener Rathauschef, "habe ich immer das Gefühl, dass die Flugbewegungen zunehmen. Protestieren wir immer wieder, ist der Betreiber sensibilisiert. "

Nerb war überrascht, dass in der Sitzung "fast eine Stunde" über dieses Thema gesprochen wurde. Er sieht aber auch die Brisanz in diesem Fall: "Wir bringen natürlich Verständnis dafür auf, dass die Piloten mit den Touch-and-Go-Flügen trainieren müssen. Aber die Masse macht's. 20 Runden für einen Piloten, und das einmal im Monat - da sagt niemand etwas. Aber zehn Piloten mit je 20 Runden und dazu noch mehrmals im Monat - da schaut es dann schon ganz anders aus", umreißt es der Manchinger Rathauschef. Und der Vohburger Bürgermeister Schmid legt noch nach: "Es werden laufend Beschwerden an die Stadt gerichtet, immer öfter fliegen große Maschinen oder auch am Wochenende Hubschrauber. Das müssten wesentlich weniger Flüge sein", fordert er. Und Schmid betont auch: "Es werden laufend unsere Gefahrenbetriebe in Irsching überflogen. Eine Explosion in Irsching ist genug. " Keiner könne garantieren, dass ein Absturz ausgeschlossen ist.

"An 21 Sams- oder Sonntagen sind heuer bislang Hubschrauber geflogen", verteidigt Baustetter die Zahl der Flüge. "Das bedeutet: zweimal pro Monat. " Wie man da auf vermehrte Flugbewegungen komme, erschließe sich ihm nicht. Und ob die Hubschrauber auch über Vohburg fliegen, wisse er nicht. "Ich bin auch nicht für alle Hubschrauber verantwortlich, die hier fliegen. " Eine Erklärung für das Empfinden, dass die Zahl der Hubschrauberflüge zugenommen hat, liegt wohl in der Tatsache, dass wegen Naturschutzauflagen das weitgehend unbebaute Gelände im Süden (Feilenmoos/Absetzplatz) nicht genutzt werden darf. Von Januar bis August fanden 165 militärische und 914 zivile Hubschrauberflüge statt. Die Flugbewegungen haben sich im Vergleich zu den Vorjahren nicht wesentlich verändert.

Klar wäre ein Kompromiss das Beste: "Aber ich habe doch schon eingelenkt", sagt Baustetter. "Die Trainingsflüge mit dem Touch-and-Go-Programm finden an Wochenenden nicht mehr statt. Grundsätzlich. Und als im Frühjahr eine Airline an drei Tagen hintereinander geflogen ist, habe ich gesagt, sie sollten es entzerren und vielleicht auch mal woanders fliegen. "

Zum Thema "woanders fliegen" hat Nerb eine Frage: "Warum gehen 90 Prozent aller Flüge nach Süden? " Nerb vermutet, bei zu vielen Flügen Richtung Norden, also Ingolstadt, könnte das dortige Rathaus intervenieren. So intervenieren nun die Rathauschefs via Kreistag. Baustetter, der die Beschwerden durchaus verstehen kann und die Belästigung Einzelner erkennt, sagt aber, er könne vieles nicht verhindern: "In der Genehmigungsurkunde stehen diese Touch-and-Go-Flüge. Sie sind grundsätzlich luftrechtlich durchzuführen", formuliert er es. Nerb: "Ja, eine Verkehrslandebahn hat aber Öffnungszeiten. "

Von einem Hubschrauber-Tourismus, wie es laut Baustetter der Vohburger Rathauschef Schmid formuliert hat, könne nicht die Rede sein. Die Hubschrauberflüge, sagt Franken, betreffen Reichertshofen eher wenig, die Touch-and-Go-Flüge mit ihrer Südschleife tun dies dagegen sehr. "Sie schneiden stets bewohntes Gebiet, das sorgt für Unmut in der Bevölkerung. " Man müsse sich Sorgen machen um die Akzeptanz des Flugplatzes in der Bevölkerung. So fordert Franken "ein vernünftiges Maß" an Flugbewegungen. Es dürften nicht stundenlang "bedrückend riesige Maschinen" über dem Markt kreisen. Da wäre es schon verständlich, dass sich die Bürger unwohl fühlen. Auf Baustetters Aussage, dass die rechtliche Grundlage für diese Art der Flüge gegeben sein, erwidert Franken: "Es ist genehmigt, es ist also zu dulden. Aber das Rechtliche ist das eine. Das andere ist für mich, dass die IMA verantwortungsbewusst mit der Situation umgeht. " Franken holt weit aus: "Schülerinnen und Schüler demonstrieren - obwohl es verboten ist, die Schule zu schwänzen - freitags für das Klima. Wie wird es sein, wenn am Flugplatz so weitergeflogen wird wie bisher, und die Bürger demonstrieren? " Stichwort ziviler Ungehorsam.

Franken hat aber auch Verständnis für Baustetter und die IMA: "Wäre ich dort Geschäftsführer, wären viele Flugbewegungen auch mein Ansinnen. " Die Anwohner wollten aber so wenig Touch-and-Go-Flüge wie möglich. Daher fordert er, dass die Zahl dieser Übungsflüge auf keinen Fall größer wird. "Wir brauchen und wollen keine 100 Tage mit je fünf Stunden Übungsflug. "

Nerb hatte schon in der Kreistagssitzung betont: "Wenn man es nicht immer wieder übertreiben würde. " Flugbetrieb von Montag bis Freitag wäre okay, auch Ausnahmen am Wochenende würde man akzeptieren. Aber Samstag und Sonntag sollte prinzipiell Ruhe herrschen. Auch für ihn sind die Hubschrauberflüge "das größte Problem". Dass zivile Flüge Richtung Feilenmoos, also über nicht oder kaum bewohntes Gebiet, wegen Bachstelze oder Kiebitz nicht stattfinden dürften, dagegen über bewohntes Gebiet geflogen wird, kann er schlicht gar nicht verstehen. "Warum fühlen sich die Vögel eigentlich nicht gestört, wenn ein Helikopter in Tarnfarben vorbeifliegt? " Auch Bürgermeister Schmid fragt: "Sind die Vögel denn wichtiger als wir Menschen? "