Ingolstadt
"Dieser Rückschlag ist nur eine Delle"

Reaktionen nach dem Abstieg der Schanzer in die 3. Liga: Enttäuschung, Kritik, aber auch viel Zuversicht

29.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:13 Uhr
Gehofft, gejubelt, gezittert - und doch abgestiegen: Fans des FCI und dessen dänischer Innenverteidiger und Torschütze Björn Paulsen (unten) am Dienstag im Audi-Sportpark nach der 2:3-Niederlage gegen den SV Wehen Wiesbaden. −Foto: Foto: Eberl, DK-Archiv

Ingolstadt (DK) Also doch. Sie sind am Dienstag so zuversichtlich auf den Platz geschritten, angefeuert von ebenso optimistischen Fans - aber es hat nicht gereicht. Der FC Ingolstadt 04 hat das zweite Relegationsspiel verloren und steigt in die 3. Liga ab. Was bedeutet dieser Rückschlag für den noch jungen Verein? Für seine Anhänger? Für Ingolstadt? Fragen an Schanzer, die mit dem FCI leiden.

Der Oberbürgermeister:   Natürlich war Christian Lösel (Foto, mit FCI-Schal) an jenem traurigen Dienstag  im FC-Stadion, aber nicht in einer  Loge, wie einige vielleicht vermuten, sondern  auf der Gegengeraden "mit meiner privaten Karte, unter meinen Freunden", wie er gestern erzählte. Die Stimmung: "Etwas bedrückend. " Zumal, wenn man noch die Bilder von der überschwänglichen Aufstiegsfeier 2015 (1. Liga! ) im Kopf hatte. Doch der OB blickt jetzt nach vorn: "Der FCI wird ein Aushängeschild unserer Stadt bleiben, auch in der 3. Liga. Noch nie hatte Ingolstadt solche fußballerische Bedeutung. " Der Verein habe "sehr viel bewegt und erreicht", sagte Lösel auch mit Blick auf den Audi-Sportpark und die Trainingsanlagen samt der Sportakademie (zusammen mit dem ERC). Sein Rat: "Man muss jetzt aus der Situation das Beste machen, sich in Ruhe neu positionieren und dann mit Schwung wieder die 2. Liga in Angriff nehmen. "

Der MTV-Präsident und Sponsor: 2004 gab die Fußballabteilung des  MTV 1881 Ingolstadt nach langen und alles andere als einfachen Diskussionen die Spielrechte an einen neuen Verein ab; die selbe Entscheidung traf man beim ESV Ingolstadt. So entstand der FC Ingolstadt 04. Diese ungewöhnliche Gründungsgeschichte ist schon eine Weile her, aber unvergessen. Die emotionale Bindung vieler MTV-Mitglieder zum FCI bestehe nach wie vor, bekräftigte gestern MTV-Präsident Gerhard Bonschab. Gerade jetzt, in dieser schweren Zeit: "Natürlich ist der Abstieg eine große Enttäuschung. Der FCI hat alles versucht, aber mit diesem Kader hat es leider nicht gereicht. Doch es ist wie immer im Sport: Das kann der Anlass zu einer Erneuerung sein. Mit jungen Spielern, auch aus der zweiten Mannschaft, die frischen Wind bringen. " Zudem verfüge der Verein mit dem Audi-Sportpark über ein tolles Stadion und eine hervorragende Infrastruktur. Bonschab: "Eine starke Basis ist da! Denn es wurde nachhaltig gearbeitet. "

Der MTV-Präsident im Ehrenamt und Herrnbräu-Chef im Hauptberuf beurteilt den Abstieg im historischen Kontext, dann schaut alles nicht mehr so schlimm aus: "Es ist eine sensationelle Erfolgsgeschichte! 2004 gegründet und 2015 schon der Aufstieg in die 1. Bundesliga! Der FCI hat in dieser kurzen Zeit viel erreicht und sich einen guten Namen gemacht. " Auch die Damen und der Nachwuchs spielten "weit vorne mit". Der MTV-Präsident ist optimistisch: "Dieser Rückschlag ist nur eine Delle. Es ist noch viel möglich! "

Der Touristikprofessor: Harald Pechlaner, Inhaber des Lehrstuhls für Touristik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und Leiter des Zentrums für Entrepreneurship, hat den FCI erst 2018 mit Studierenden methodisch analysiert. Im Zuge eines Projektseminars im Masterstudiengang "Tourismus- und Regionalplanung" untersuchten Pechlaner und die jungen Leute, wie eng der Verein mit der Region Ingolstadt verbunden ist und wie er sich noch stärker dort verankern ließe. Im Dezember legte der Professor die Forschungsarbeit vor. Das Ergebnis: "Der FCI hat sich zu einer Marke entwickelt, der eine vielfältige und leitende Rolle zukommt. "

Das Gründungsmitglied: Der FC-Mitgliedsausweis von Manfred Schuhmann Und jetzt das: 3. Liga. Pechlaner bleibt aber dennoch zuversichtlich: "Es ist natürlich jammerschade, dass der FCI absteigen muss", sagte er gestern. "Trotzdem: Die Region Ingolstadt ist eine starke Region, die man als resilient bezeichnen kann. Resilienz bedeutet Krisenfestigkeit, also mit Krisen umgehen zu können und diese als Grundlage für einen Aufschwung zu erkennen. Und so freue ich mich auf eine neue Saison, natürlich mit dem Ziel für den FCI - getragen von der gesamten Region - wieder aufzusteigen. "

trägt die Nummer 18. Er hat den Verein mitgegründet und war am Dienstag "natürlich" auch im Stadion - und fühlte sich an Unangenehmes erinnert: "Die haben so grottenschlecht gespielt wie zu den ganz schlimmen Zeiten. So was Konfuses. " Auch die taktische Ausrichtung, mit der Trainer Tomas Oral das Team in die entscheidende Partie schickte, wollte ihm nicht so richtig einleuchten. "Aber es ist müßig, über vergossene Milch zu reden. " Jetzt gelte es, bei den anstehenden Umstrukturierungen ein Gerüst zu behalten, das die Mannschaft drittligatauglich halte. Der Wiederaufstieg müsse so schnell wie möglich wieder gelingen. Dazu gelte es, den Aufsichtsrat des Vereins mit mehr Sachkompetenz auszustatten. Und an Vorstandschef Peter Jackwerth liege es jetzt, "sich verstärkt mit seinem gewichtigen Wort einzuschalten". Für die Stadt jedenfalls bedeute der Abstieg des FC "durchaus einen Imageverlust".

Dass den Vertretern des FC 04 manchmal eine etwas arrogante Haltung vorgeworfen wird und die Verankerung in der Bevölkerung vielleicht auch deswegen nicht so stark ist, wie gewünscht, führt Schuhmann auf die ständig gewachsene Professionalisierung zurück. "Da wird es zwangsläufig unpersönlicher", bedauert er. Allerdings führt er auch gleich ein Gegenbeispiel an: Dem FC Union Berlin sei es gelungen, sich seine unkomplizierte Bodenständigkeit zu bewahren. Jetzt ist er über die Relegation in die 1. Bundesliga aufgestiegen. "Vielleicht war das sein Geheimrezept", überlegt Schuhmann.

Johannes Hauser, Christian Silvester