Die Diskussion über die Donau bewegt weiter die Gemüter

Zur wiederholten Berichterstattung über den Kammerspiele-Entwurf von Bürgermeister Sepp Mißlbeck und Architekt Peter Bachschuster, die DK-Serie zum Leben an der Donau sowie das Doppel-Interview mit Theaterintendant Knut Weber und Musikproduzent Horst Bork an der Donau (DK vom 12. Juli):

16.07.2019 | Stand 02.12.2020, 13:29 Uhr
Idyllischer Gesprächsort: Für das DK-Interview kamen Musikproduzent Horst Bork (links) und Theaterintendant Knut Weber (2. v. l.) auf das Floß an der Donaubühne. −Foto: Hauser

Zur wiederholten Berichterstattung über den Kammerspiele-Entwurf von Bürgermeister Sepp Mißlbeck und Architekt Peter Bachschuster, die DK-Serie zum Leben an der Donau sowie das Doppel-Interview mit Theaterintendant Knut Weber und Musikproduzent Horst Bork an der Donau (DK vom 12. Juli):

Seit Jahren verfolge ich als geborener Schanzer die Diskussion, wie man die Donau attraktiver machen könne, den Fluss quasi mehr in die Stadt holen müsse. Ich habe die Donau mehrmals bis zur Mündung ins Schwarze Meer bereist und zahlreiche europäische und außereuropäische Flüsse kennengelernt und festgestellt, dass die Attraktivität eines Flusses nicht nur durch seine Ufergestaltung und -bebauung bestimmt wird - ein herausragendes Beispiel sind das Parlamentsgebäude, die Kettenbrücke und die Fischerbastei in Budapest -, sondern vor allem der Umstand, was auf dem Wasser passiert.

Vor dem Bau der Donaustaustufe geschah auf der Donau im Stadtbereich allerhand. Paddelbootfahrer fuhren im Sommer an Ingolstadt vorbei und schlugen am Südufer im Bereich des heutigen Pflanzenlabyrinths auf der Wiese vor der damals noch stehenden Schiffbrückenremise ihre Übernachtungszelte auf. Flöße und Boote, manchmal auch eine Ulmer Schachtel, zogen an der Stadt vorbei oder machten am Donauufer fest. Damals sprach noch niemand vom Donaustrand - ein Begriff, der nur dem Meer oder einem See zukommen sollte. Denn beim nächsten Hochwasser verschwindet der aufgeschüttete "Sandstrand" ohnehin wieder.

Die Donau floss zügig an Ingolstadt vorbei. Im Sommer bildeten sich Kiesbänke, auf denen sich Badende sonnten und von der Adenauerbrücke aus beobachtet werden konnten. Man konnte beim Schwimmen das Geschiebe der rollenden Kiesel hören.

Und heute? Von gelegentlichen Veranstaltungen an der neugestalteten Donaubühne abgesehen, was geschieht an Leben auf dem Wasser? Außer Fischen, die keiner wahrnimmt, nicht einmal Angler auf der Brücke, denen man zusehen könnte. Sonst nur ein paar Wasservögel, die sich auf den herausschauenden Flusssteinen im Sommer ausruhen oder vielleicht ein paar Enten, die man vom Ufer aus füttern kann.

Durch den Bau der Staustufe hat sich eigentlich alles verändert, das Leben auf dem Wasser ist zum Stillstand gekommen. Kein Geschiebe mehr, kein Treibeis schwimmt im Winter vorbei, von einer zugefrorenen Donau gar nicht zu reden.

Die Donau ist - abgesehen von Hochwasser - fast zu einem stehenden Gewässer verkommen und hat sich durch die ausbleibende Kies- und Gesteinszufuhr so tief eingekolkt, dass bei Niedrigwasser der Fluss vom Ufer aus kaum noch sichtbar ist. Im bayerischen Landesentwicklungsplan war einmal vorgesehen, die Donau bis Donauwörth für die Ausflugs- und Personenschifffahrt schiffbar zu machen, mit einer Schiffsanlegestelle auch in Ingolstadt. Alles Vergangenheit!

Ich habe in einem früheren Leserbrief vom Wachkoma der Donau gesprochen. Diese Einschätzung teile ich auch heute noch. Ich habe die Donau in meiner Jugend als einen Fluss mit Leben auf dem Wasser erlebt. Mit treibenden Eisschollen, manchmal zugefroren und als attraktives Bade- und Freizeitgewässer. Ich verstehe nicht, dass ich diesem Erlebnis heute nur noch nachtrauern kann.

Die Ufergestaltung heute ist wichtig, vor allem auch die Uferbebauung, ohne Zweifel. Aber muss es immer etwas Attraktives, Besonderes und Spektakuläres sein, nur um dem Städtetourismus etwas präsentieren zu können? Die heutigen Bürger der Stadt müssen mit der Realität leben, Wunschdenken hilft nicht weiter. Alle Verantwortlichen sind aufgerufen, aus der Realität das Beste zu machen. Die ehemalige Attraktivität unserer schönen Donau kann man leider nicht mehr in die Gegenwart zurückholen.
Christian Dittmar
Ingolstadt


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Die Stadt Ingolstadt hat in den letzten Jahren - hauptsächlich zur Landesgartenschau 1992 - die Donauufer Süd und Nord für Fußgänger und Radfahrer der Natur angepasst und sehr hübsch ausgebaut. Von der Fußgängerbrücke und den beiden anderen Brücken hat man einen guten Blick über die Donau und das umliegende Gelände. Die Treppen am Nordufer, die kleine Liegewiese am Südufer mit Liegestühlen und auch der kleine Donaustand am Treidelweg sind Plätze, um die Donau zu genießen.

Große Gebäude, wie Theater - wo man meistens abends auf die Bühne schaut - und Restaurants - wo man sich mit Essen und Trinken beschäftigt - würden diese Donau-Idylle nur stören. Die Ingolstädter in Nord und Süd genießen diese Fluss-anlage inmitten der Stadt, die den Ort nicht teilt, sondern verbindet.

Wem das nicht reicht, kann sich ja demnächst auf die im Bau bzw. in Planung befindlichen Dachterrassen an der Schlosslände setzen und die Donau von oben bewundern.
Christa Kock
Ingolstadt


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Zunächst zum Entwurf von Herrn Bachschuster und der Idee von Herrn Mißlbeck. Dieser ist nur ein hohles Gerüst und entspricht keinerlei Vorgaben für einen Architektenwettbewerb und für den Bau der Kammerspiele. Wir brauchen in Ingolstadt keinen Protzbau, und wir sind auch nicht in Hamburg oder Sydney.

Der Entwurf ist schön anzusehen, aber entspricht in keiner Weise den Anforderungen. Es fehlen Kostenberechnungen - wer kommt für die Mehrkosten auf? Es fehlen die inhaltlichen Planungen der Räume, eigentlich fehlt alles, was zum Bau der Kammerspiele nötig ist.

Mit "zivilem Ungehorsam" hat der Entwurf rein gar nichts zu tun. Es ist, wie Herr Mißlbeck selbst sagt, ein "Reingrätschen" in ein laufendes Verfahren. Man fragt sich auch, warum hat Herr Mißlbeck sich nicht schon vor Jahren mit dem Stadttheater beschäftigt? Die baulichen Gegebenheiten sind seit Jahren bekannt. Herr Mißlbeck wird als dritter Bürgermeister dafür bezahlt, dass er sich um die Belange der Stadt kümmert und sich rechtzeitig Gedanken macht.

Es gab eine breite Bürgerbeteiligung, die kann jetzt nicht einfach über den Haufen geworfen werden, sonst braucht man sie erst gar nicht durchzuführen, und wenn sich einige Menschen für den Entwurf von Herr Bachschuster vehement einsetzen, so sind das, wie Herr Weber richtig sagt, nicht alle.

Warum brauchen wir so schnell wie möglich den Bau der Kammerspiele? Die Betriebserlaubnis für das Stadttheater erlischt 2022 - ja worauf warten wir denn noch? Es wird ohnehin eng mit dem Zeitplan.

Wer jemals hinter die Kulissen des Theaters geblickt hat, ist erschrocken über die Arbeitsbedingungen. Das Büro des Technischen Leiters zum Beispiel ist eine unwürdige Abstellkammer, winzig, ohne Tageslicht und mit herabhängenden Kabeln. Möchte einer der Bürgermeister, insbesondere Herr Mißlbeck , in so einer Kammer arbeiten? Ich glaube kaum. Auch der Malersaal und die übrigen Räume hinter den Kulissen sind untragbar.

Nun noch zu den großartigen Schauspielern. Sie erbringen Tag für Tag und Abend für Abend eine sehr große und wunderbare Leistung. Das Theater mit all seinen Mitarbeitern ist einer der wichtigsten Kulturträger und verdient Anerkennung und Respekt. Wann ist die Leidensfähigkeit der Mitarbeiter vor und hinter den Kulissen aufgebraucht? Abschließend möchte ich noch bemerken, dass Ingolstadt nicht armselig ist, sondern viel zu bieten hat. Schön wäre aber, an der Donau ein Restaurant mit mutiger Architektur zu bauen, aber das ist ein anderes Thema.
Simone Seidenfuß-Bergmann
Ingolstadt


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Ich verstehe, dass Herrn Weber das Hemd näher ist als der Rock, also dass er den Neubau als Arbeitsplatz für sein Theater braucht und es für ihn zweitrangig ist, wo er steht, wie er aussieht und was die Wirkung auf Ingolstadt ist. Allerdings stimme ich in den meisten Punkten Herrn Bork zu, dass sich in Ingolstadt die letzten Jahrzehnte städtebaulich und architektonisch wenig getan hat. Immer nur Klein-Klein. Sein Satz "Mutlos alles. Ideenlos. Und das schleppt sich halt so durch." fasst es gut zusammen.

Die am Wettbewerb teilnehmenden Architekten bauen wohl selten an Flussufern, sondern bauen Gebäude auf eine Fläche irgendwo in einer Stadt. Die Entwürfe sind nicht schlecht, könnten aber in jeder beliebigen Stadt stehen. Sie sind "quadratisch, praktisch, gut", aber eben nicht inspirierend.

Ich war unter anderem bei der Präsentation im Lechner-Museum dabei. Wesentlich mehr als "nun ja, ist schon ganz nett" habe ich nicht vernommen.

Was ich auch nicht verstehe, ist die Heiligsprechung und Unantastbarkeit des Hämer-Baus, die anscheinend ja auch eine wesentliche Randbedingung des Architektenwettbewerbs war. Vielleicht war auch das ein Grund, warum kein Architekt die offenkundige Sehnsucht der Ingolstädter, die Stadt an die Donau zu bringen, verstanden und aufgenommen hat.

Das Theater mag zu seiner Zeit eine wegweisende Architektur gewesen sein, aber in 50 Jahren fließt viel Wasser die Donau hinab. Darf man sich heute nicht anders entscheiden als damals? Weg vom massigen Beton der 1960er, hin zum beinahe über der Donau schwebenden Bachschuster-Entwurf?

Die Reaktion der Ingolstädter nun auf den neuen Entwurf ist anscheinend überwältigend und fast ausschließlich positiv. Alleine wie viel Leben nun in diese Diskussion kommt, ist doch ein deutliches Zeichen, dass Bürgermeister Mißlbeck einen Nerv getroffen hat.

Jetzt müsste der Stadtrat überlegen, ob er einfach "weiter so" macht, oder ob er sein Ohr am Puls des Bürgers hat und zumindest nachdenkt, ob er die mit dem Wettbewerb getroffene Vorentscheidung infrage stellen sollte. Natürlich muss auch diese Variante auf technische, rechtliche und finanzielle Realisierbarkeit geprüft und bewertet werden.

Es gehört natürlich eine gewisse Größe dazu, die eigene Entscheidung zu überdenken. Aber noch ist es nicht zu spät.
Gerd Gruchalski, Ingolstadt

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Eine sehr bemerkenswerte Diskussion der DONAUKURIER-Redakteure König, Stark und Silvester mit den Herren Bork und Weber. Eine Diskussion, die sehr gut aufzeigt, dass in den Gremien viel zu sehr die kurzfristige, mittelfristige Perspektive ihren Raum findet (Da könnten ja 200 Parkplätze verloren gehen).

Wir werden eine signifikante Veränderung in der Mobilität von A nach B erfahren, ob wir es wollen oder nicht. Denn eine Stadt wird alleine durch Parkplätze nicht attraktiver. Attraktiv wird sie in ihren kulturellen Angeboten. Und dazu gehört auch das "bauliche" Ambiente, wie es sich schon im Stadttheaterbau zeigt. Es gilt auch hier: Form folgt Funktion. Heißt: Stimmigkeit für Betreiber (Theater) und Besucher (Publikum). Nur so sollte entschieden werden. Im Einklang mit einem vertretbaren Budget.
Hans Pütz, Ingolstadt

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Egal, wie man zum Mißlbeck/Bachschuster-Vorschlag steht und zur Frage, ob man Kammerspiele überhaupt braucht - ihn undemokratisch zu nennen, übersteigt bei Weitem den Rahmen zulässiger Kritik und die Kompetenz eines Intendanten. Aus seinen Ablehnungsgründen kann ich bei so einem wichtigen Gebäude für Ingolstadt, das endlich die Donau ins Stadtbild einbeziehen würde, keinen einzigen erkennen, der aus der Lage des Gebäudes abzuleiten wäre. Selbst den zeitlichen Aspekt müsste man in Kauf nehmen, um ein so wichtiges Projekt ausreichend zu würdigen. Was sollte an der Überbauung der Schlosslände "fragwürdig" sein, wenn man dort hauptsächlich Arbeitsräume, Lagerflächen, Probebühnen, Büros und Lagerflächen braucht (eigentlich dachte ich, es sollten Kammerspiele werden)? Warum sollten in einem Bau an der Donau nicht die gleichen Räumlichkeiten unterzubringen sein, wie in einem am ursprünglichen Standort? Diese Argumente überzeugen nicht, sie sind vorgeschoben, um eine Unterbrechung des Theaterbetriebs zu vermeiden, wenn eine Realisierung mehr Zeit kosten sollte. Hier stellt sich jedoch die Frage, was ist wichtiger? Reibungsloser Theaterbetrieb oder vielleicht ein Jahrhundertbauwerk? Sollte es aber nicht finanzierbar sein, und dafür liegen keine Fakten vor, außer der Aussage der Stadtbaurätin, dafür brauche sie keine Machbarkeitsstudie, sollte der Vorschlag auch endgültig vom Tisch! Es wäre also ein Leichtes, die Bürger mit Zahlen zu überzeugen.
Claus Bechmann,
Gaimersheim


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Ich hoffe, der Bau der Kammerspiele wird durch einen Bürgerentscheid und nicht nach Parteizugehörigkeit entschieden.
Erwin Mauritz, Ingolstadt

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Es ist dem DONAUKURIER hoch anzurechnen, dass er durch die Veröffentlichung des Mißlbeck-Bachschuster-Plans den Neubau der Kammerspiele noch einmal zum Thema gemacht hat. Die ganz große Mehrheit der bisher veröffentlichten Leserbriefe, aber auch zahlreiche private Gespräche zeigen, dass sich viele Ingolstädter Bürgerinnen und Bürger eine Alternative zu den bisherigen Plänen wünschen. Bei der Kritik am Entwurf von Sepp Mißlbeck und Peter Bachschuster geht es dagegen zumeist um parteitaktische und verfahrenstechnische Fragen. Der ökologische Aspekt, nämlich die Versiegelung der Grünfläche hinter der Donaukaserne, spielt erstaunlicherweise in der politischen Diskussion kaum eine Rolle. Dabei wird bei fast allen Parteiveranstaltungen betont, dass die städtischen Grünflächen unbedingt erhalten und noch vergrößert werden müssten, so zum Beispiel kürzlich bei der Vorstellung des SPD-OB-Kandidaten.

Obwohl in einzelnen Leserbriefen die mögliche Versiegelung des kleinen Parks an der Tränktorstraße angesprochen wird, würde es uns freuen, wenn auf diese Problematik ganz klar hingewiesen wird.
Brigitte und Gottlieb
Schellnhuber, Ingolstadt