Ingolstadt
Deutlich zu lange gehofft

Ex-Geschäftsführer findet nach Insolvenzverschleppung aber einen milden Richter

14.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:24 Uhr

Ingolstadt (hl) Da hat sich der Mut zu einer öffentlichen Gerichtsverhandlung doch gelohnt: Der frühere Geschäftsführer eines in den Konkurs geschlitterten kleinen Unternehmens hat gestern vor dem Amtsgericht eine deutliche Reduzierung seiner wegen Insolvenzverschleppung verhängten Geldstrafe erreicht.

In einem Strafbefehl war noch von 160 Tagessätzen zu 40 Euro die Rede gewesen. Richter Peter Hufnagl entließ den Mann gestern mit 90 Tagessätzen zu je 30 Euro. Wegen dieser deutlichen Reduzierung der Tagessätze hat der 59-Jährige wohl die Chance, irgendwann vielleicht doch nochmals als selbstständiger Geschäftsführer arbeiten zu können. Das war ihm wichtig.

Der Ingolstädter hatte über gut zwei Jahrzehnte hinweg ein von ihm gegründetes Studio für Nachhilfeunterricht geleitet, als er 2015/16 wegen einer ganzen Reihe persönlicher Rückschläge auch geschäftlich ins Trudeln kam. Sein Anwalt stellte in der Verhandlung gestern ganz auf diese besonderen Umstände ab: Wäre einiges von dem, was seinen Mandanten seinerzeit belastete, nicht eingetreten, so die Argumentation, hätte er 2016, als es mit der Firma Spitz auf Knopf stand, womöglich noch die Kurve gekriegt.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 59-Jährige spätestens im August 2016 erkennen musste, dass eine Fortführung des Betriebs finanziell nicht mehr darstellbar war. Pflichtgemäß hätte er als Geschäftsführer innerhalb von drei Wochen ein Insolvenzverfahren beim Amtsgericht beantragen müssen. Tatsächlich erfolgte dies aber erst fast ein Jahr später durch eine letztlich eingeschaltete Anwaltskanzlei. Er habe ja nie damit gerechnet, dass seine persönlichen Umstände ihn "so runterziehen" würden, sagte der Mann gestern vor Gericht. Er habe einfach immer noch Hoffnung gehabt, es irgendwie hinzubekommen: "Ich dachte, es geht. "

Inzwischen geht der Nachhilfebetrieb offenbar in anderer Verantwortlichkeit weiter. Es habe eine "übertragende Sanierung" gegeben, erläuterte der Rechtsanwalt. Der vormalige Geschäftsführer arbeitet nach eigenen Angaben inzwischen gelegentlich als Angestellter auf Honorarbasis im alten Geschäftsfeld - mit angeblich sehr überschaubarem Einkommen. Die Verbindlichkeiten aus dem früheren Unternehmen summieren sich immer noch zu einem mittleren fünfstelligen Betrag.

Den Wunsch der Verteidigung, im Tenor eines Urteils den Tatbestand der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung zu vermeiden und vielmehr nur eine fahrlässige Tatbegehung festzustellen, konnte Richter Hufnagl bei allem Verständnis für die Gesamtumstände nicht entsprechen. An einem bedingten Vorsatz sei bei jemandem, der den Gang zum Konkursgericht so lange verschleppe, einfach nicht zu zweifeln, so der Vorsitzende. Dennoch sah er in dem Angeklagten nicht den klassischen Bankrotteur: "Sie haben die Firma nicht in den Sand gesetzt, um Geld auf die Seite zu bringen. " Da konnte der Urteilsspruch - nach einer Reduzierung des Einspruchs gegen den Strafbefehl auf die Rechtsfolgen - eben deutlich milder ausfallen.