Ingolstadt
Deutlich weniger Anmeldungen in Reuchlin- und Gnadenthal-Gymnasium

Ansturm auf Apian und Katherl

16.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:17 Uhr

Auf dem langen Weg zu einer runderneuerten Schule: Das Reuchlin-Gymnasium, hier in einer Pause am Montag. Fotos: Hammer

Von Christian Silvester

Am 21. Dezember 1983 verbreitete der DONAUKURIER in einer Traditionsbildungsstätte enorme Besorgnis: „Alarmzeichen am Reuchlin-Gymnasium“, lautete die Überschrift eines Artikels. Denn: „Die Schülerzahlen sinken immer weiter.“ Auf die Marke 400 zu. Nur noch zwei kleine Klassen je Jahrgangsstufe. Das böse Wort „Schließung“ machte die Runde. Doch so schlimm kam es nicht. Das Reuchlin führte 1988 einen Tag der Offenen Tür ein. Bald ging es aufwärts mit den Schülerzahlen. Auch dank eines liberaleren Geistes nach der deutlichen Verjüngung des Kollegiums. Und weil das Apian-Gymnasium sowie das Katharinen-Gymnasium viele Interessierte abweisen mussten.

Jetzt zeigt sich eine ähnliche Konstellation: Apian und Katharinen erlebten bei den Anmeldungen für das neue Schuljahr einen Ansturm; im Apian ist das grundsätzlich so, im Katherl immer wieder mal. Derweil gehen im Reuchlin die Zahlen nach unten. 54 Anmeldungen meldet die neue Direktorin Bärbel Kößler-Finkenzeller. Im Jahr zuvor waren es 83. Derzeit besuchen ca. 650 Kinder und Jugendliche die Schule. Die machen, wie ihre Lehrerinnen und Lehrer, einiges mit. Wegen des Abrisses und Neubaus zweier Trakte (einer steht schon) sowie der Generalsanierung wird das Reuchlin wohl bis 2026 eine Baustelle bleiben – und danach ein sehr schönes, modernes Gymnasium sein.

Dem Apian-Gymnasium stehen zwischen 2026 und 2030 gleichwohl anstrengende Jahre der Generalsanierung ins Haus, doch das scheint noch niemanden abzuschrecken. Die Schule musste ebenso wie das Katharinen vorige Woche, als die Anmeldungen liefen, Viertklässler weiterschicken; es waren zu viele, die kommen wollten. Das Katherl bildet im neuen Schuljahr acht fünfte Klassen mit 204 Kindern; im Vorjahr waren es 128. Das Apian plant mit 206 Kindern, auch in acht Klassen.

Bärbel Kößler-Finkenzeller erklärt die Entwicklung auf Anfrage so: „Ich denke, an erster Stelle stehen die umfassenden und sicher herausfordernden Baumaßnahmen.“ Der „zweijährige Stillstand des kulturellen schulischen Lebens“ sei erschwerend hinzugekommen. „Das Reuchlin hat glänzende Angebote an Theater, Konzerten – Klassik und Jazz – und Kunst. Wir konnten uns zwei Jahre nicht präsentieren. Kleine Schulen geraten daher vielleicht manchmal eher in Vergessenheit.“ Sie bleibe aber optimistisch: „Wir sind ein humanistisches Gymnasium – das einzige in der Region. Jeder und jede wird optimal begleitet. Wir können kleine Klassen bilden, werden eng mit den Eltern zusammenarbeiten und wir werden sehen, wie es sich im Mai 2023 darstellt.“ Für die Reuchlin-Chefin, die 30 Jahre lang am Katharinen-Gymnasium unterrichtet hat, seien die „Schuleinschreibungen keine Rennen, bei denen es darum geht, weit vorne zu liegen“.

Das Reuchlin ist das einzige Gymnasium Ingolstadts, das in der Fünften ausschließlich mit Latein startet. Die sinkende Attraktivität dieser toten Sprache spielt vielleicht auch eine Rolle.

Im Gnadenthal-Gymnasium können sich die Fünftklässler zwischen Latein und Englisch entscheiden. Auch hier gab es heuer ein auffälliges Minus: Es wurden 55 Kinder angemeldet; im Vorjahr waren es 101.

Im Gymnasium Gaimersheim meldet Direktor Manfred Ruckdäschel 117 Kinder in voraussichtlich vier fünften Klassen (Vorjahr 116). Iris Jamnitzky, die Direktorin des Scheiner-Gymnasiums, verzeichnete 114 Einschreibungen (Vorjahr 150) plus eine Voranmeldung aus einer Mittelschule. Es werden vier fünfte Klassen gebildet. „Die Anmeldezahlen sind ja alljährlich gewissen Schwankungen unterworfen. Wir freuen uns auf ein Kennenlernen der Kinder, die sich auf der Basis unserer virtuellen Angebote und der Schulhausführungen für uns entschieden haben.“

In allen Gymnasien muss ein Teil der angemeldeten Kinder den Probeunterricht bestehen, um übertreten zu dürfen. Das Bildungsreferat rechnet damit, dass im Schnitt die Hälfte die Prüfung schafft und stellt sich daher auf eine Zahl von Fünftklässlern im nächsten Jahr ein, die von den Gesamtanmeldezahlen, wie sie die Gymnasien auf Anfrage des DK angeben, ganz leicht abweichen.

In der Swiss International School gab es Engert zufolge fünf Anmeldungen für die fünfte Klasse. Für das Gymnasium der Montessori-Schule wurden 24 Kinder eingeschrieben; sie gehen in eine Klasse.

Stadt ändert Aufnahmeverfahren

Das starke Auseinanderdriften der Anmeldezahlen in den Gymnasien war am Montag das große Thema einer Konferenz der Leiterinnen und Leiter der Ingolstädter Gymnasien mit Bildungsreferent Gabriel Engert. Der berichtete nachher auf Anfrage, dass die Verwaltung schon ab kommendem Jahr auf die problematische Entwicklung reagieren werde. Die Kinder sollen fortan gesteuert auf die Gymnasien verteilt werden; anders gehe es nicht mehr. Es dürfe nicht sein, dass das Apian und das Katharinen Schüler abweisen müssen und immer voller werden, während im Reuchlin nur zwei fünfte Klassen zustande kommen, sagte der Bildungsreferent. „Es kann auch nicht sein, dass wir Klassen aus dem Katharinen ins Reuchlin auslagern.“ Die Konsequenz: „Wir müssen die Schülerströme lenken und werden deshalb das Aufnahmeverfahren ändern“. Ab nächstem Jahr müssen die Eltern bei der Anmeldung mindestens eine Ersatzschule angeben – für den Fall, dass die Wunschschule zu viele Übertrittsanwärter hat. Beim Auswahlverfahren – also wenn es um die Frage geht: Wer darf, wer muss auf welches Gymnasium? – würden mehrere Faktoren eine Rolle spielen, darunter der Wohnort.

sic