Ingolstadt
Der dritte Überfall in nur einem Monat

Räuber schlagen in Jet-Station an der Schillerstraße zu - Parallelen zum Fall an der Lena-Christ-Straße

01.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:07 Uhr
Schauplatz des jüngsten Tankstellenraubs: In dieser Jet-Station an der Schillerstraße erbeuteten zwei Männer rund 500 Euro. −Foto: Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Drei bewaffnete Tankstellenüberfälle in der Stadt innerhalb nur eines Monats, zweimal eine auffallend ähnliche Vorgehensweise der Täter - eine solche Häufung von schweren Raubdelikten gab es in Ingolstadt selten bis nie. Die Polizei spricht nach dem jüngsten Vorfall vom Donnerstagabend zwar noch nicht von einer besonderen Lage, dennoch ist die Branche alarmiert: Mancher Stationsbetreiber ermahnt sein Kassenpersonal zu besonderer Vorsicht.

Der Ablauf des Überfalls auf die Jet-Tankstelle an der Schillerstraße am Donnerstagabend (DK berichtete in weiten Teilen der Auflage bereits am Freitag) war ziemlich ähnlich wie bei dem auf die Edeka-Station an der Lena-Christ-Straße am 19.Februar: Zwei jüngere Männer, die ihre Gesichter lediglich mit Sonnenbrillen etwas verdeckt hatten, erzwangen mit vorgehaltenem Messer die Herausgabe von Bargeld und flüchteten anschließend auf Mountainbikes. Die groß angelegten Fahndungsmaßnahmen der Polizei - auch ein Hubschrauber kreiste über der Innenstadt - brachten keinen Erfolg.

Die Täter, beide angeblich etwa 1,80 Meter groß, 20 bis 30 Jahre alt und von südländischem oder orientalischem Typus, hatten den Kassenraum um ca. 20.25 Uhr betreten. Einer der beiden hielt der 49-jährigen Kassiererin ein nicht näher beschriebenes, etwa 30 Zentimeter langes Messer vor und zwang sie so, die Kasse zu öffnen. Der Mann entwendete nach gestriger Mitteilung des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord etwa 500 Euro in Scheinen. Beide Räuber suchten dann umgehend das Weite. Nach Zeugenaussagen flüchteten sie auf ihren Fahrrädern auf der Schillerstraße nach Süden, also in Richtung Schillerbrücke, wo sich ihre Spur aber verlor.

Der Messermann soll eine Mütze, einen grauen Kapuzenpullover und graue Hose sowie eine schwarze Jacke mit auffallenden roten Flecken und Puma-Emblem auf der Brustseite getragen haben. Er führte die Waffe laut Kassiererin in der rechten Hand. Der Komplize hatte der Beschreibung zufolge kurze Haare, trug eine schwarze Winterjacke mit Felleinsatz und eine schwarze Hose.

Die Kripo sicherte die Videoaufzeichnung der Überwachungskameras auf dem Tankstellengelände; die Auswertung dauerte am Freitag noch an. Möglicherweise will die Polizei in der kommenden Woche mit Fahndungsfotos an die Öffentlichkeit gehen.

Der Tankstellenüberfall vom Donnerstagabend war der dritte im Stadtgebiet seit Anfang Februar: Am frühen Morgen des 1. Februar hatte ein Einzeltäter, der akzentfreies Deutsch sprach, die Esso-Station an der Einmündung Neuburger Straße/Westliche Ringstraße heimgesucht und mit einem Messer von ca. 20 Zentimetern Klingenlänge die Herausgabe von Bargeld erzwungen. Auch er soll 20 bis 30 Jahre alt sein.

Diese Altersangabe trifft auch auf die beiden Täter zu, die am 19. Februar um etwa 18.45 Uhr die Edeka-Tankstelle an der Lena-Christ-Straße überfallen haben. Auch hier hatten beide Männer ihre Gesichter mit Sonnenbrillen und Mützen kaschiert (siehe obige Fahndungsbilder), auch hier war wieder ein Messer eingesetzt worden, und auch hier wurden Fahrräder für die Flucht benutzt.

Die auffällige Häufung ähnlicher Delikte kann Zufall sein, muss es aber nicht. Auch die Polizei kann nur bestätigen, dass sich Täterbeschreibung und Ablauf der Vorfälle an der Lena-Christ-Straße und jetzt an der Schillerstraße stark gleichen, stellenweise nahezu identisch wirken; die Ermittlungen beschäftigen sich zwangsläufig auch mit diesen Merkmalen. Dennoch mochte Hans-Peter Kammerer, Sprecher des Ingolstädter Polizeipräsidiums, am Freitag gegenüber dem DK noch nicht von einer besonderen Lage und daraus resultierenden Sondermaßnahmen sprechen: "Wir haben kein Kriminalitätsphänomen."

Peter Heigl, Chef der Ingolstädter Polizeiinspektion, betonte auf Nachfrage, dass seine Streifenkollegen angesichts der Vorfälle besonders sensibilisiert sind; die oben abgebildeten Fahndungsfotos würden in jedem Streifenwagen vorliegen, Tankstellen würden besonders stark beobachtet.

Dass sich Heigls Kollegen von der Kripo für die Aufklärung der nun schon drei Überfälle ins Zeug legen, muss eigentlich nicht besonders betont werden - die Ingolstädter wissen auch so, dass ihre Polizei das Beste tut, um die Täter zu ermitteln. Nur eine Erfolgsgarantie kann niemand geben. Wenn die Spurensicherung keine Treffer in den Datenbanken nach sich zieht und wenn nicht doch noch Hinweise aus der Bevölkerung zu Ermittlungserfolgen führen - Meldungen zu allen drei Fällen werden unter (0841) 9343-0 erbeten -, dann kann womöglich nur der berühmte Kommissar Zufall oder ein Zugriff unmittelbar nach einer denkbaren neuerlichen Tat weiterhelfen.

Dass sich Täter zu bewaffneten Raubüberfällen entschließen, die in der Regel nur kleine Beute, bei Festnahme aber harte Konsequenzen versprechen (die Mindeststrafe beträgt ohne mildernde Umstände fünf Jahre Haft), ist aus Sicht des braven Bürgers schwer verständlich. Menschen in akuter Geldnot und vor allem Drogenabhängige mit Suchtdruck schrecken aber dennoch nicht unbedingt davor zurück. In den vergangenen Jahren waren gerade Tankstellenüberfälle im Raum Ingolstadt allerdings eher rückläufig. Im vergangenen Jahr gab es in der Stadt keinen einzigen.

Wie auch immer: Die Branche ist alarmiert. Wie eine kleine DK-Umfrage bei Tankstellenbetreibern im Stadtgebiet ergab, ist Verunsicherung vor allem beim Kassenpersonal durchaus zu verspüren. Einige Unternehmer haben die jüngsten Überfälle zum Anlass genommen, mit den Angestellten abermals eingehend über ruhiges, deeskalierendes Verhalten bei Bedrohung durch Räuber zu sprechen. In seinen Stationen seien solche Unterweisungen dreimal jährlich üblich, erklärte ein Unternehmer: Mehrere Betreiber verwiesen auch über zusätzliche technische Sicherungsmaßnahmen und über Anweisungen ans Personal, nie besonders viel Bargeld in der Kasse anzuhäufen.

Manche Stationen, die rund um die Uhr geöffnet haben, verfügen für die Nachtstunden auch über besonders geschützte Schalter, die eine Barriere für Täter darstellen. Allerdings haben sich die letzten beiden Überfälle in Ingolstadt zu den noch publikumsstärkeren Abendstunden zugetragen. Ein Pächter sieht es deshalb fast schon fatalistisch: "Wenn jemand zur Stoßzeit zuschlägt - was wollen Sie da machen?"

Bernd Heimerl