Ingolstadt
Auf ein Wort nach New York

In zweieinhalb Minuten alles geben: Der Coach Dominik Bartl nimmt am Internationalen Speaker-Slam teil

22.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:17 Uhr
Und jetzt alle! Interaktion mit Zuhörern ist Dominik Bartl vertraut: Hier nutzte der nebenberufliche Coach im Seminar "Der Weg zum Top-Speaker" von Hermann Scherer in München die Gelegenheit, kurz vor Publikum aufzutreten. Bald muss er in New York sein Bestes geben. −Foto: Bartl

Ingolstadt (DK) Für einleitende Worte ist keine Zeit.

Für Abschweifungen und andere rhetorische Ehrenrunden sowieso nicht. Alle müssen sich kurz fassen. Und dafür um so kompakter. Wenn Dominik Bartl aus Egweil, 34 Jahre alt, seit sechs Jahren freiberuflicher Persönlichkeitstrainer, am 31. August auf die Bühne des Trinity Broadcasting Theaters in New York treten wird, um beim Internationalen Speaker-Slam das Publikum mit einem Thema seiner Wahl für sich zu gewinnen, hat er wie seine 85 Mitbewerber dafür je zweieinhalb Minuten Zeit.

Und zwar auf die Sekunde. Überziehen sollten die Speaker, wie man die vor einem mit Beifall wertenden Publikum wetteifernden Redner nennt, besser nicht, weil sonst ihre weiteren Bemühungen (Prosa, Lyrik oder andere Gattungen - egal) ungehört bleiben. "Denn nach exakt zweieinhalb Minuten wird das Mikrofon abgedreht", erzählte Bartl gestern kurz vor seinem Abflug in die USA.

Er ist sehr gespannt, ja durchaus auch leicht angespannt und kann es eigentlich immer noch gar nicht fassen, an dem renommierten Speaker-Slam in New York teilnehmen zu dürfen. "Es ehrt mich unglaublich! " Eine Koryphäe der Szene hat eingeladen: Hermann Scherer ist der Initiator dieses Internationalen Rede-Slams, bei dem jeder Kandidat in seiner Muttersprache losparliert. Bis die zweieinhalb Minuten rum sind. "Die Inhalte sind frei wählbar", erklärt Bartl. "Es können Gedanken aus dem Leben sein, aber auch philosophische oder poetische Texte. " Alles ist möglich. "Hauptsache, man kann überzeugen. "

Die Teilnehmer kommen aus ganz Europa, die meisten reisen aus Deutschland an, berichtet Bartl. Er freut sich auch darauf, in New York den "Top-Speaker" Tobias Beck zu treffen. Die Stars "bieten eine Bühne für die neuen Speaker von morgen".

Dominik Bartl ist ein Newcomer. Er hat noch an keinem Speaker-Slam teilgenommen, dafür aber einige Poetry-Slams erlebt, die ursprüngliche und (tendenziell) lyrischere Form des Bühnenwettstreits für junge Wortkünstler. Die legendären "Brüllaffen-Slams" im 2015 für immer zugesperrten Maki-Club an der Jesuitenstraße sind Bartl unvergessen. Diese Abende haben ihn inspiriert. Er schätzt auch Julia Engelmann, die mit ihrem Youtube-Hit "Eines Tages, Baby" (seit 2013 fast 13 Millionen Mal geklickt) zum Slam-Superstar avancierte.

Doch die stärkste Motivation dafür, sich für eine Teilnahme am Speaker-Slam in New York zu bewerben, erfuhr der 34-Jährige von Zuhörern, die weniger der Lyrik, sondern eher betont prosaisch dem realen Leben zugewandt sind, darunter Damen des Katholischen Frauenbunds in der Region Ingolstadt. Für sie hat Bartl, der sich nebenher als Coach und Persönlichkeitstrainer, Spezialgebiet Flirten, betätigt (hauptberuflich arbeitet er bei Audi), letzthin einen Vortrag gehalten. Inspirierend sollte er sein. Er wählte das Thema: "Veränderungen im Leben und wie man sie positiv gestaltet. "

Die Resonanz in den Reihen des Katholischen Frauenbunds und in weiteren Runden, die er als Vortragender besucht hat, brachte ihn auf die Idee, mit welchen Gedanken er in New York seine 2 Minuten 30 bestreiten wird: Er will der Frage nachspüren: "Wer bist du? Und wer willst du sein? " Reflexionen rund um "innere Einstellung und Haltung, Mind Set, Ziele und Visionen" zählen zu Bartls Domäne, er befasst sich bei seinen Vorträgen und Coachings ("Es waren bestimmt schon 40") oft und gerne mit Strategien zur persönlichen Identitätsfindung und Motivation. Antworten auf seine Frage "Wer willst du sein? " will Bartl auf der Bühne des Trinity Broadcasting Theaters indes nicht geben, erzählt er. Weniger aus Zeitgründen, sondern weil die Lösungen ganz individuell "in uns selbst liegen". Man müsse "auf sein Inneres hören", sagt Bartel, "dann bekommen wir Antworten". Er möchte dafür Impulse geben.

Und bereitet sich intensiv darauf vor. Seine Rede sitzt. Dennoch übt er sie weiter. "Täglich, im Auto, vor dem Spiegel. " Oder woanders. Bartl weiß: "Es muss alles sitzen: Pointierung, Ausstrahlung, Körpersprache. " Der entscheidende erste Eindruck wie im Zeitraffer. "In den ersten zehn Sekunden muss ich die Zuhörer erreichen, muss sie mit einer möglichst imposanten Erzählung überzeugen und meine Botschaften vermitteln. "

Bis er nach zweieinhalb Minuten Ruhe geben muss. Dann stimmt das Publikum per "Applausometer" ab. Und das möglichst lärmend, hofft er. Dominik Bartl wird berichten.

Christian Silvester