Ingolstadt
Angeklagter bestreitet Vorwürfe vehement

Vergewaltigungsprozess: Mutmaßlicher Täter wird durch eine DNA-Spur belastet

28.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:24 Uhr
Die modellhafte Nachbildung der Justitia steht neben einem Holzhammer und einem Aktenstapel. −Foto: Volker Hartmann/Archiv

Ingolstadt (DK) Mit der Aufklärung einer besonders brutalen Vergewaltigung muss sich die 1.Strafkammer des Ingolstädter Landgerichts beschäftigen. Angeklagt ist ein angeblich 26-jähriger, möglicherweise aber auch bereits 31-jähriger Asylbewerber, der den Akten nach israelischer Staatsbürger sein soll, sich selber aber als Palästinenser bezeichnet. Möglicherweise, so Mutmaßungen der Polizei, stammt der Mann aber auch aus Tunesien.

Für den angeklagten Tatbestand und die Wahrheitsfindung spiele die Nationalität des aus der U-Haft vorgeführten mutmaßlichen Täters natürlich keine Rolle, beeilte sich Vorsitzender Jochen Bösl, Vizepräsident des Landgerichts, am Donnerstag gleich nach Feststellung der (möglichen) Personalien des schmächtigen jungen Mannes mit dem modischen "Herrendutt" hinzuzufügen.

Das Gericht will sich drei Tage Zeit nehmen, den Fall aufzuhellen. Es dürfte sich dabei vor allem auf die Aussagen des Opfers, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit angehört wurde, und auf die Beweiskraft einer DNA-Spur stützen müssen, die den Angeklagten offenbar belastet. Der junge Mann selbst jedenfalls will oder kann nichts zur Aufklärung beitragen. Er behauptet steif und fest, es nicht gewesen zu sein.

Es ist die Nacht zum 1. Juli vorigen Jahres, als eine damals noch 21-jährige Ukrainerin, Bewohnerin der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber an der Manchinger Straße ("P3"), zwischen 2 und 3 Uhr früh auf dem Heimweg in diese Dependance des Oberstimmer Anker-Zentrums auf Höhe eines Reifenhandels an der Manchinger Straße von einem jungen Mann angesprochen und angeblich auch schnell bedrängt wird. Der Unbekannte wird von ihr zurückgewiesen, soll aber angesichts dieser Abwehr sofort handgreiflich geworden sein. Er soll sein Opfer mit Schlägen zu Boden gebracht und dann hinter eine Mauer gezerrt und dort weiterhin geschlagen und vergewaltigt haben. Sie habe dann irgendwann die Gegenwehr aufgegeben und einen "Blackout" gehabt, soll die junge Osteuropäerin später bei der Untersuchung im Klinikum einer Ärztin gesagt haben.

Zum Glück kam das Opfer mit dem Leben davon. Im Krankenhaus wurden Prellungen und Beulen am Kopf sowie weitere Hämatome und Kratzer am Oberkörper attestiert. Außerdem konnten die Mediziner Spermaspuren sichern, die für eine DNA-Analyse hergenommen wurden. Das Ergebnis führte schon einige Tage später zu dem jetzigen Angeklagten, der nach einem früheren Einbruchsdelikt bereits in der Datenbank der Polizei erfasst war.

Zunächst hatte die Polizei einen 19-jährigen Afghanen aus dem "P3" als Täter verdächtigt, weil die junge Ukrainerin in diesem ihr nur flüchtig bekannten Mitbewohner den Täter erkannt haben wollte. Der junge Mann kam deshalb auch für einen Tag in Polizeigewahrsam, bis der DNA-Treffer auf den jetzigen Angeklagten wies. Der wohnte zu diesem Zeitpunkt in einer Asylbewerberunterkunft in Schrobenhausen. Seit Mitte Juli vorigen Jahres sitzt er in Untersuchungshaft.

Zum Prozessauftakt hat der Angeklagte, der nur spärlich Deutsch spricht und deshalb neben der Pflichtverteidigerin einen Dolmetscher zur Seite hat, alle Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Seiner Anwältin Andrea Kremer gegenüber hatte er bei der Prozessvorbereitung angeblich sogar in großen Worten seine Empörung über die angeklagte Tat geäußert. Er finde es "schrecklich, dass in Deutschland auf offener Straße Frauen vergewaltigt werden können", soll er gesagt haben, und dass wohl "nur ein Tier so etwas tun" könne.

Am Vorabend der Tatnacht will der junge Mann tatsächlich in Ingolstadt gewesen sein - zum Tatzeitpunkt, so sagt er, habe er aber längst wieder in Schrobenhausen geweilt. Er habe tags zuvor die Hälfte seiner monatlichen "Stütze" von der Ausländerbehörde - wohl 180 Euro - ausgezahlt bekommen und sei mit diesem Geld in der Tasche am 30. Juni nachmittags mit dem Zug nach Ingolstadt gefahren, schilderte der Angeklagte dem Gericht. Von einem Taxi habe er sich dann in ein Bordell fahren lassen, wo er für Liebesdienste und Getränke gut 100 Euro ausgegeben habe. Anschließend sei er zu Fuß zurück zum Bahnhof geschlendert und bei Einbruch der Nacht wieder in seiner Unterkunft in Schrobenhausen gewesen. Ein Mitbewohner könne das bezeugen. Der ganzen Tag und Abend über will der Angeklagte sieben kleinere Flaschen oder Gläser Bier (0,33 Liter) und eine Cola mit Whisky getrunken haben. Rauschgift, so seine Aussage, habe er nicht konsumiert.

Die junge Ukrainerin tritt in diesem Verfahren als Nebenklägerin auf. Auf Antrag ihrer Anwältin wurde die Öffentlichkeit während der Vernehmung der Frau vom Prozess ausgeschlossen. Das Verfahren soll am kommenden Montag fortgesetzt werden. Ein dritter Prozesstag ist für den 5. April angesetzt.

Bernd Heimerl