Hilpoltstein
Doppeljubiläum bei Regens Wagner

150-jähriges Bestehen der Zeller Einrichtung - Die Ursprünge reichen sogar schon 175 Jahre zurück

25.01.2022 | Stand 22.09.2023, 23:27 Uhr
Eine historische Aufnahme des Nordflügel bei Regens Wagner in Zell. Nicht nur baulich hat sich in der 150-jährigen Geschichte der Einrichtung viel getan. −Foto: Regens Wagner

Zell - Es gibt heuer viel zu feiern bei Regens Wagner in Zell: Vor eineinhalb Jahrhunderten wurde die Einrichtung für Hörgeschädigte mit Mehrfachbehinderungen ins Leben gerufen - just in dem Jahr, in dem das ursprünglich in Dillingen entstandene, katholische Sozialwerk bereits sein Silberjubiläum hatte. Ob und wie das jetzige Doppeljubiläum in Zell jedoch gefeiert werden kann, hängt von der weiteren Entwicklung der Pandemielage.

Zum Auftakt soll es am kommenden Freitag, 28. Januar, eine Andacht in der Zeller Einrichtung geben. Allerdings nur für geladene Gäste, wie die Leiterin Heike Klier und die Öffentlichkeitsbeauftragte Regina Ising in einem Pressegespräch betonten. Das Geschehen werde aber auf Video aufgezeichnet und dann allen Bewohnern zur Verfügung gestellt. Denn gerade sie sollen von dem Doppeljubiläum natürlich möglichst viel mitbekommen - auch kulinarisch. Und so gibt es am kommenden Freitag auch "für alle Wohngruppen ein besonderes Essen", wie Klier und Ising schon einmal die Vorfreude weckten.

Ausstellung mit 20 Informationstafeln

Ebenfalls am kommenden Freitag fällt auch der Startschuss für eine Ausstellung, bei der 20 Informationstafeln auf einem Rundweg durch das Gelände viele Informationen über die Einrichtung geben. Nach Anmeldung werden dort auch Führungen angeboten. Auch ein Begleitheft und ein Film nehmen auf eine Zeitreise mit.

Die Anfänge von Regens Wagner Zell reichen bis ins Jahr 1847 zurück, als die Generaloberin des Ordens der Dillinger Franziskanerinnen, Schwester Theresia Haselmayr, beginnt, sich um gehörlose Mädchen zu kümmern. Einen eifrigen Unterstützer findet sie in der Person des dortigen Priesterseminarchefs (Regens) Johann Evangelist Wagner, seines Zeichens ein geistlicher Begleiter der Ordensfrauen. Ein kongeniales Gründerduo, wie sich bald herausstellt. Denn das Betreuungsangebot in Dillingen wächst schnell. Junge Frauen können hier wohnen, arbeiten und sich ausbilden lassen.

Die Ausdehnung der Einrichtung lässt nicht lange auf sich warten. Aufgenommen werden nun Mehrfachbehinderte beiderlei Geschlechts und auch verschiedener Konfessionen. Es entstehen auch weitere Regens-Wagner-Einrichtungen, 1872 die in Zell. Insgesamt sind es heutzutage 14 an der Zahl, eine davon in Ungarn. Schon in naher Zukunft könnte die Marke von 10000 Menschen erreicht sein, die von weit über 8000 Mitarbeitern betreut werden. Die Einrichtung in Zell ist nach der in Dillingen und dem benachbarten Glött die dritte ihrer Art, um den behinderten Menschen Perspektiven für ein selbstbestimmtes Leben zu eröffnen.

Einzigartig in ganzSüddeutschland

"Moderne Ideen wie Inklusion oder Sozialraumorientierung haben hier schon seit langem Einzug gehalten", wie Klier und Ising unterstreichen: Eine heimatnahe, dezentrale Betreuung oder die starke Verbindung zu Angehörigen gelten in Zell seit jeher als wichtig. Ebenso wie die Begegnung mit behinderten Menschen auf Augenhöhe - und zwar schon weit vor der Einführung des Gleichstellungsparagrafen. "Mit unserem Angebot ausschließlich für Menschen mit Hörbehinderung haben wir ein Alleinstellungsmerkmal in Süddeutschland", sagt Klier. Auf die Qualifizierung der Lehrkräfte sei deshalb früh schon großer Wert gelegt worden.

In Zell war die Gründung einer neuen Einrichtung aber auch ein finanzieller Kraftakt: 1872 kaufte Regens Wagner das dortige Schloss, in das neben der ersten Oberin namens Juliana Habet eine weitere Klosterschwester gemeinsam mit neun taubstummen Frauen einzogen. In den Hochzeiten lebten hier fast 40 Schwestern, derzeit sind es noch eine Handvoll. Seit 2015 steht die Einrichtung unter weltlicher Leitung.

Große bauliche Schritte gab es in der Entwicklung der Einrichtung zu genüge: 1910 etwa der Bau der Turnhalle - die heutige Kulturbühne. 1920 wird der Kindergarten eröffnet - ein Vorläufer der Schulvorbereitenden Einrichtung (SVE). 1971 ließ sich die Gründung der "Gehörlosenschule für lernbehinderte Schüler" feiern - mit ganz Bayern als Einzugsgebiet. Und 1987 schloss der einst zentrale Landwirtschaftsbereich, dafür nahm die Förderstätte ihren Betrieb auf.

Im neuen Jahrtausend gesellten sich zwei Standorte von Regens Wagner Zell in Nürnberg dazu. Doch schon in den 1980er-Jahren hatte die Dezentralisierung der Einrichtung ihren Lauf genommen. Es entstanden externe Wohngruppen, die es heute in Hilpoltstein, Heideck und Nürnberg gibt. In den 1990er-Jahren bezog das erste Paar eine eigene Wohnung. Im Jubiläumsjahr nun betreuen fast 800 Mitarbeiter von Regens Wagner Zell rund 520 Menschen mit Hörbehinderung und zusätzlichen Einschränkungen sowie 120 Personen mit Behinderung ohne Hörschädigung.

Dreitägige Festveranstaltung vom 24. bis zum 26. Juni

Alle gemeinsam wollen das nun beginnende Jubiläumsjahr so gut es geht feiern. "Die eine oder andere Veranstaltung hoffen wir in irgendeiner Form durchziehen zu können", geben sich Klier und Ising vorsichtig optimistisch. Geplant ist nach derzeitigem Stand der Dinge eine dreitägige Festveranstaltung vom 24. bis zum 26. Juni. Der erste Tag steht dabei im Zeichen eines Mitarbeiterfestes und der dritte im Zeichen des Sommerfestes. Dazwischen soll es eine Kulturveranstaltung geben. Und auch die bekannte "ZellKultur" in der Rother Kulturfabrik am 22. Oktober ist eingeplant.

HK

Jürgen Leykamm