Fränkische Schweiz
Wenn die "Kahlfresser" in der Stadt bleiben

Reiseführer-Autorin Corinna Brauer im Interview über die Ausflugsregion in Coronazeiten

05.01.2021 | Stand 10.01.2021, 3:33 Uhr
Expertin für die Fränkische Schweiz: Corinna Brauer hat ihren beliebten Reiseführer überarbeitet. −Foto: Pelke

Aufseß - Mitten in der Corona-Zeit hat Corinna Brauer den beliebten "Fränkische Schweiz"-Reiseführer aus dem Erlanger "Michael Müller Verlag" aktualisiert. Im Interview mit unserer Zeitung spricht die Autorin aus Aufseß über Einkehrmöglichkeiten und andere Traditionen in der Fränkischen Schweiz, die in diesem Winter trotz Corona - wenn auch mit Einschränkungen - weiterhin möglich sind.

 

Frau Brauer, kann die Fränkische Schweiz mit geschlossenen Gaststätten und ohne Bier und Schäufele überhaupt als Fremdenverkehrsregion funktionieren?
Corinna Brauer: Moment. Die Fränkische Schweiz ist doch viel mehr als Bier und Schäufele! Sie ist auch Landschaft, Wanderregion und Streuobstwiesenparadies. In diesem Sommer hat die Fränkische einen wahren Boom erlebt - vor allem Ferienwohnungen waren als Unterkunft sehr beliebt. Für den Reiseführer haben wir jetzt die ungewöhnlichsten Übernachtungsorte und die schönsten Stellplätze fürs Wohnmobil aufgespürt.

Zum Beispiel?
Brauer: Zum Beispiel kann man in Gräfenberg wie ein Schäfer im Schäferwagen wohnen, im Schloss Oberaufseß sich wie ein Burgherr fühlen und in Weingarts mit seinem Camper unter Apfelbäumen übernachten.

Aber die Gaststätten haben momentan leider geschlossen.
Brauer: Ja. Aber auch die Gasthöfe haben während des Lockdowns neue Wege der Vermarktung gefunden. Zum Beispiel setzen viele Wirte auf Abholservice, haben Online-Shops ins Leben gerufen oder Wanderbrotzeiten zum Mitnehmen kreiert. Besonders originell ist das Schäuferla-Drive-In vom Gasthof Höhn in Memmelsdorf.

Das hört sich lecker an. Wie funktioniert das?
Brauer: Da fährt man einfach mit dem Auto durch das Hoftor direkt zum Küchenfenster, bekommt dort sein ofenfrisches Schäufele ausgehändigt und fährt anschließend auf der anderen Seite wieder aus dem Hoftour davon.

Und dann lässt man sich das Schäufele gleich im Auto oder auf dem nächsten Rastplatz schmecken?
Brauer: Warum denn nicht! Wenn man an Teller und Besteck gedacht hat, überhaupt kein Problem. Am besten bringt man jedenfalls gleich seinen eigenen Kochtopf für das Schäufele-to-go mit. Das schont nicht nur die Umwelt. Ich habe festgestellt, dass man dann auch etwas mehr Soße bekommt. Und Platz für einen extra Kloß findet sich in dem Topf meistens auch noch (lacht).

Und wie geht das Ausflug in die Fränkische nach dem Schäufele-to-go weiter?
Brauer: Da gibt es zum Beispiel die Kaffeerösterei Bogarts in Forchheim. Dort hat die Familie Bogatz wegen Corona alle Stühle und Tische weggeräumt und aus ihrem Café einen Hofladen mit regionalen Spezialitäten aus der Fränkischen Schweiz gemacht. Das finde ich eine super Idee. Dort gibt es eine wahnsinnig große Glühwein-Auswahl. Am besten man kauft sich eine Flasche für daheim und schlendert danach zu den Weihnachtsinseln in der Forchheimer Fußgängerzone. Dabei sollte man auch den schön erleuchteten Innenhof in der Kaiserpfalz nicht verpassen.

 

Aber die Gaststätten zum Einkehren auf Aufwärmen fehlen in der kalten Jahreszeit doch trotzdem?
Brauer: Na klar. Die fehlen an allen Ecken und Enden. Und ich habe auch die Befürchtung, dass nicht alle Gaststätten die Corona-Krise überleben werden. Toll finde ich aber, dass die Einheimischen vor Ort wie die Wölfe für ihre Gasthöfe kämpfen. Die Unterstützung ist wirklich enorm. Die Menschen holen sich das Essen nach Hause, weil sie ihre Gasstätte im Ort wirklich erhalten wollen. Viele Wirte haben mir auch erzählt, dass ihnen diese Unterstützung der Leute vor Ort wirklich sehr gut tut.

Und was ist mit den berühmten "Kahlfressern" - also mit der Kundschaft aus der Stadt?

Brauer: Die fällt zurzeit leider weitgehend aus. Mit teilweise dramatischen Folgen. Viele Nürnberger wissen wahrscheinlich einfach nicht, welche kulinarischen Angebote die Fränkische Schweiz trotz Corona zu bieten hat.

Wo empfehlen Sie trotz Lockdown derzeit hinzugehen?
Brauer: Es gibt auch im Winter schöne Spazierwege, die nicht allzu lang sind und die sich mit einem Besuch im Hofladen verbinden lassen. Zum Beispiel ist während des ersten Lockdowns in Moggast bei Ebermannstadt aus einer privaten Initiative heraus ein Rundweg entstanden, der Obstalleen, Hecken und Wald miteinander verbindet. Er endet in der beeindruckenden Kirche in Moggast. Oder zum Kussweg in Hollfeld. Der ist mit vielen originellen Rastplätzen ausgestattet. Auch die Wanderwege rund um Aufseß sind herrlich zum Spazierengehen. Die Panoramatour verbindet beide Schlösser und führt auf sonnigen Wegen am Wald entlang.

Haben Sie auch einen speziellen Tipp für Familien mit Kindern?
Brauer: Klar. Das Kainachtal in Hollfeld ist gerade für Kinder herrlich abwechslungsreich mit seinen Wegstationen. Oder man fährt ins Dörfchen Mengersdorf, in der Nähe der Therme Obernsees. Hier wandert man auf einem Erlebnisweg durch den Zauberwald und liest von Station zu Station ein Märchen von der Bachprinzessin. Sehr originell angelegt und zu jeder Jahreszeit spannend.

Die Fragen stellte Nikolas Pelke.