Hilpoltstein
Nürnberger müssen draußen bleiben

Polizei kontrolliert am Rothsee scharf - Naherholung gilt nicht als triftiger Grund

05.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:30 Uhr
Auch die Polizei aus Schwabach kontrolliert am Sonntag am Seezentrum Heuberg, ob Ausflügler die Bestimmungen der verschärften Ausgangsbeschränkungen verletzen. Genaue Zahlen will das Polizeipräsidium Mittelfranken am heutigen Montag veröffentlichen. −Foto: Kofer

Hilpoltstein - Die Allgemeinverfügung sorgt vor allem für allgemeine Verwirrung.

 

Am Rothsee kontrolliert am Wochenende die Polizei und spricht jeden an, der ein Nürnberger Nummernschild hat.

Der Strand beim Seezentrum Heuberg ist schon seit einer Woche mit einem Absperrband der Polizei abgeflattert. Sonnenbaden, Chillen oder Picknick ist hier nicht mehr. Trotzdem herrscht am Sonntagnachmittag bei bestem Ausflugswetter einigermaßen Betrieb. Auf den Liegebänken genießen viele die Sonne, Jogger, Radfahrer und Spaziergänger müssen auf den Wegen aufpassen, dass sie den Mindestabstand von 1,5 Metern nicht aus Versehen unterschreiten. Außer sie sind verwandt und leben im gleichen Haushalt oder sie sind ein Paar - oder ganz alleine. Das zu kontrollieren ist schwer. Die Polizei macht es trotzdem.

In der Nacht zum Samstag ging der Inspektion Hilpoltstein auf einem Parkplatz ein Pärchen ins Netz, das leider keines war. Nach Auskunft eines Beamten hat es sich bei dem Treffen eines 27-jährigen mit einer 22-jährigen Frau lediglich um ein "Date", also eine Verabredung gehandelt. Ein echtes Paar - was immer das genau ist - seien die beiden nicht oder zumindest noch nicht gewesen. Ein Verstoß gegen die Ausgangsbeschränkungen, die wegen die wegen des Covid-19-Virus verhängt worden sind. Kein guter Start in eine Beziehung.

Schon für Freitag vermerkt der Hilpoltsteiner Polizeibericht nach Kontrollen, allerdings ohne genaue Ortsangabe: "Dabei mussten die Beamten wieder mehrere Personen ansprechen, die sich teils bewusst, teils aus vorgegebener Unkenntnis, nicht an die Regeln der Allgemeinverfügung der bayerischen Staatsregierung hielten. " Ein Bürger bleibe den Beamten dabei besonders im Gedächtnis, heißt es weiter. Der Mann sei zunächst in seinem Auto kontrolliert worden, in dem er zusammen mit seinem Bruder saß. Er sei mündlich belehrt worden und habe sich wenige Minuten danach telefonisch bei der Polizeiinspektion Hilpoltstein erkundigt, ob das Verhalten der kontrollierenden Beamten korrekt gewesen sei und wie denn nun die Vorgaben der Allgemeinverfügung seien. Dies sei ihm vom diensthabenden Wachleiter erklärt worden. "Nichtsdestotrotz wurde er kurze Zeit später wieder von den gleichen Beamten gesehen, nur lief er dieses Mal händchenhaltend mit einer nicht in seinem Haushalt lebenden Person durch die Straßen von Hilpoltstein", heißt es im Polizeibericht. "Die nun laufende Ordnungswidrigkeitenanzeige ließ sich damit beim besten Willen nicht mehr vermeiden. " Dabei hat es sich bei der Person, die nicht in seinem Haushalt lebt wohl um seine Freundin gehandelt - also ein richtiges Paar. Ob die Anzeige unter diesen Umständen Bestand hat, ist zumindest fraglich.

Am Samstagnachmittag sind nur vereinzelt Spaziergänger am Seezentrum Heuberg unterwegs. Hin und wieder fährt ein Radfahrer vorbei, Passanten schlendern alleine oder höchstens zu zweit an den leeren Tischen und Bänken der Strandhäuser vorbei. Nur die großen Liegebänke sind bevölkert, allerdings in der Regel auch nur von einer Person, ganz selten teilen sich zwei so eine Bank. Die müssten sie eigentlich nach spätestens 15 Minuten wieder verlassen. Ein ähnliches Bild bietet sich am Samstag ein paar Kilometer weiter am Strandhaus Birkach. Ein Polizeiauto rollt langsam über den Birkach-Parkplatz, auf der Suche nach Ausflüglern, die die Regeln nicht einhalten. An der Uferpromenade vor dem Strandhaus rennen ein paar Kinder über den nicht abgesperrten Bereich der Liegewiese.

Am Sonntagnachmittag herrscht schon mehr Betrieb am Seezentrum Heuberg. Rund 40 Autos parken hier. "Nur vier aus Hip", klärt mich ein Polizist der PI Hilpoltstein auf, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Er spricht mich an, weil er wissen will, was ich mit einem Nürnberger Nummernschild am Rothsee mache. Dass ich am Sonntag arbeiten muss, akzeptiert er zwar, weist mich aber darauf hin, dass ich ohne triftigen Grund nicht hier sein dürfte. Das sei nicht erwünscht. In die grundsätzliche Diskussion, ob es auch verboten sei, als Nürnberger einen Spaziergang am Rothsee zu machen, wirft er ein, dass ich ja auch in Nürnberg spazieren gehen könnte. Ich solle mir doch das Infektionsschutzgesetz durchlesen, damit wäre das polizeiliche Vorgehen begründet. Das Gesetz umfasst 16 Abschnitte und 77 Paragrafen - zu viel für einen sonnigen Sonntag und im Auto nicht verfügbar. Nur 100 Meter weiter, direkt am Seezentrum steht ein Polizeibus mit Beamten aus Schwabach, die sofort wissen möchten, was ich da fotografiere. Ein Polizist verlangt, dass er auf dem Foto unkenntlich gemacht werden müsse. Meine Frage, ob schon viel losgewesen sei, beantwortet er kurz angebunden: "Schauen Sie im Internet nach. " Dort meldet das Polizeipräsidium Mittelfranken etliche Verstöße: "Die konkreten Fallzahlen werden am Montag veröffentlicht. "

HK

 

Robert Kofer