Stauf
Briefmarken ersetzen die Skulptur

Metallbildhauer TEVAUHA war mit einer Künstlergruppe in Brasilien unterwegs

12.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:25 Uhr
  −Foto: Karch (2) , Anastasia Held, Bruna Soares

Stauf (HK) Vor dem eigentlichen Besuch in Belém am Amazonas war Fleißarbeit angesagt: 115 Postkarten hat TEVAUHA, der Bildhauer Thomas Volkmar Held aus Stauf, gestaltet, beschriftet und mit selbst gemachten Briefmarken versehen.

Einen Teil davon hat er von Stauf aus nach Brasilien geschickt. Diesen Postkarten ist er für zwei Wochen nachgereist, als Mitglied einer sechsköpfigen Künstlergruppe aus Deutschland. Eingeladen zu diesem Austausch zwischen Deutschland und Brasilien hatte der Nürnberger Verein Ponte Cultura.

Und das nicht zum ersten Mal. Für TEVAUHA war es bereits die vierte Reise mit diesem Kreis nach Brasilien. Der hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Dialog zwischen den Künstlern und die Völkerverständigung zu fördern, mit gemeinsamem Arbeiten, mit gemeinsamen Ausstellungen und Gesprächen. Für seine erste Reise im Jahr 2006 musste sich Held noch bewerben, inzwischen setzt das Nürnberger Ehepaar Stüve, das diesen Austausch organisiert, auf Künstler, die es kennt. Sechs Künstler aus Deutschland haben sich heuer auf den Weg gemacht und sind in Brasilien auf Einheimische gestoßen, aber auch auf Kollegen aus Frankreich, Kanada oder Nicaragua.

Für TEVAUHA war der Austausch heuer überaus entspannt, konnte er sich doch dank moderner Technik problemlos verständigen. "Ich habe einfach eine Translation-App aufs Handy geladen. " So funktionierte der Gedankenaustausch gut - ganz ohne große Portugiesisch-Kenntnisse. "Bei meinem Statement am Schluss waren alle begeistert von der Übersetzung, die besser war als die der Dolmetscherin. Alle haben applaudiert", sagt Held und grinst.

Bevor er sich aber auf die Reise machen konnte, musste er sich wie schon bei den drei Besuchen davor, Gedanken darüber machen, welches seiner Kunstwerke er mitnehmen wollte. Ein Maler rollt einfach seine Leinwand zusammen, "bei einem Metallbildhauer ist das nicht leicht" - im wahrsten Sinne des Wortes. Eine Skulptur mitzuschleppen, wäre einfach zu schwierig gewesen. Bei der Suche nach etwas Leichtem, aber doch Aussagekräftigem fielen dem Künstler Briefmarken und Postkarten ein. Und flugs machte er sich an die Arbeit, beschrieb Dutzende von Postkarten mit Hilfe seiner Translation App auf Portugiesisch und schickte sie nach Brasilien. Die Karten zierte dabei nicht nur eine richtige Briefmarke, sondern auch eine von TEVAUHA selbst entworfene. Und auch die Postkarten waren nicht von der Stange. Ein Teil waren von ihm gemachte Fotos zu ganz verschiedenen Themen, andere - wie die von einem Bauernhaus im Schwarzwald - bedienten einfach Klischees. Auch eine alte Postkarte mit viel Schnee hatte Held ausgewählt - etwas Europäisches, das die Brasilianer so nicht kennen. " Da schneit es ja nie. " Andere Postkarten griffen ein Projekt auf, das er bei seiner Reise vor zehn Jahren schon bearbeitet hat: Er hatte damals Schüler des Hilpoltsteiner Gymnasiums fotografiert, diese Fotos verändert und in Brasilien die Bilder noch kräftig unter fließendem Wasser gewaschen. Ein Foto dieser veränderten Bilder wurde für die diesjährige Reise genauso zur Postkarte wie der Blick in einen brasilianischen Elektroladen um Mitternacht oder ein Bild von der Arbeit an einem Mosaik für eine Kapelle in Brasilien, die beim Austausch 2013 als Teil des Kunstprojekts gemacht worden war. Auch eine riesige Spinne, die während einer Brasilienreise seine Mitbewohnerin war, hat es zum Fotomodell gebracht. Eine Karte zeigt den Thalmässinger Marktplatz und auch die Rinderskulptur, die der Künstler nach dem im Museum ausgestellten Anhänger gestaltet hat.

Allerdings brauchten die Postkarten zum Teil bis zu sieben Wochen, bis sie in Brasilien angekommen sind. Es haben auch nicht alle der 115 Postkarten den Weg über den Ozean geschafft. Die letzten 20 Karten hatte TEVUHA dann noch im Handgepäck dabei. Die von TEVAUHA gestalteten Postkarten wurden während des Aufenthalts der Künstlergruppe zusammen mit anderen Werken ausgestellt. "Die Besucher haben die von hinten angestrahlten Postkarten angeschaut und auch die portugiesischen Texte gelesen. "

Mitgenommen hat Held auch ein Gastgeschenk, ein von ihm im Eisenhammer angefertigtes Messer aus Eisen. Das wollte er eigentlich einem indigenen Stamm überreichen, den die Künstlergruppe besuchen wollte. Doch musste dieser Besuch abgesagt werden, das Messer blieb trotzdem im Gastland. "Ich habe etwas von Deutschland nach Brasilien gebracht und in Form von Fotos von Menschen oder Gebäuden wieder etwas von Brasilien mit nach Hause genommen. " Eine Erinnerung an die Reise hat er künftig jeden Tag vor Augen: Das Foto einer Insel mit Mangrovenwäldern ist zum Desktop-Hintergrund seines Computers geworden.

Andrea Karch