Hilpoltstein
Abenteuerlust in Armenien: Abstecher in die Winterwunderwelt

02.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:20 Uhr
Auf dem Aragaz wärmt sich das Trio erst einmal auf. −Foto: Bernreuther

Hilpoltstein (HK) Auf seiner Reise um die Welt ist Marc Bernreuther in dieser Woche kaum vorwärts gekommen. Doch dafür gibt es auch einen guten Grund. Nur wenige Tage nach seiner erfolgreichen Teilnahme am ersten Marathonrennen in Armeniens Hauptstadt Yerewan stürzte sich der 25-Jährige gleich ins nächste Abenteuer, das ihm in den Weg kam - eine Bergtour zu einem Viertausender.

Tag 58 (Yerewan/Armenien): Der Tag nach dem Marathon ist verregnet und das passt mir sehr gut. Ich kann mich nämlich ohnehin nicht besonders gut bewegen. Ich verlasse das Hostel nur einmal, um mir etwas zu essen zu besorgen.

Tag 59 (Yerewan/Armenien): Heute kann ich schon wieder deutlich besser gehen und auch das Wetter ist ein wenig besser. Ich mache mich also auf, um die ganzen Besorgungen zu machen, die ich machen wollte. Der Tag ist im Ganzen recht erfolgreich, ich genieße es aber auch, mich noch auszuruhen.

Tag 60 (Yerewan/Armenien): Es regnet immer noch und ich entscheide mich sofort nach dem Aufstehen, dass die Zeit des Weiterfahrens noch nicht gekommen ist. Beim Frühstück lerne ich Katha und Benni kennen. Sie kommen aus Berlin und sind mit dem Rucksack unterwegs. Ihr Weg führte durch Russland und Georgien nach Armenien. Am Abend in einer Bar erzählen sie mir, dass sie am Wochenende auf den Mount Aragaz gehen wollen. Das ist ein 4000 Meter hohen Schichtvulkan. Katha und Benni fragen mich, ob ich sie nicht mit Rucksack und Zelt begleiten möchte. Ich will unbedingt und wir stoßen noch einige Male darauf an. Vom Heimweg sollte nur noch eine recht verblasste Erinnerung bleiben.

Tag 61 (Yerewan/Armenien): Zum Glück regnet es weiter. Wir sind alle drei etwas verkatert. Wie gut, dass es drinnen so gemütlich ist. Wir gehen Proviant für unsere Expedition einkaufen und packen unsere Sachen. Die Ruhe vor dem Sturm? ! Der Aragaz ist der höchste Berg Armeniens. Dort oben hat es Minusgrade und es liegt Schnee. Ich bin so gespannt.

Tag 62 (Mount Aragaz/Armenien): Unsere Sachen sind gepackt. Meine Packtaschen kann ich zum Glück im Hostel deponieren und mein Rad wird auch von einer Kamera bewacht. Wir nehmen einen Linienbus nach Bjurakan, dem Ort, der dem Aragaz am nächsten ist. Die Fahrt dauert ungefähr eine Stunde und kostet umgerechnet einen Euro pro Person. Als Erstes steuern wir die Ruine der Festung Amberd an. Dort machen wir Pause. Zum Glück können wir uns in einer "Hütte" von Bergführern, die dort ihr Basiscamp aufgeschlagen haben, wärmen und trocknen. Für sie ist die Saison schon vorbei und sie machen sich sichtlich Sorgen um uns, ob unseres tollkühnen Vorhabens, zu dieser Jahreszeit noch auf den Vulkan steigen zu wollen. Wir beratschlagen uns mit ihnen über die Route, die wir am besten nehmen sollten, trinken einen Wodka mit ihnen (ohne hätten sie uns keinesfalls gehen lassen) und steigen dann weiter auf.

Am späten Nachmittag finden wir im dichten Nebel einen guten Platz, um unser Zelt aufzuschlagen. Draußen toben Sturm und Regen. Als wir nichts mehr hören und nach draußen schauen, sind wir komplett eingeschneit.

Tag 63 (Mount Aragaz/Armenien): Als ich morgens als erster aus dem Zelt schaue, erblicke den Inbegriff einer Winterwunderwelt. Die Aussicht auf den heiligen Berg Ararat in der Türkei, gepaart mit dem Schnee und den mystischen Steinformationen bieten einen Anblick, dessen umwerfende Schönheit uns laut jubeln lässt. Wir machen Porridge und Kaffee zum Frühstück und quatschen über Gott und die Welt. Definitiv einer der absoluten Höhepunkte meiner Reise bisher. Und das, obwohl ich eigentlich nicht mal bis nach Armenien reisen wollte. Wir sind auf etwa 2300 Meter Höhe und müssen hinauf auf 3200 Meter, um den See zu erreichen, von dem aus wir dann einen der vier Gipfel ansteuern können. Die Entfernung beträgt ungefähr zwölf Kilometer. Das hört sich erst einmal nicht so wild an, aber das was in den nächsten Stunden kommt, lässt sich guten Gewissens als Kampf bezeichnen. Neben dem See, den wir ansteuern, gibt es eine Art Observatorium. Ein Relikt aus der Sowjetunion. Als wir um das Gebäude herum gehen, erblicken wir einen postgelben Bus und zwei Männer. Es handelt sich um Marc und Tim aus der Schweiz. Sie machen für drei Monate eine Rundreise mit ihrem Bus und sind zum Skitourengehen hier hochgekommen. Der Schnee in der Nacht hat sie jedoch überrascht und sie stecken nun mit ihrem Bus fest.

Tag 64 (Sewan/Armenien): Ganz bis auf den Gipfel zu gehen, ist leider keine Option. Alle Wege sind verschneit und völlig unpassierbar. Dafür helfen wir Tim und Marc, ihren Bus aus der Schneefalle zu befreien. Sie revanchieren sich bei uns, indem sie uns auf Pasta aus ihrer Busküche einladen. Benni, Katha und ich wollen heute die freigeräumte Straße nach unten nehmen. Genug Schneeabenteuer! Wir haben nämlich beschlossen, noch gemeinsam an den Sewansee zu fahren. Außer mir war noch keiner dort und für uns alle passt die Richtung ganz gut. Erst holen wir in Yerewan unsere Sachen aus dem Hostel, dann geht es weiter nach Sewan. Da es schon dunkel ist, fahren wir an den gleichen Ort, an dem ich bereits vor knapp einer Woche gecampt habe. Ein merkwürdiges Gefühl, da ich dachte, dass ich diesen Ort nie wieder sehen würde.