Nassenfels
Der Speckberg als gefeiertes Archäotop

09.02.2011 | Stand 03.12.2020, 3:10 Uhr

Eiszeitliche Impressionen vom Speckberg, fotografiert im Januar 2011. - Foto: Falk Lochmann

Nassenfels (EK) Die größte steinzeitliche Freilandstation Süddeutschlands auf dem Speckberg bei Nassenfels wurde vor 50 Jahren entdeckt. Oswald Böhme war dabei die treibende Kraft. Kreisheimatpfleger Dr. Karl Heinz Rieder erinnert daran und verweist auf ein Festwochenende im Herbst.

Welche Folgen seine Suche nach Gesteinsproben im Schuttertal nach sich ziehen würde, konnte der Züricher Geologiestudent Rainhard Streit nicht ahnen. Im August 1960 fand er in einem Geländeanschnitt eines alten Steinbruchs am Speckberg bei Zell, damals Gemeinde Meilenhofen, Hornsteinstücke, die ihm als vom Menschen gemacht erschienen. Er wandte sich damit an den Nassenfelser Oberlehrer Oswald Böhme, den renommierten Römerforscher seiner Heimatgemeinde Nassenfels. Böhme erwähnte, wie sich Kreisheimatpfleger Rieder erinnert, später einmal, dass er bis dahin keinerlei Erfahrung mit der Steinzeit hatte und dass es in seinem Wirkungskreis keine steinzeitlichen Fundstellen gab.
 

Auch Böhme vermutete, dass es sich bei den vorgelegten Funden um Steinwerkzeuge handelte, und er hatte sogar eine richtungsweisende Idee. Er dachte, dass sie altsteinzeitlich sein könnten, also mehr als 10 000 Jahre alt sein müssten. Im Januar 1961 bekam er Antwort auf seine schriftliche Anfrage von Professor Christian Peschek vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in Würzburg, wohin die Funde über die Münchener Zentrale des Amtes inzwischen gelangt waren.

Die Bestimmung war für Böhme eher ernüchternd, als zwar der Werkzeugcharakter eindeutig bestätigt wurde, aber eher eine jungsteinzeitliche Herkunft angenommen wurde. Er war nicht im Geringsten entmutigt, sondern richtig herausgefordert. Seine konsequente Nachsuche hatte bald Erfolg. Schon bald hatte Böhme den ersten Faustkeil in seinen Händen. Damit bestand kein Zweifel mehr an der altsteinzeitlichen Datierung des Platzes. Faustkeile sind bekanntlich Schneidewerkzeuge des Neandertalers.

1963 fand die erste Probegrabung durch die Prähistorische Staatssammlung München statt. Die Ergebnisse waren so vielversprechend, dass eine mehrjährige Forschungsgrabung folgte. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fand das Projekt förderungswürdig und der Spezialist für Altsteinzeit Hansjürgen Müller-Beck, zunächst von der Universität Freiburg, dann als Professor des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Tübingen, leitete die aufsehenerregenden Ausgrabungen.

Der Platz entwickelte sich zur größten Freilandstation Bayerns, an der über 400 000 Funde geborgen wurden. Inzwischen gibt es zahlreiche Veröffentlichungen und Ausstellungen des Fundmaterials.

Die 50-jährige Wiederkehr der Entdeckung, vielmehr die Bestätigung, dass der Speckberg eine altsteinzeitliche Jagdstation war, soll heuer mit verschiedenen Veranstaltungen gewürdigt werden. Schon im vergangenen Jahr wurden der seit den 60-er Jahren stark zugewachsene Hang und die Hochfläche von Buschwerk befreit. Der Landkreis Eichstätt initiierte die Maßnahme im Rahmen des Natur- und Umweltprogramms, welches auch vom Freistaat Bayern gefördert wurde. Die Wegsituation wird demnächst durch den Markt Nassenfels verbessert und der Naturpark Altmühltal fördert die Aufstellung von Informationstafeln.

Damit soll das höchst bedeutende Archäotop, Biotop und auch Geotop für die Öffentlichkeit aufbereitet werden. Begleitet werden diese Maßnahmen unter anderem durch Führungen des Bundes Naturschutz Auf die archäologischen Besonderheiten wird Rieder vertieft eingehen. Schließlich soll Ende Oktober ein Festwochenende stattfinden mit Fachvorträgen, Ausstellung und einem Steinzeitfest am Speckberg mit umfangreichem Programm.