Eichstätt
"Stolpersteine" vor jüdischen Häusern

Hauptausschuss unterstützt das Vorhaben eines GG-Projektseminars zum Gedenken an die NS-Opfer

24.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:57 Uhr

 

Eichstätt (EK) Mit „Stolpersteinen“ soll früheren Wohn- und Wirkungsstätten von Juden in Eichstätt gedacht werden. Der Hauptausschuss unterstützt das Vorhaben eines Projektseminars des Gabrieli-Gymnasiums einstimmig. Den Beschluss darüber hat nun der Stadtrat am Donnerstag zu fassen.

Die Einstimmigkeit im Hauptausschuss war nicht selbstverständlich, denn „Stolpersteine“, wie sie der Künstler Gunter Demnig in verschiedenen Städten zum Gedenken an jüdische Mitbürger, die dem Terror der NS-Zeit zum Opfer gefallen sind, initiiert hatte, hatten in anderen Städten durchaus Kritik ausgelöst. Oberbürgermeister Andreas Steppberger hat in der Ausschusssitzung aus einem Schreiben des Zentralrats der Juden in Deutschland zitiert, das diese Kontroverse aufgreift.

Die GG-Schüler hatten sich an den Zentralrat mit der Bitte um eine Einschätzung gewandt, Geschäftsführer Daniel Botmann hatte geantwortet und erklärt, dass es auch unter den Juden in Deutschland keine einheitliche Meinung dazu gebe. „Die ehemalige Präsidentin des Zentralrats, Charlotte Knobloch, lehnt die Aktion ab. Sie befürchtet, dass auf diese Weise die Würde der Opfer sozusagen erneut mit Füßen getreten würde. Man muss diese Auffassung ebenso respektieren wie die gegenteilige Meinung des amtierenden Zentralratspräsidenten Dieter Graumann, der in diesem Projekt die Möglichkeit sieht, an die Judenverfolgung im Alltag zu erinnern.“

Botmann erläutert weiter, dass es auch unter den Angehörigen der Opfer unterschiedliche Meinungen gebe. „Häufig wird von den Familien jedoch angeführt, dass es wichtiger sei, überhaupt an einer Stelle an die Angehörigen zu erinnern, da es vielfach für diese Menschen nicht einmal einen Grabstein gibt.“ Konkret schlägt die Projektgruppe sechs Standorte in Eichstätt vor: in der Luitpoldstraße 14, wo die Familie Dachauer lebte (heutiger Eigentümer: Dominik Müller), in der Marktgasse 3/Gabrieli-straße 4, wo Rosa Loew lebte (heutige Eigentümerin: Hedwig Sporer), Marktplatz 2, wo Max und Flora Liebmann lebten (heutiger Eigentümer: Josef Böhm), Pfahlstraße 17, 19 und 21, wo Wilhelm Schimmel lebte (heutige Eigentümerin: Walburga Eberlein), Am Graben 21, wo Salomon und Julie Hönlein lebten (heutiger Eigentümer: Herbert Peppenauer), und Domplatz 5, wo das Geschäft von Salomon Guttentag gewesen ist (heutige Eigentümerin: Volksbank-Raiffeisenbank eG).

Wolfgang Wollny (Grüne), der das Projekt als Lehrer am GG auch betreut, erklärte, die Stolpersteine sollten in Kooperation mit dem Künstler Gunter Demnig nahe an der Hauswand gesetzt werden. Sie sollen die Größe eines Pflastersteins haben und in den Boden vor den Häusern der vertriebenen Juden eingelassen werden. Die Oberfläche besteht aus Messing und enthält die eingravierten Daten. Die Kosten liegen bei 120 Euro pro Stein plus der Künstlerkosten, die Wollny nicht näher nannte. Für die Übernahme der Kosten werden noch Sponsoren gesucht. Die Eigentümer seien informiert, bis auf einen hätten sich alle mit einer positiven Reaktion zurückgemeldet, sagte Wollny. Er betonte auch, dass die Eigentümer nicht betroffen seien, da die Steine auf öffentlichen Grund, nämlich auf den Gehsteigen, verlegt werden sollen.

Der Eichstätter Gesprächskreis Christentum – Judentum unterstützt das „Stolpersteine“-Projekt, auch der Hauptausschuss will das Gedenken an die jüdischen Mitbürger in Eichstätt fördern, und empfahl dem Stadtrat daher einstimmig, das Projekt ebenfalls zu unterstützen.