Dollnstein
Detailgetreu und anschaulich

Dioramen des Obereichstätter Heimatkünstlers Clemens Nissl im Altmühlzentrum

08.05.2019 | Stand 23.09.2023, 6:55 Uhr
Clemens Nissl erklärte Landrat und Naturpark-Geschäftsführer sowie Mitgliedern des Freundeskreises Leuchtenberg seine Dioramen. −Foto: Mayer

Dollnstein (EK) "Man muss Geschichte lebendig erzählen und dazu bedarf es der Anschauung.

" Hört man Clemens Nissl aus Obereichstätt zu, dann klingt es plausibel, was der geschichtsinteressierte Heimatforscher zu erzählen hat. Viele Museen seien viel zu abstrakt, deswegen sei er auf die Idee gekommen, Geschichte anschaulich und konkret darzustellen.

Entstanden sind unzählige Dioramen, die Originalschauplätzen detailgetreu nachempfunden sind, und die Nissl zusammen mit Hilfe seiner Frau und seiner Tochter im Laufe der letzten Jahrzehnte geschaffen hat. Einige seiner jüngsten Werke sind nun im Rahmen der Ausstellung "Auf den Spuren der Leuchtenberger" im Altmühlzentrum in Dollnstein zu begutachten. Nun bot sich Nissl die Gelegenheit, seine Werke Landrat Anton Knapp und Naturpark-Geschäftsführer Christoph Würflein persönlich zu präsentieren.

Dabei hatte er auch ein neues, sehr reizvolles Exponat, das er für diese Saison dem Altmühlzentrum ebenfalls als Leihgabe überlässt: eine Krippen-Darstellung mit dem Jesuskind. Das Schmuckkästchen, das als Weihnachtsgeschenk geschaffen wurde, ist wohl im Eisenhüttenwerk Obereichstätt von einem Gussmeister für seine Familie erstellt worden. Nissl, der heute 87 Jahre alt ist und als Eisenbahner gearbeitet hat, hatte oft während seiner Nachtschichten die Ideen zur konkreten Umsetzung. Dann kamen ihm bei einem Flohmarkt Zinnfiguren in die Finger. Als er sie dann in Händen hielt, stellte er sich die Frage: "Was kannst du damit machen? " Dabei sei er auf die Idee gekommen, "Heimat zu bauen". Fortan war der kreative Künstler getrieben und geleitet von der unbändigen Liebe zur Heimat. "Das Hüttenwerk in Obereichstätt bedeutet Heimat. Es war Lebensquelle für ganz Obereichstätt und für viele Menschen um den Ort herum", so Nissl. Deshalb hielt er diese Szenen auch in seinen Dioramen fest. Schon der ganze Eisenerztransport mit den Ochsenkarren und Pferden habe ihn so fasziniert, dass er diesen unbedingt veranschaulichen musste, so Nissl weiter. Ein weiteres Bild zeigt den Erzweg, auf dem das Eisenerz zur Gattierung (Mischung) und Verhüttung nach Obereichstätt gebracht wurde. Dabei wird deutlich, dass der Transport mit Ochsenfuhrwerken nicht immer ungefährlich war. Die Fahrten wurde unter den Schutz der Gottesmutter Maria gestellt, wozu etwa auf halber Höhe in einer Nische eine Muttergottesfigur aufgestellt wurde. Auch diese Szene hat Nissl liebevoll nachempfunden und mit einem Socken strickenden Schäfer, der das Geschehen beobachtet, versehen.

Besonders ins Auge sticht die letzte Darstellung, die das geschäftige und wuselige Treiben rund um das Hüttenwerk illustriert. Das bereits im Jahre 1411 von Bischof Friedrich IV. von Oettingen gegründete Eisenhüttenwerk ging 1817 in den Besitz von Eugené de Beauharnais und damit in den der Leuchtenberger über. Obereichstätt war mit der Hammermühle in Altendorf und dem Hammerwerk in Hagenacker der größte Industriebetrieb im Leuchtenbergischen Territorium.

Wenn Clemens Nissl etwas baut, dann richtig und von Anfang an. Der Betrachter hat das Gefühl, mitten im Geschehen dabei zu sein, gerade deshalb, weil die historische Szenen, die sozialen Milieus, Berufe oder Tiere in ihrer natürlichen Umgebung dargestellt werden. Naturgemäß gibt es, so Nissl, heute keine Zeitzeugen mehr, so dass er sich in die Zeit, über die er seine Dioramen entwirft, einlesen muss. "Geschichte war in der Schule mein Lieblingsfach", meint er und erklärt, dass er auf Spaziergängen Wurzeln, Stöckchen, Steine und Moos für seine Landschaften sammelt. Auf Messen und in Katalogen bestellt er seine Figuren. Wie lange er für ein Diorama braucht, weiß er gar nicht genau. Manchmal sitze er von der Früh' fast bis Mitternacht im Dachboden. Zeit spiele dabei keine Rolle, denn "man kann nur etwas gestalten und bauen, worüber man sich Gedanken gemacht und eine Vorstellung entwickelt hat".

Edgar Mayer