Dietfurt
Morgens Müsli, mittags Maultaschen

Ärztin Christine Meier warnt vor dem Essen aus Gewohnheit

04.03.2020 | Stand 23.09.2023, 11:01 Uhr
Frühstückszeit: Geht der Griff zur Semmel aus Gewohnheit oder aus Hunger? −Foto: Schabenberger

Dietfurt - In der Fastenzeit auf Schokolade, Gummibärchen und Chips verzichten: Viele Menschen begehen so die 40 Tage zwischen Aschermittwoch und Ostern.

 

Lediglich auf Genussmittel zu verzichten, um auch etwas zu fasten, widerspricht allerdings dem christlichen Grundgedanken. Das bedeutet nicht, dass dieser Verzicht nicht gesund sein kann - nur fehlt die bewusste Entscheidung dahinter: Während den 40 Fastentagen sollen Menschen ihr eigenes Verhalten reflektieren und so ihren Mitmenschen beziehungsweise dem Sinn des Lebens näher kommen (wir berichteten im ersten Teil der Serie). Deshalb soll der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel nicht einfach so, sondern aus einem triftigen Grund passieren. Christine Meier (kleines Bild), Ärztin der Dietfurter Hausarztpraxis Jura 2000, ist unter anderem auf Ernährungsmedizin spezialisiert. Daher weiß sie, welche Lebensmittel sich aus medizinischer Warte besonders eignen, in der Fastenzeit verbannt zu werden.

Bei Kaffee, Rotwein oder Tabak sind die positiven Auswirkungen eines Verzichtes direkt sichtbar: Die Zähne verfärben sich weniger stark. Bei den meisten anderen Lebensmitteln zeichnen sich jedoch nicht so schnell mit dem Auge erkennbare Verbesserungen ab: Zeit ohne Alkohol wirkt sich positiv auf möglicherweise erhöhte Leberwerte aus. Das Aussparen von Milchprodukten kann gegen Akne helfen. Fleisch vom Speiseplan streichen hilft bei erhöhter Harnsäure. Diese Beispiele zeigen, dass es nicht den einen Fastenweg fürs Essen gibt. Jeder muss sich selbst überlegen, welche Ernährungsumstellung individuell sinnvoll ist. Dazu müssen die eigenen Probleme und die daraus resultierenden Beeinträchtigungen des Lebens reflektiert werden.

Allerdings räumt Meier ein: "Verzicht in der Fastenzeit muss nicht zwingend der Verzicht auf bestimmte Lebens- oder Genussmittel sein. " Stattdessen reiche häufig ein allgemein bewussteres Essen und Trinken. "Wir leben in einer Zeit des Überflusses - auch was die Ernährung angeht", schildert Meier. Indem immer Essen zur Verfügung stehe, würden häufiger Menschen übergewichtig. Solche Personen sind wiederum anfälliger für unter anderem Bluthochdruck, Gicht oder Herzinfarkt. Daher ist die Fastenzeit laut Meier ein guter Anlass, um die eigenen Essgewohnheiten zu überdenken. Denn häufig essen Menschen, nur weil es ihnen der Tagesablauf vorschreibt: Sie füllen sich um 7 Uhr die Müslischüssel, löffeln um 12 Uhr die Maultaschensuppe und machen um 19 Uhr Brotzeit. Selten hören sie dabei auf die Bedürfnisse ihres Körpers. Meier gibt dafür Leitfragen an die Hand: "Esse ich jetzt, weil ich Hunger habe, oder weil Mittagszeit ist? " Außerdem warnt sie davor, Essen als Beschäftigung zu sehen und damit Langeweile zu bekämpfen.

 

Zudem weitet die Ärztin den Blick auf das Feld der Gesundheit: Für ein ausgewogenes Leben spielt nicht nur Ernährung eine Rolle. Die richtige Körperhaltung trägt außerdem zu Wohlbefinden bei. Dabei macht Meier auf die Smartphone-Nutzung aufmerksam: Die Haltung dabei begünstige teilweise Nackenschmerzen.

Obwohl Meier die 40 Tage der Fastenzeit als zu knapp empfindet, um sich langjährige Angewohnheiten abzutrainieren, sind sie für sie ein geeignetes Sprungbrett in die Veränderung: "Es kann ein Sich-Besinnen sein. " Durch eine bewusste Reflexion des Essverhaltens lassen sich Automatismen - wie das Stück Kuchen zum Kaffee - durchbrechen: "Eine Ernährungsumstellung hat meistens weniger mit Disziplin und Willensstärke und mehr mit strukturiertem beziehungsweise erlerntem Verhalten zu tun - man muss nur umlernen", erklärt Meier. Das bedeutet, statt zur Schwarzwälderkirschtorte oder dem Bienenstich zu greifen, das Apfelmesser zücken.

Von Aschermittwoch bis Ostern ist Fastenzeit - aufgrund alter Lehrmeinungen oft als Selbstkasteiung wahrgenommen. Wie positiv Menschen allerdings durch die Fastenzeit gehen können, zeigt auch dieser zweite Teil der Serie "Fasten mal anders": 40 Tage für ein bewussteres Selbst - für ein entspannteres Miteinander. 40 Tage Gewinn.

DK

Laura Schabenberger