Dietfurt
Die Glücksfee geht in den Ruhestand

Gabi und Willi Schwantzer schließen ihre Lotto-Toto-Annahmestelle in Dietfurt

30.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:04 Uhr
Seit heute Geschichte ist die Lotto-Toto-Annahme in der Hauptstraße. −Foto: KHR|Hradetzky, Katrin, Dietfurt, Hradetzky, Katrin, Dietfurt

Dietfurt - Eine Institution in Dietfurt schließt.

 

Gabi, 69 Jahre, und Willi Schwantzer, 75 Jahre, geben ihr Lotto-Toto-Geschäft in der Dietfurter Hauptstraße an diesem Mittwoch, 1. Juli, auf. 55 Jahre haben sie es betrieben. Viele Stammkunden sind traurig, denn in ihrem Laden haben sie nicht nur über Jahre versucht, im Glücksspiel das große Geld zu machen. Vielmehr war dort einer der Treffpunkte, wo man einen kurzen Schwatz halten oder sich über die neuesten Fußballergebnisse austauschen konnte.

"Es ist wirklich schade! Es wird etwas fehlen, die Atmosphäre, das Miteinander, das persönliche und familiäre Verhältnis", bedauert Stammkunde Lothar Steimann, der schon die Eltern von Gabi Schwantzer gekannt hat und immer zu ihnen zum Haareschneiden ging. Denn damit fing alles an. Irmgard und Alois Lang, beide Friseurmeister, öffneten 1949 in der Dietfurter Bahnhofstraße 8 einen Friseursalon mit Lotto- und Toto-Annahme. Ein paar Jahre später zogen sie in die Bahnhofstraße 2 - die heutige Pizzeria - um, in ein Geschäftshaus, wo auch ein Arzt, Zahnarzt und eine Drogerie angesiedelt waren.

Im Jahre 1972 übernahmen Willi und Gabi Schwantzer das Geschäft. "Ich war im alten Laden als Kind schon hinter der Lottomaschine gestanden und habe dann später bei meinen Eltern eine Friseurlehre gemacht", erinnert sich die Friseurmeisterin.

Bereits ihre Mutter habe, als sie mit Gabi schwanger war, die Lottoscheine mit dem Fahrrad zur nächsten Annahmestelle nach Beilngries gefahren. "Das war damals ein sehr umständliches Unterfangen mit der alten Lottomaschine: man musste Marken kleben, mit der Schere ausschneiden und sortieren und auch die Abrechnung war sehr aufwendig", erinnert sich Gabi Schwantzer. Mittlerweile gebe es eine neue vollautomatische Lottomaschine. Gleich geblieben sei der Kontakt mit den Menschen: "Bei uns hat sich damals schon alles im Geschäft abgespielt, traurige wie glückliche Ereignisse. Das Publikum kam damals wie heute aus allen Bereichen. Wir haben einen sehr guten Kontakt zu unseren Stammkunden, die 90 Prozent ausmachen", erzählt die Friseurmeisterin.

Auch die Töchter Marisa und Ilona sind in und mit dem Geschäft aufgewachsen. "Damit alles läuft, hat meine Frau für die Kinder vorgekocht und auch die Uroma auf die Kinder aufgepasst", erklärt Willi Schwantzer. Ilona, die jüngere Tochter, entschied sich in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten. Auch sie ist Friseurmeisterin und hat mehrere Auszeichnungen und Pokale in ihrem Handwerk gewonnen.

1979 zogen hatten Gabi und Willi Schwantzer, der in Bratislava geboren wurde und in Nürnberg mit 21 Jahren seine Ausbildung zum Friseurmeister abgeschlossen hat, in die Hauptstraße 2. Dort stand ehemals ein Kramerladen. Sie führten den Salon mehrere Jahre sehr erfolgreich. Dann lebten sie für ein paar Jahre in München. 1995 siedelte das Ehepaar um, da Willi Schwantzer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Friseur arbeiten konnte. Er fand eine Stelle im Außendienst und seine Frau arbeite weiter in ihrem Beruf in einem Friseurladen mit Lotto-Toto-Annahme. "Das war ein purer Zufall! Mir hat es in München sehr gut gefallen und es war eine schöne Zeit", erinnert sich Gabi Schwantzer. 2004 zog es beide wieder auf das Land und nach Dietfurt zurück in den Lotto-Toto-Laden mit Zeitschriftenverkauf, einer Annahmestelle für Pakete und einer Reinigung. Er wurde zum Dreh- und Angelpunkt und Gabi Schwantzer das ein oder andere Mal zur Lottoglücksfee. "Einmal vor ein paar Jahren kam an einem Samstag ein Kunde in den Laden, der beteuerte, dass er nie wieder Lotto spielen wolle, wenn er bei dieser Samstagsziehung nicht endlich mal etwas gewinne. Und dann hat er den Sechser im Lotto bekommen," erinnert sich die Geschäftsfrau.

Schwantzer kennt sich aus und weiß sämtliche Details der verschiedenen Glückspiele, die angeboten werden, sei es die Glückspirale, der Eurojackpot oder die siebenerlei Sofortgewinn-Lose. Sie und ihr Mann spielen selbst gerne Lotto. "Aber man sollte in ein Lottospiel immer nur soviel investieren, dass es im Geldbeutel nicht weh tut", empfiehlt Willi Schwantzer.

Die Kunden werden weiterhin auch in Dietfurt eine Lotto-Annahmestelle vorfinden. Im Edekamarkt wird Gabi Schwantzer in den nächsten vier Wochen anzutreffen sein, um die Mitarbeiter einzuarbeiten. Danach ist endgültig Schluss. Die neu gewonnene Zeit möchte das Ehepaar für seine Hobbys nutzen, für das Fahrradfahren, den großen Garten und für Reisen. "Es fällt mir schon sehr schwer. Ich habe in jüngster Zeit auch kleine Abschiedsgeschenke und Karten von Kunden erhalten. Wir möchten uns bei allen für ihre Treue bedanken", sagt Gabi Schwantzer und nimmt mit Tränen Abschied.

khr