Beilngries
Front statt Kloster

Auch 14 Mönche aus Plankstetten wurden im Ersten Weltkrieg eingezogen – sechs kehrten nicht zurück

28.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:04 Uhr

Beilngries (DK) Sie hatten sich für ein Leben in einer Ordensgemeinschaft, streng nach den Regeln des heiligen Benedikt, entschieden. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren durchkreuzte jäh die Pläne von jungen Mönchen aus dem Kloster Plankstetten.

Beim Studientag „Kirche und Orden im Ersten Weltkrieg“ beleuchtete Abt Beda Maria Sonnenberg die dramatischen Schicksale von insgesamt 14 Ordensbrüdern. Unverhofft fanden sich diese in den Kriegsjahren von 1914 bis 1918 statt hinter schützenden Klostermauern auf den blutigen Schlachtfeldern in Europa wieder.

Viele Militärdokumente, die im Kloster angekommenen Briefe sowie beeindruckende Tagebücher und Fotos aus jenen Schicksalsjahren sind im Archiv des Klosters erhalten geblieben. Sie beantworten überdeutlich eine Frage, die der Archivar der Benediktinerabeit Plankstetten – Abt Beda – zu diesem Thema oft gestellt bekommt. Ja, auch die zum Kriegsdienst eingezogenen Mönche mussten an den Frontkämpfen teilnehmen und auf Feinde schießen. „Die Staatsgewalt und der grausame Stellungskrieg an den festgefahrenen Fronten machten keine Unterschiede.“

„Da wir in den Laufgraben zur Stellung gehen, hockt in der Mitte des Weges ein Toter, von Granatsplitter am Kopf getroffen. Die Artillerie arbeitet lebhaft. Hie und da ein Infanterieschuss, von uns doppelt und dreifach erwidert.“ Dies schrieb Frater Xaverius Bock in sein Tagebuch. Nur eine der zahlreichen Textstellen, die vom mörderischen Wahnsinn des Kriegsalltags zeugen. Als Angehöriger des Bayerischen Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 13 wurde auch er an vorderster Front eingesetzt, am 21. Juni 1916 verlor der Student sein junges Leben.

Über die Umstände seines Todes berichtet ein erhalten gebliebener Brief. „Ich traf ihn noch am 20. 6. abends, als wir in Stellung gingen, auf seinem Schimmel ritt er fast direkt bis hinter die Stellung. Weiter weiß ich auch nichts. Ich nehme an, dass er verwundet wurde und den Russen in die Hände fiel. Dies war freilich an diesem Tage schlimm. Die Russen hatten diesen Tag, wie Gefangene aussagten, Befehl, keinem Deutschen und Österreicher Pardon zu geben.“

So wie Bock waren acht weitere Mönche aus Plankstetten bei der Infanterie eingesetzt, einer bei der Artillerie und vier weitere bei Train-Formationen (Versorgungseinheiten). Sechs dieser Ordensbrüder fielen auf den Schlachtfeldern, vier wurden verwundet, und nur vier blieben unversehrt.

Über die körperlichen und seelischen Qualen während des Kriegsdienstes legen ebenfalls Feldpostbriefe und Tagebucheintragungen der Mönche Zeugnis ab. So schrieb Frater Maurus Xaverius Herbst am 8. März 1916: „Erwische ein Plätzchen zum Schlafen. Der Tod ist näher denn je, darum: Näher mein Gott zu Dir. Erinnerung an die Klosterbräuche. Nachmittag wieder hinauf durch die Laufgräben. Schon in den Laufgräben Minen und Minen und Granatenhageln bis gegen 8 Uhr abends in unsere Stellung. In meinem Graben liegt ein Mann, mit Granatsplitter in der Brust verwundet.“

So berührend wie die Schilderungen des grausamen Kriegsalltags geben die erhaltenen Aufzeichnungen Aufschluss über die unterschiedlichen Strategien der Soldaten zur Bewältigung der Kriegsnot. So nutzt Frater Maurus Xaverius Bock das Bild der Geige und des Fiedelbogens. Die Erfahrungen der Natur sind für ihn der Resonanzraum, die Geige. Mit den Anregungen aus der geistlichen Literatur, also dem Fiedelbogen, sucht er das Instrument Natur tiefer zu verstehen.

Frater Utto Wendel greift während der Kampfpausen zum Skizzenbuch und verarbeitet in detailgetreuen Zeichnungen die kaum auszuhaltenden Erlebnisse. Der spätere Frater Willibald Haunschild setzt dagegen auf Gottes Hilfe und die Kameradschaft: „Ich war nicht lange im Graben, so hab ich mich schon in alles fügen können, weil ich mir alles viel schlimmer vorgestellt habe, deshalb war mir nichts zu schwer und nichts zu hart, selbst in schwierigster Lage nach größten Anstrengungen und Strapazen war ich selbst zu meinem Erstaunen immer glücklich und zufrieden. Schuld war nächst Gottes Hilfe meistens das Beispiel und das Zusammenhalten meiner Kameraden.“

Und nicht zuletzt fassen die Mönche an der Front Kraft aus ihrem starken Glauben, so schreibt Frater Maurus rückblickend auf das Jahr 1915: „Was hat mir das alte Jahr gebracht? Was wird mir das neue Jahr bringen? Vielleicht den Tod. Eines aber muss es mir bringen und das hängt von mir ab. Ein ständiges Vorwärtsschreiten auf dem Weg zu Gott. Auf dass Gott in allem verherrlicht werde. So soll die Devise des Jahres sein.“