Eichstätt
Zwischen Journalismus und Wissenschaft

Professorin Friederike Herrmann lehrt seit 2012 an der KU Eichstätt Schulung des "kritischen Blicks" ist ihr wichtig

13.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:39 Uhr

Zeitungsartikel, Aufsätze, wissenschaftliche Literatur: die Professorin Friederike Herrmann in ihrem Büro. - Foto: Steimle

Eichstätt (tsl) Mit Block und Stift in der Hand losziehen, "den Leuten Löcher in den Bauch fragen und dafür auch noch eine legitimierte Neugier zu haben, das fand ich großartig", sagt Friederike Herrmann über ihr erstes Praktikum, das sie als Studentin der Geschichte, Neueren deutschen Literatur und Volkskunde an der Uni Hamburg bei einer Wochenzeitung machte. Darum arbeitete Herrmann, die seit 2012 den dritten Lehrstuhl für Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der KU innehat, bei der Zeitung als freie Mitarbeiterin weiter.

Kein leichter Spagat, sich einerseits an der Universität tief in Themen einzugraben und Fragen zu stellen, während sie "gleichzeitig im Hinterkopf hatte, dass auf der Seite eine Anzeige geplatzt ist und ich umdisponieren muss".

Forschung und Lehre auf der einen Seite und praktischer Journalismus auf der anderen folgten während ihrer eigenen Studienzeit zwar nicht im selben Rhythmus, "aber das hat ein bisschen meiner Persönlichkeit entsprochen", sagt die 56-jährige Professorin. Hier die Aktualität, dort die Forschung - der Gleichklang aus Studientagen spiegelt sich nicht nur in Herrmanns Lebenslauf, sondern auch in ihrem Büro wider. Im Regal drängt sich wissenschaftliche Literatur, auf dem Schreibtisch liegen Aufsätze und Zeitungsartikel nebeneinander. Eine alte Schreibmaschine erinnert an einen Journalismus vergangener Tage. Dabei waren weder das Zeitungswesen noch die Forschung Berufsfelder, auf die sich die gebürtige Bad Hersfelderin schon als Schülerin unverrückbar festgelegt hätte. Sie sei sehr an Literatur und Philosophie interessiert gewesen, erzählt die Professorin. Mit der Friedens- und Umweltbewegung wuchs "ein politisches Interesse und das Gefühl, die Gesellschaft mitgestalten zu wollen."

Als Herrmann das Studium begann, sei der Journalismus nur eine Option unter anderen gewesen. Das änderte sich während der Tätigkeit für das Allgemeine Deutsche Sonntagsblatt, "da hab ich tatsächlich Blut geleckt". Ihren ersten Artikel schrieb sie über den Astronauten Ulf Merbold, mit dem sie ein Telefoninterview führen durfte.

Die Interviewfragen und das "Starke Frauen"-Porträt - die 56-Jährige ist inzwischen eine andere Perspektive gewohnt. Es verändere den Blick, wenn man nicht mehr diejenige sei, die die Porträts schreibe, sagt Herrmann, ebenso, wie die Wissenschaft den Blick auf die eigene Arbeit verändere.

Dass sie nach zwei Jahren als Redakteurin beim "Sonntagsblatt" in die Wissenschaft ging, sei zwar kein Zufall gewesen, "war aber dennoch eine waghalsige Entscheidung" - Friederike Herrmann gab eine unbefristete für eine befristete Stelle auf. Sie wollte promovieren und dann in den Journalismus zurückkehren, doch dann "hat es mich ein bisschen gepackt".

Die Verbindung von Theorie und Praxis, von Lehre und Anwendung hält sie nach wie vor aufrecht, indem sie auch heute noch Kurse für Journalisten anbietet. Herrmann, die von 2006 bis 2012 Professorin in Darmstadt war, hält es für "extrem wichtig, den Journalismus wissenschaftlich zu begleiten" und zu analysieren, wie er in einer Gesellschaft wirke. Im Moment beschäftigt sie das Thema Migration und Flucht und wie es von den Medien dargestellt wird. Man müsse sich fragen, was genau transportiert werde, auch wenn man meine, nur die Fakten geliefert zu haben. Der "kritische Blick" müsse nach Kriterien der Qualität, aber auch der Ethik geschult werden, "da sehe ich eine katholische Universität besonders in der Pflicht".

Blickt man in Vorlesungssäle oder Redaktionsstuben, sind Frauen stark vertreten, in der Lehre und den Chefetagen aber nicht. "Es erschreckt mich, wie wenig sich in den Jahrzehnten, in denen ich das beobachte, getan hat", sagt Herrmann, "ich sitze immer noch in Gremien und bin die einzige Frau." Dafür gebe es verschiedene Gründe, einer davon sei, "dass Frauen sich in einem Kommunikationsstil beweisen müssen, der immer noch stark männlich geprägt ist". Sie kämen dann mit den Verhaltensweisen, die sie in ihrer Sozialisation gelernt hätten, nicht weiter, glaubt Herrmann, und "merken gar nicht, woran es liegt". An entscheidenden Stellen ihrer Karriere hat die Wissenschaftlerin darum bewusst Männer gefragt. Frauen versuchten, Situationen auszugleichen, sie sei dagegen bewusst energisch geworden. "Wie ich nachher in den Seminaren meinen Kommunikationsstil pflege, ist dann meine Sache", lächelt sie.